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Ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen: Zur Steuerermäßigung nach § 35a EStG

15.07.2022

Ermäßigt zu besteuernde Pflege- und Betreuungsleistungen im Sinne des § 35a Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz Einkommensteuergesetz (EStG) sind insbesondere Maßnahmen der unmittelbaren Pflege am Menschen (betreffend Körperpflege, Ernährung und Mobilität) sowie Leistungen zur hauswirtschaftlichen Versorgung (wie einkaufen, kochen und reinigen der Wohnung). Dies stellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar.

Die Steuerermäßigung nach § 35a Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz EStG könne auch von Steuerpflichtigen in Anspruch genommen werden, denen Aufwendungen für die ambulante Pflege und Betreuung eines Dritten erwachsen. Dies gilt laut BFH auch dann, wenn die Pflege- und Betreuungsleistungen nicht im eigenen Haushalt des Steuerpflichtigen, sondern im Haushalt der gepflegten oder betreuten Person ausgeübt oder erbracht werden.

Im zugrunde liegenden Fall schloss die Klägerin mit einer Sozialstation eine Vereinbarung zur Erbringung von Pflegeleistungen für ihre Mutter ab, die etwa 100 Kilometer von der Klägerin entfernt wohnte. Die von der Sozialstation gestellten Rechnungen weisen die Mutter als Rechnungsempfängerin aus. Übersandt wurden die Rechnungen an die Klägerin, die sie durch Banküberweisung beglich. Die Klägerin machte diesen Betrag in ihrer Steuererklärung geltend. Finanzamt und Finanzgericht (FG) lehnten die Berücksichtigung ab. Der BFH hob das Urteil des FG ab und verwies die Sache zurück.

Anders als die Steuerermäßigung gemäß § 35a Absatz 2 Satz 1 EStG, die nur für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen im eigenen Haushalt beansprucht werden kann, sei die Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von ambulanten Pflege- und Betreuungsleistungen nach § 35a Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz EStG Steuerpflichtigen auch dann zu gewähren, wenn die Pflege- und Betreuungsleistungen nicht im eigenen Haushalt, sondern im Haushalt der gepflegten oder betreuten Person ausgeübt oder erbracht werden (§ 35a Absatz 4 Satz 1 EStG), so der BFH. Dahingehende Aufwendungen könnten daher auch von Steuerpflichtigen (zum Beispiel Angehörigen) geltend gemacht werden, die diese Aufwendungen getragen haben.

Anders als das FG bestehe auch kein erheblicher Wertungswiderspruch, weil eine Steuerermäßigung für Aufwendungen, die für stationär erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen zugunsten Dritter getätigt werden, nicht in Anspruch genommen werden kann. Mit der Neuregelung und Weiterung des § 35a EStG durch das Familienleistungsgesetz vom 22.12.2008 habe der Gesetzgeber unter anderem die steuerliche Berücksichtigung familienunterstützender und pflegebegleitender Dienstleistungen stark vereinfachen und den Spielraum für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung erweitern wollen. Dadurch solle die Vereinbarkeit von Pflege naher Angehöriger und Beruf verbessert und Familien entlastet werden, die pflegebedürftige Angehörige zu Hause betreuen und versorgen. Schalten sie zusätzlich zu der familiären Pflege professionelle Leistungserbringer ein, um eine Überforderung der Pflegepersonen zu vermeiden und somit die häusliche Pflege auf Dauer sicherzustellen, sollen sie die dadurch entstehenden Aufwendungen steuerlich geltend machen können (BT-Drs. 16/10809, 10). Dabei unterscheide das Gesetz nicht danach, ob die Leistungen im Haushalt des Steuerpflichtigen oder im Haushalt des pflege-/betreuungsbedürftigen Angehörigen erbracht werden.

Abschließend stellt der BFH klar, dass für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für ambulant erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen weder Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten noch in den Zahlungsvorgang ein Kreditinstitut eingebunden hat.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.04.2022, VI R 2/20

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