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Ärztliche Aufklärungsformulare: Unterliegen nur eingeschränkt der AGB-Kontrolle

06.09.2021

Ärztliche Aufklärungsformulare unterliegen nur einer eingeschränkten Kontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Der Beklagte ist ein Verband von Augenärzten. Er empfiehlt seinen Mitgliedern die Verwendung eines Patienteninformationsblatts. In diesem werden die Patienten zunächst darüber aufgeklärt, dass ab einem Alter von 40 Jahren die Gefahr besteht, dass sich ein Glaukom (so genannter Grüner Star) entwickelt, ohne dass frühzeitig Symptome auftreten. Deshalb werde eine – allerdings von den gesetzlichen Krankenkassen nicht bezahlte – Früherkennungsuntersuchung angeraten. Das Formular enthält anschließend folgende Passage:

"Ich habe die Patienteninformation zur Früherkennung des Grünen Stars (Glaukom) gelesen und wurde darüber aufgeklärt, dass trotz des Fehlens typischer Beschwerden eine Früherkennungsuntersuchung ärztlich geboten ist." Darunter hat der Patient die Möglichkeit, die Erklärungen "Ich wünsche eine Untersuchung zur Früherkennung des Grünen Stars (Glaukom)." oder "Ich wünsche zurzeit keine Glaukom-Früherkennungsuntersuchung", anzukreuzen. Schlussendlich sind die Unterschriften des Patienten und des Arztes vorgesehen.

Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, meint, bei der Erklärung, die Patienteninformation gelesen und darüber aufgeklärt worden zu sein, dass die Früherkennungsuntersuchung ärztlich geboten sei, handele es sich um eine nach § 309 Nr. 12 Halbsatz 1 Buchst. b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unzulässige Tatsachenbestätigung. Er hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, seinen Mitgliedern die Verwendung dieser Klausel (gegebenenfalls mit dem Zusatz "Ich wünsche zurzeit keine Glaukom-Früherkennungsuntersuchung") zu empfehlen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat sie das Oberlandesgericht abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Die angegriffene Klausel sei nicht gemäß § 307 Absatz 1 und 2, § 308 oder § 309 BGB unwirksam, so der BGH. Sie weiche nicht von Rechtsvorschriften ab, sodass eine Inhaltskontrolle nach diesen Bestimmungen gemäß § 307 Absatz 3 Satz 1 BGB nicht stattfindet. Das vom Beklagten empfohlene Informationsblatt unterrichte die Patienten über das Risiko eines symptomlosen Glaukoms und über die Möglichkeit einer (auf eigene Kosten durchzuführenden) Früherkennungsuntersuchung. Die streitige Klausel diene der Dokumentation der hierüber erfolgten Aufklärung und der Entscheidung des Patienten, ob er die angeratene Untersuchung vornehmen lassen möchte.

Für die ärztliche Aufklärung gelten laut BGH durch die Rechtsprechung des BGH entwickelte eigenständige Regeln, die auch das Beweisregime erfassen. Hiernach könnten unter anderem die Aufzeichnungen des Arztes im Krankenblatt herangezogen werden. Einen wesentlichen Anhaltspunkt für den Inhalt der dem Patienten erteilten Aufklärung stelle – in positiver wie auch in negativer Hinsicht – insbesondere ein dem Patienten zur Verfügung gestelltes oder von diesem unterzeichnetes Aufklärungs- oder Einwilligungsformular dar. Dem Umstand, dass es sich um formularmäßige Mitteilungen, Merkblätter oder ähnliche allgemein gefasste Erklärungen handelt, hat der BGH dabei jeweils keine einer Beweiswirkung entgegenstehende Bedeutung beigemessen. Vielmehr hat er auf die Vorteile vorformulierter Informationen für den Patienten hingewiesen und diesen selbst dann einen Beweiswert beigemessen, wenn sie nicht unterschrieben sind. An diese Grundsätze habe der Gesetzgeber bei der Schaffung des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patienten vom 20.02.2013 angeknüpft.

In dieses besondere Aufklärungs- und Beweisregime des Rechts des Behandlungsvertrags füge sich die angegriffene Klausel ein, sodass sie mit der Rechtslage übereinstimme.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.09.2021, III ZR 63/20

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