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Apotheke gefälschten Impfpass vorgelegt: Bereits nach altem Recht strafbar?

29.07.2022

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe möchte wissen, ob das Vorzeigen eines gefälschten Impfpasses in einer Apotheke bereits vor einer Änderung des Strafgesetzbuches (StGB) zum 24.11.2021 strafbar gewesen ist. Dies möge der Bundesgerichtshof (BGH) klären. Denn zu der Rechtsfrage gebe es unterschiedliche Entscheidungen verschiedener deutscher Oberlandesgerichte.

Beim 2. Strafsenat des OLG Karlsruhe ist ein Revisionsverfahren anhängig, in dem einem Mann vorgeworfen wird, am 03.11.2021 in einer Apotheke einen gefälschten Impfpass vorgelegt zu haben. Dadurch wollte er eine doppelte Schutzimpfung gegen COVID-19 vortäuschen, um ein digitales Impfzertifikat zu erhalten. Mit diesem Vorhaben scheiterte er allerdings, weil einer Mitarbeiterin der Apotheke die Fälschung erkannte.

Das Amtsgericht (AG) Lörrach verurteilte den Angeklagten am 08.02.2022 wegen Urkundenfälschung (§ 267 StGB) zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 150 Euro, insgesamt also zur Zahlung von 6.000 Euro. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt.

Nach Ansicht des OLG Karlsruhe erfüllt das Verhalten des Angeklagten den Tatbestand der Urkundenfälschung, der – unter anderem – das Gebrauchen einer unechten Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr unter Strafe stellt.

Für die Entscheidung, ob die Verurteilung des Angeklagten durch das AG Lörrach bestätigt werden kann, sei jedoch die rechtliche Frage von maßgeblicher Bedeutung, ob der Annahme einer strafbaren Urkundenfälschung im Fall der Vorlage eines gefälschten Impfpasses in einer Apotheke bei vor dem 24.11.2021 begangenen Taten eine "Sperrwirkung" des Straftatbestands über den Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§ 279 StGB) entgegensteht. Gemäß dieser Vorschrift war der Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses bis zum 23.11.2021 nur gegenüber einer Behörde oder einer Versicherungsgesellschaft strafbar. Diese Einschränkung hat der Gesetzgeber erst mit Wirkung zum 24.11.2021 aufgehoben.

Das Bayerische Oberste Landesgericht habe hierzu die Ansicht vertreten, dass § 279 StGB in seiner bis zum 23.11.2021 geltenden Fassung eine umfassende Privilegierung im Fall des Umgangs mit gefälschten beziehungsweisen unrichtigen Gesundheitszeugnissen darstelle (Beschluss vom 03.06.2022, 207 StRR 155/22). Die Vorlage eines nachgemachten Impfpasses in einer Apotheke, die nicht gemäß § 279 StGB strafbar war, könne daher auch nicht als Urkundenfälschung geahndet werden. Diese Ansicht hatten laut OLG Karlsruhe außerhalb von Revisionsverfahren bereits das OLG Bamberg sowie mehrere Landgerichte vertreten.

Demgegenüber ist der 2. Strafsenat des OLG Karlsruhe der Auffassung, dass dem Straftatbestand des § 279 StGB bereits in seiner alten Fassung keine Sperrwirkung gegenüber dem allgemeinen Delikt der Urkundenfälschung zukam. Der Senat stützt sich auf den Gesetzeswortlaut, den Zweck der Strafnorm und die Systematik des Gesetzes sowie den Willen des historischen Gesetzgebers und die Gesetzgebungsgeschichte. Er schließt sich damit einem Revisionsurteil des OLG Celle (Urteil vom 31.05.2022, 1 Ss 6/22) sowie Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamburg, Stuttgart und Schleswig sowie mehrerer Landgerichte, die außerhalb von Revisionsverfahren ergangen sind, an.

Einer sofortigen Entscheidung über die Revision des Angeklagten stehe jedoch entgegen, dass zu der maßgeblichen Rechtsfrage eine abweichende Entscheidung eines anderen OLG, nämlich des Bayerischen Obersten Landesgerichts, in einem Revisionsverfahren vorliegt, so das OLG Karlsruhe. In einem solchen Fall sehe § 121 Absatz 2 Gerichtsverfassungsgesetz vor, dass die Sache zunächst dem BGH vorzulegen ist, damit die maßgebliche Rechtsfrage geklärt werden kann. Hierdurch solle die Einheitlichkeit der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte im Bundesgebiet in ihrer Funktion als Revisionsgerichte in denjenigen Strafsachen, die im Instanzenzug bei einem AG beginnen, gesichert werden.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 26.07.2022, 2 Rv 21 Ss 262/22

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