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© (ms/BdStMV)

Öffentliche Anhörung zum neuen Doppelhaushalt im Finanzausschuss

Presseinformation 28.09.2023

Heute hat der BdSt MV e.V. als sacherverständige Interessenvertretung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler im Finanzausschuss des Landtages Mecklenburg-Vorpommern zum neuen Doppelhaushalt 24/25 Stellung genommen. Über 1,5 Stunden standen wir den Abgeodneten Rede und Antwort.

Vielen Dank an den Finanzausschuss für die Gelegenheit die Positionen des BdSt MV e.V. ausführlich darzulegen. 

Neben einer ausführlichen Beantwortung der uns bereits vorab gestellten Fragen (siehe PDF im Anhang) haben wir erneut unsere Forderungen zum Landeshaushalt dargelegt.

Stellungnahme:

Nach Angaben des Landes sichert das auf Drucksache 8/2400 vorgelegte Haushaltsgesetz 2024/25
„… unter anhaltend schwierigen Rahmenbedingungen die weitere erfolgreiche Entwicklung des Landes ab, indem sowohl die „normalen“ als auch die krisenbedingten Finanzierungsbedarfe abgedeckt werden.“ Gleichzeitig, so betonen die Verfassenden, hat der Haushalt den Schwerpunkt: „… die notwendige Transformation des Landes durch zahlreiche Maßnahmen in den Bereichen Energiewende und Klimaschutz voranzubringen.“

Nun, diesen Optimismus teilt der Bund der Steuerzahler Mecklenburg-Vorpommern e.V. (BdSt MV e.V.) hinsichtlich des vorliegenden Entwurfs nicht. Einmal mehr zeigt sich, dass die Versäumnisse der vergangenen Jahre wie erwartet dazu geführt haben, dass sich Probleme nach hinten verlagern, aber nicht gelöst werden.
Nach jetzigem Stand sind, unter der Prämisse, dass alle in dieser Gesetzesvorlage gemachten Prognosen so oder günstiger eintreffen, nur noch für den Haushalt 24/25 die offenen Handlungsbedarfe durch einen Griff in die allgemeinen Vorsorgeaufwendungen aufzulösen.

Schon für die weiteren Finanzplanungsjahre ist dies nur dann noch möglich, wenn der Haushalt 2023 strukturell starke Verbesserungen ausweist, was bis dato nicht absehbar ist. Das Land steht blank da und kann sich dafür nicht allein auf die unterdurchschnittliche konjunkturelle Entwicklung Mecklenburg-Vorpommerns in Zeiten der Krise berufen. Denn diese Entwicklung hat Ursachen, die in der zurückliegenden Politik zu finden sind. Wie etwa eine bislang fehlende langfristige Strategie zur Landesentwicklung, die den Wirtschaftsstandort MV stärkt. Stattdessen wurden zum wiederholten Male in der Landesgeschichte Fehlentscheidungen bei der vermeintlichen Werften-Rettung getroffen, die das Land nun über 300 Mio. Euro an Bürgschaftsleistung kosten. Auch die überdurchschnittlich hohe Verschuldung durch die Kreditaufnahme von 2,85 Mrd. Euro in der Pandemie sowie die damit ab 2025 einhergehenden Verpflichtungen zur Tilgung mit 129 Mio. Euro netto jährlich belasten den Haushalt weit über den vorgelegten Zeitraum hinaus.
In seinem „Sonderbericht MV Schutzfonds“ belegt der Landesrechnungshof auf 159 Seiten eindrucksvoll, wie sich die damalige rot-schwarze Landesregierung einen Nebenhaushalt geschaffen hat, in dem reguläre Haushaltsinhalte, wie Teile der Krankenhausfinanzierung und Digitalisierung einflossen, um einerseits einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können und andererseits, zeitweilig sogar nahezu ohne ausreichende parlamentarische Befassung, den eigenen Wünschen folgend, handeln zu können. Mit der Auflösung des MV-Schutzfonds müssen mit dem Haushaltsjahr 2025 auch diese Vorhaben und Projekte wieder regulär im Haushalt abgebildet werden.
Im April 2021 warnte die ehemalige Finanzministerin Sigrid Kehler (SPD) in der Mitgliederzeitung des BdSt MV e.V. vor Sondervermögen dieser Art: „Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit sind für die Transparenz wichtig. Sondervermögen erschweren die Transparenz, schon aus diesem Grunde befürworte ich sie nicht.“ Auch warnte sie bereits zu diesem Zeitpunkt – und damit noch weit vor dem Einmarsch Russlands in die gesamte Ukraine – vor einem Anstieg des Zinsniveaus, ein Szenario, welches nun eingetreten ist.

Ein Blick in die mittelfristige Finanzplanung zeigt, dass das Land zurzeit zwar noch von den niedrigen Zinssätzen der Vergangenheit profitiert, sich dieses jedoch mit Blick auf den Planungszeitraum deutlich verändern wird. Diese hohen Zinsbelastungen engen Handlungsspielräume im Haushalt deutlich ein. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blick auf die Zahlung eines Agios in Höhe von 45 Mio. Euro auf im Jahr 1993 begebene Landesschatzanweisungen. Wie werden in 20 Jahren wohl die dann Verantwortlichen auf die Entscheidung blicken, in der Pandemie 2,85 Mrd. Euro Kredit aufzunehmen, um damit reguläre Haushaltstitel zu finanzieren, während dann die Mittel für Transformation, Stärkung der Wirtschaft und Schutz vor globalen Entwicklungen fehlen?

Ähnlich kritisch blicken wir auf den Strategiefonds. Bereits den Aufbau des Strategiefonds, der nach Auffassung des BdSt M-V e.V. verfassungsrechtlich zumindest fragwürdig ist, hatten wir kritisiert und erneuerten unsere Kritik in der Folge wiederholt. Insofern begrüßen wir die nun im Haushaltsbegleitgesetz geregelte Auflösung.

Die wichtigsten Aufgaben, die vor dem Land liegen, sind die Bewältigung des demografischen Wandels auch in der eigenen Personalstruktur, die Digitalisierung sowie die perspektivische Entwicklung von einem Nehmer- in ein Geberland. Dies alles ist unter den gegebenen Voraussetzungen, auch wegen der fehlgelenkten Politik der Vergangenheit, kaum mehr möglich. Die engen Haushaltsspielräume zwingen zum Sparen. Das Land kann im Wettbewerb um Fachkräfte kaum mehr selbst als attraktiver Arbeitgeber auftreten. Das können auch keine (kosten-)aufwändigen Werbekampagnen mehr verbergen. Bei den notwendigen Investitionen verhindern Bürokratie und die noch immer zu wenig fortgeschrittene Digitalisierung eine schnelle Realisierung der Vorhaben, was zu weiteren Preissteigerungen und damit zu weniger realisierbaren Projekten führt. Eigene Wahlversprechen, wie bspw. die für Eltern komplett kostenlose Kindertagesförderung (die von nahezu allen beteiligten Akteuren abgelehnt wurde) müssen auch unter heutigen Voraussetzungen erfüllt werden. 

Die wenigen im Haushaltsgesetzentwurf benannten konkreten Zukunftsziele wie die Transformation der Energieversorgung, der Bau von Wasserstoff-Fabriken, Landstromanlagen oder Geothermiekraftwerke und Klimaschutzinvestitionen vermögen in ihrer Gesamtsumme mit Blick auf einen Milliardenhaushalt nicht zu überzeugen, auch wenn wir diese geplanten Investitionen in Zukunftstechnologien positiv sehen. Doch wer lieber Privathaushalte mit 10 Mio. Euro für Balkonkraftwerke fördert, als eine Windkraftanlage mit einer deutlich höheren Nennleistung als alle förderbaren Balkonkraftwerke zusammen haben, zu genehmigen, wird auf diesem Weg nicht weit kommen. Es fehlt hierfür eine konkrete Landesstrategie. Allein mit dem Tourismus wird aus MV kein Land, das für Fachkräfte attraktiv ist und in dem hohe Löhne und Gehälter gezahlt und damit letztlich Steuereinnahmen generiert werden. 

Mit Blick auf die Inflation und die damit einhergehende Zinsentwicklung sowie deren anzunehmende Folgen für die Investitionstätigkeit bleibt festzustellen: Die fetten Jahre sind vorbei!
Nur eine äußerst sparsame und zielorientierte Haushaltsführung kann die Voraussetzungen schaffen, um unser Land zukunftssicher machen. Dazu gehören alle Ausgaben erneut auf den Prüfstand. So sind Förderprogramme, deren Verwaltung mehr Geld als die Förderung selbst verschlingen, einzustellen bzw. radikal vereinfacht abzurechnen. Unnötige Kampagnen bzw. eine wuchernde, unabgestimmte Öffentlichkeitsarbeit, welche jedes Ministerium für sich selbst plant und durchführt, verschlingt Steuergeld und bindet personelle Ressourcen. Gemeinsame Ausflüge des Landeskabinetts sind mindestens genauso unnötig, wie Veranstaltungen unter dem Titel „Jazz in den Ministergärten“. Doppelstrukturen in der Verwaltung oder auch bei landeseigenen Stiftungen sind zu vermeiden. Ressourcen müssen gebündelt werden. Tabus darf es keine geben! Brauchen wir ein Gestüt auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler?

Das Land muss darauf achten, dass die Investitionstätigkeit des Mittelstandes nicht gebremst wird. Hier sollte zielorientiert und bürokratiearm gefördert werden. Mit der Novelle des Finanzausgleichsgesetzes wurden die Hebesätze harmonisiert. Seither ist auch der gewerbesteuerliche Hebesatz gestiegen. Mit dem Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes verharrt dieser auf hohem Niveau. Das sichert Land und Kommunen zwar Einnahmen, doch auch die Wirtschaft spürt den Druck der Krisen. Der BdSt MV e.V. mahnt ausdrücklich an, mit Augenmaß zu planen und zunächst eigene Einsparpotentiale zu heben.

Wir begrüßen, dass das Land nun der Forderung des BdSt MV e.V. folgt und Maßnahmen zur Personalentwicklung ergreifen will. Hierzu müssen jedoch nach den Ankündigungen auch Taten folgen. Kritisch sehen wir die Spitzabrechnung der Personalstellen. Dies ist einerseits angesichts der hohen nicht besetzten Zahl an Stellen nachvollziehbar, gleichzeitig verbleiben diese Stellen im Plan. Wir fordern ein Personalentwicklungskonzept, das den Anforderungen der demografischen Entwicklung Rechnung trägt und - wo möglich - die Vorteile der Digitalisierung gezielt nutzt! Bis zum Jahr 2035 geht ein großer Teil der heutigen Verwaltungsstrukturen in den altersbedingten Ruhestand. Dies kann auch Anlass zur Konsolidierung sein. Stellen müssen dort geschaffen beziehungsweise wieder besetzt werden, wo sie zwingend notwendig sind. Der PR-Apparat der Landesregierung wächst, während anderswo Dienststellen an Gerichten oder in der Polizei nicht besetzt werden können, das passt nicht zusammen. Die Unregelmäßigkeiten, die laut Landesrechnungshof bei der Stellenbesetzung vor allem in höheren Funktionen aufgetreten sind, müssen aufgeklärt werden. Proporz ist kein Einstellungskriterium. Die Landesregierung muss in ihrem Handeln nicht nur an dieser Stelle deutlich transparenter werden. 

Mit Blick auf die Transparenz und die zurückliegende wie künftige Finanzpolitik sollte die Einführung der Doppik bzw. zumindest von Merkmalen der Doppik auch auf Ebene des Landeshaushaltes diskutiert werden. Im Sinne der modernen Haushaltsführung, der Entwicklung in unseren Nachbarstaaten und des ursprünglichen Ansinnens des Haushaltsgrundsätzemodernisierungsgesetzes (HGrGMoG) ist eine perspektivische Hinwendung zur Doppik auf Landesebene aus Sicht des BdSt MV alternativlos. Politisch betrachtet entsteht hier ein Anreiz zur Disziplin über Legislaturperioden hinaus mit Weitsicht zu handeln und das Prinzip der Generationengerechtigkeit, welches im Haushaltsrecht der interperiodischen Gerechtigkeit entspricht, als Leitprinzip zu entwerfen, um auf dieser Basis auch die Schuldenbremse weiterzuentwickeln.

Die Fortführung der Kameralistik mag deshalb zwar einer auf die Dauer lediglich einer Legislatur angelegten Politik am besten entsprechen, vernachlässigt gleichzeitig jedoch, dass das eigene Handeln auch über diesen Zeitraum hinauswirkt.

Der Bund der Steuerzahler Mecklenburg-Vorpommern e.V. hat zu den vorgelegten Entwürfen folgende vier Forderungen verfasst:

Wir fordern: 

> endlich (wieder) eine sparsame und zielorientierte Haushaltsführung!
> ein Personalentwicklungskonzept, das den Anforderungen der demografischen Entwicklung Rechnung trägt und - wo möglich - die Vorteile der Digitalisierung gezielt nutzt!
> Transparenz und keine Versorgung von Proporz!
> eine Strategie zur Landesentwicklung!

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