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Corona-Anhuster: Kann Kündigung rechtfertigen

29.04.2021

Wer einen Kollegen absichtlich anhustet und dazu noch äußert, er hoffe, der Kollege bekomme Corona, muss mit seiner fristlosen Kündigung rechnen. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hält eine solche gegebenenfalls für gerechtfertigt. Im konkreten Fall allerdings hatte der Arbeitgeber nicht nachweisen könne, dass der Vorfall sich tatsächlich so zugetragen hatte. Deswegen konnte sich der betroffene Arbeitnehmer mit seiner Klage gegen die Kündigung durchsetzen.

Der Kläger war seit dem 01.08.2015 zunächst als Auszubildender und seit dem 17.01.2019 als Jungzerspannungsmechaniker bei der Beklagten beschäftigt. Am 11.03.2020 aktivierte die Beklagte im Hinblick auf das Auftreten des Coronavirus ihren internen Pandemieplan. Zu den Maßnahmen zählten unter anderem die Aufforderung, Abstand zueinander zu halten, Hygienemaßnahmen sowie das Bedecken von Mund und Nase beim Husten oder Niesen mit einem Papiertaschentuch oder Ärmel als Verhaltensregel. Die Belegschaft wurde in verschiedenen E-Mails und einer Abteilungsversammlung informiert. Die Verhaltens- und Hygieneregeln wurden zudem auf Zetteln im Betrieb verteilt.

Nach Zustimmung des Betriebsrats kündigte die Beklagte dem Kläger am 03.04.2020 außerordentlich fristlos. Sie wirft dem Kläger vor, sich mehrfach nicht an die wegen der Corona-Pandemie ergriffenen Hygienemaßnahmen sowie an die Sicherheitsabstände gehalten zu haben. Er habe ihr in Gesprächen signalisiert, dass er die Maßnahmen "nicht ernst nehme" und diese nicht einhalten werde. Der Kläger habe einen Mitarbeiter gegen seinen Willen am Arm angefasst. Am 17.03.2020 habe er schließlich einen Kollegen vorsätzlich und ohne jegliche Barriere aus einem Abstand von einer halben bis maximal einer Armlänge angehustet. Sinngemäß habe der Kläger gesagt, er hoffe, dass der Kollege Corona bekäme.

Der Kläger hat behauptet, er habe andere Personen keinen Infektionsgefahren ausgesetzt und, soweit es ihm möglich gewesen sei, die Sicherheitsabstände und Hustetikette eingehalten. Am 17.03.2020 habe er einen Hustreiz verspürt und deshalb spontan husten müssen. Dabei habe er ausreichenden Abstand zum Kollegen gehabt. Als der andere Kollege sich belästigt gefühlt und dies geäußert habe, habe er entgegnet, der Kollege möge "chillen, er würde schon kein Corona bekommen".

Das LAG hat der Kündigungsschutzklage nach der Vernehmung mehrerer Zeugen stattgegeben, weil die durchgeführte Beweisaufnahme zulasten der Beklagten ausging. Die Beweisaufnahme sei durchgeführt worden, weil die von der Beklagten behauptete Version des Sachverhalts am 17.03.2020 im konkreten Fall eine fristlose Kündigung hätte rechtfertigen können. Wer im März 2020 bewusst einen Kollegen aus nächster Nähe anhustete und äußerte, er hoffe, dass er Corona bekäme, verletzte in erheblicher Weise die dem Arbeitsverhältnis innewohnende Rücksichtnahmepflicht gegenüber seinem Kollegen. Wenn der Arbeitnehmer dann auch im Übrigen deutlich macht, dass er nicht bereit sei, die Arbeitsschutzvorschriften einzuhalten, genügte auch keine Abmahnung. Die Beklagte konnte nach der umfangreichen Beweisaufnahme aber den von ihr behaupteten Sachverhalt nicht beweisen. Da die Arbeitgeberin für den Kündigungsgrund die Beweislast trägt, sei dies zu ihren Lasten gegangen. Einer Verletzung von Abstandsregeln habe ausreichend durch eine Abmahnung begegnet werden können.

Das LAG hat die Revision nicht zugelassen.

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 27.04.2021, 3 Sa 646/20

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