Verwendung geschlechtsspezifischer Sterbetafeln: Verfassungsmäßigkeit der Bewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer
Politische Beamte: Bundesregierung muss Presse nicht über Entlassungsgründe informieren
Büro für ehemaligen Bundeskanzler: Klärung eines Anspruchs auf Zurverfügungstellung obliegt nicht den Verwaltungsgerichten
Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist nicht eröffnet, wenn ein ehemaliger Bundeskanzler und die Bundesrepublik Deutschland um die personelle und sachliche Ausstattung eines Büros zur Wahrnehmung von nachwirkenden Aufgaben aus der früheren Stellung als Verfassungsorgan streiten. Es handelt sich um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.
Der Kläger war von 1998 bis 2005 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. In den Jahren 2006 bis 2021 stellte der Bund ihm im Bundeshaushalt Personal für ein Büro zur Verfügung, darunter eine Stelle mit der Wertigkeit der Besoldungsgruppe B 6. Dies entspricht im Grundsatz einer Übung, die sich in der Staatspraxis der letzten 50 Jahre entwickelt hat. Im Mai 2022 stellte der Haushaltsausschuss des Bundestages auf Antrag der Fraktionen der Ampelkoalition fest, dass der Kläger keine fortwirkende Verpflichtung aus dem Amt als Bundeskanzler mehr wahrnehme und das Büro deshalb ruhend gestellt werden solle. Der Bundestag beschloss den Haushaltsplan für das Jahr 2022 in Bezug auf die Personalausstattung des Büros in der vom Haushaltsausschuss vorgeschlagenen Fassung. Auch aufgrund der Haushaltspläne für die Jahre 2023 und 2024 stand dem Kläger kein Personal des Bundes mehr zur Verfügung.
Die von ihm vor dem Verwaltungsgericht gegen die Bundesrepublik erhobene Klage, ihm das Büro mit der bisherigen Sach- und Stellenausstattung auch zukünftig zur Verfügung zu stellen, hat das Gericht als unbegründet abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat auch die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es handele sich nicht um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit, weil der Kläger kein konkretes Tätigwerden des Haushaltsgesetzgebers erstrebe. Der Kläger leite den Anspruch auf die Ausstattung des Büros vielmehr aus Gewohnheitsrecht und dem Gleichbehandlungsgrundsatz ab. Die Klage sei aber unbegründet, weil sich hieraus kein Anspruch des Klägers ergebe.
Das BVerwG hat die Revision des Klägers gegen das Berufungsurteil zurückgewiesen. Zwar verletze das Berufungsurteil revisibles Recht, weil es in der Sache über den Anspruch entschieden hat. Das Urteil sei jedoch aus anderen Gründen im Ergebnis richtig. Die Klage sei abzuweisen, weil für die Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch auf Zurverfügungstellung eines Büros für einen Bundeskanzler a.D. der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht eröffnet ist. Streitigkeiten über spezifisch verfassungsrechtliche Rechte und Pflichten oberster Staatsorgane seien nicht der Fachgerichtsbarkeit zugewiesen, ihre Entscheidung obliege ausschließlich dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Dies betreffe auch die Frage, ob und gegebenenfalls welche nachwirkenden Aufgaben oder Verpflichtungen der frühere Amtsträger hat und welche Ausstattung hierfür gegebenenfalls geboten ist. Hierfür komme allein eine Zuständigkeit des BVerfG in Betracht.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 10.04.2025, BVerwG 2 C 16.24