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Coronaschutzverordnung 2020: Bußgeldsache wegen Verstoßes gegen Maskenpflicht zurückverwiesen

02.08.2022

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat in einer Bußgeldsache wegen Verstoßes gegen die Maskenpflicht auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen das Urteil des Amtsgerichts (AG) Paderborn aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.

Das AG hatte den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen die Coronaschutzverordnung zu einer Geldbuße in Höhe von 50 Euro und wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen die Coronaschutzverordnung in drei Fällen zu Geldbußen von 100, 200 und 600 Euro verurteilt. Laut AG hatte der Betroffene in dem von ihm geführten "Betrieb" entgegen dem damals geltenden § 3 Absatz 2 Nr. 1 Coronaschutzverordnung bei Kontrollen des Ordnungsamtes an vier aufeinanderfolgenden Tagen im Januar 2021 jeweils nicht die erforderliche Alltagsmaske getragen. Der Verstoß gegen die Verordnung war ihm jedenfalls bei den letzten drei Verstößen auch bewusst. Bei dem letzten Vorfall nahm das AG zugleich einen weiteren Verstoß gegen die Coronaschutzverordnung an, weil der Betroffene notwendige Desinfektionsmittel nicht vorgehalten hatte.

Die hiergegen vom Betroffenen eingelegte Rechtsbeschwerde hatte vorläufigen Erfolg. Soweit drei Bußgelder bis 250 Euro betroffen waren, hat der insoweit zuständige Einzelrichter des Senats – wie in einer Reihe anderer Verfahren zu Bußgeldern nach der Coronaschutzverordnung – die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts beziehungsweise zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen und die Entscheidung dem Senat in einer Besetzung mit drei Richtern übertragen.

Der Senat erkannte zunächst eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die in Rede stehende Maskenpflicht. Mit der in §§ 28 Absatz 1, 28a Abs. 1 Nr. 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) enthaltenen Ermächtigungsgrundlage habe der Gesetzgeber im Verlauf der Pandemie die Schaffung einer Rechtsverordnung ermöglicht, mit der das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung an bestimmten Orten angeordnet werden konnte. Auf dieser Grundlage habe § 3 Absatz 2 Nr. 1 Coronaschutzverordnung Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 30.11.2020 eine Verpflichtung zum Tragen einer Alltagsmaske vorgesehen, und zwar unabhängig von der Einhaltung eines Mindestabstands in geschlossenen Räumlichkeiten im öffentlichen Raum, soweit diese – mit oder ohne Eingangskontrolle – auch Kunden beziehungsweise Besuchern zugänglich waren.

Der Senat hat dabei weder einen Verstoß gegen den aus Artikel 80 Absatz 1 Grundgesetz (GG) folgenden Parlamentsvorbehalt, gegen das Bestimmtheitsgebot noch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angenommen. Letzteres hat der Senat insbesondere damit begründet, dass die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht in das durch Artikel 2 Absatz 2 GG garantierte Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit eingreift. Denn mit dem sachgerechten Tragen einer Maske gingen keine gesundheitlichen Risiken einher. Soweit in der Maskenpflicht zwar grundsätzlich ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit zu sehen ist, sei die damit verbundene Belastung des Einzelnen als eher geringfügig anzusehen. Auch sei in § 3 Absatz 2 Nr. 1 Coronaschutzverordnung nicht etwa eine generelle Maskenpflicht im gesamten öffentlichen Raum angeordnet worden. Vielmehr habe die Maskenpflicht die Mehrzahl der Betroffenen nur für eine kurze Zeit und lediglich in bestimmten Alltagssituationen (zum Beispiel Einkäufe) betroffen. Die Verpflichtung sei also in räumlicher und zeitlicher Hinsicht auf bestimmte Situationen beschränkt gewesen, bei denen es zudem der Normadressat in vielen Fällen selbst in der Hand hat, ob und für welchen Zeitraum er sich in eine solche Situation begibt.

Der Senat hat das Urteil des AG dennoch aufgehoben, da ausreichende Feststellungen, die dem Senat erlauben, das Vorliegen aller Tatbestandsmerkmale zu überprüfen, nicht getroffen worden waren. So sei dem Urteil insbesondere nicht zu entnehmen, ob es sich bei den in Rede stehenden Räumen um solche Betriebsräume handelte, die als "öffentlicher Raum" im Sinne der Coronaschutzverordnung einzuordnen sind und ob diese auch – wie von der herangezogenen Vorschrift gefordert – dem Kundenverkehr zugänglich waren.

Nach einer erneuten Verhandlung hat das AG Paderborn den Betroffenen erneut wegen eines fahrlässigen und dreier vorsätzlicher Verstöße gegen die Coronaschutzverordnung zu Geldbußen von 50, 100, 200 und nunmehr nur noch 400 Euro verurteilt. Es hat dabei festgestellt, dass der Betroffene sich in seinem Handyshop jeweils in dem für den Kundenverkehr bestimmten Verkaufsraum aufhielt und neben dem Betroffenen jeweils Kunden oder Mitarbeiter anwesend waren, die ebenfalls keine Masken trugen. Der Betroffene wurde von den Mitarbeitern des Ordnungsamtes jeweils auf die von ihm abgelehnte Maskenpflicht hingewiesen, weshalb das AG ab dem zweiten Fall von Vorsatz ausging und wegen des uneinsichtigen Verhaltens die Geldbußen für die nachfolgenden Verstöße entsprechend erhöht hat. Der gleichzeitige Verstoß gegen eine Verpflichtung zum Vorhalten von Desinfektionsmitteln hat sich indes bei der neuen Verhandlung nicht bestätigt, sodass das Bußgeld für den vierten Verstoß geringer ausfiel als im ersten Urteil.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 16.12.2021, 4 RBs 387/21; Vorinstanz: Amtsgericht Paderborn, Urteil vom 10.08.2021, nachgehend; Amtsgericht Paderborn, Urteil vom 14.04.2022, jeweils 74 OWi 71/21

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