Späte Rechnung bei neuen Straßen
Nein zu diesem Wahlrechts-Reförmchen!
Durchblick für Online-Verkäufer
Das neue Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG) bringt umfangreiche Änderungen für private Nutzer von Online-Plattformen wie Amazon, ebay, Airbnb oder Uber.
Es verpflichtet die Plattformenbetreiber, ab dem Erreichen bestimmter kalenderjährlicher Grenzen (z.B. ab 30 Verkäufen oder bei einem Erlös ab EUR 2.000 im Kalenderjahr 2023) die Tätigkeit des Users (Verkäufer/Anbieter) der Finanzverwaltung zu melden. Rechtsanwältin Michaela van Wersch vom Bund der Steuerzahler NRW erklärt hier im Video, worauf beim Online-Verkauf zu achten ist.
Zum Hintergrund
Hintergrund sind die jährlich zunehmenden Einkünfte von Privatpersonen (und Unternehmen) auf diesen Plattformen und die Überlegung, dass nach dem Grundsatz der gerechten und gleichmäßigen Besteuerung auch solche Einkünfte unter bestimmten Vorgaben der Besteuerung zugeführt werden sollen. Die Finanzverwaltung hatte in der Vergangenheit häufig Schwierigkeiten, die möglichen Besteuerungsgrundlagen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten festzustellen – also wenn z.B. Plattformen-Betreiber ihre Dienste grenzüberschreitend anbieten. Es gab zwar diverse Möglichkeiten der Zusammenarbeit der Steuerbehörden auf europäischer Ebene, häufig war dies jedoch ineffizient und kostenintensiv. Ziel ist, europaweit Steuerhinterziehung und Steuerumgehung durch entsprechenden Informationsaustausch zwischen den deutschen und europäischen Steuerbehörden zu bekämpfen. In Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie begründet das PStTG ab dem 01.01.2023 die Pflicht für Betreiber digitaler Plattformen, den Finanzbehörden unter bestimmten Voraussetzungen Informationen über Einkünfte von Anbietern/Usern zu melden, die auf diesen Plattformen erzielt wurden.
Die Meldepflicht
Die Meldepflicht (§§ 3, 13 PStTG) besteht für sämtliche Betreiber digitaler Plattformen, also z.B.: Amazon, ebay, ebay-Kleinanzeigen, vinted, Etsy, Shpock, Momox etc., aber auch Airbnb, Uber, Autoscout, Autohero, Heycar, Fiverr sowie sämtliche andere digitale Plattformen, über die Waren oder Dienstleistungen online angeboten werden. Die Meldung muss bis spätestens zum 31. Januar des Folgejahres beim Bundeszentralamt für Steuern eingegangen sein – für das Jahr 2023 also bis Ende Januar 2024. Gemeldet werden Verkäufe von mehr als 29 Fällen im Jahr und mehr als 1.999 Euro Gesamteinnahmen. Diese Meldegrenze gilt pro Plattform.
Gemeldete Nutzer
Gemeldet werden Nutzer, die auf den Plattformen
- die sogenannten relevanten Tätigkeiten
- gegen Vergütung ausführen und
- mit diesen Tätigkeiten die gesetzlich definierten Grenzen überschreiten.
Als relevante Tätigkeit gilt jede der folgenden Tätigkeiten, wenn sie gegen eine Vergütung erbracht wird (§ 5 Absatz 1 PStTG):
- die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an unbeweglichem Vermögen (also z.B. Vermietung von Wohnraum über Airbnb);
- die Erbringung persönlicher Dienstleistungen (z.B. Nachhilfeunterricht oder Musikunterricht);
- der Verkauf von Waren und
- die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an Verkehrsmitteln (z.B. Uber).
Als Vergütung gilt dabei jegliches Entgelt, das im Zusammenhang mit der relevanten Tätigkeit dem Anbieter gutgeschrieben oder gezahlt wird, und zwar nach Abzug sämtlicher vom Plattformenbetreiber eingehaltenen Provisionen, Gebühren, Steuern etc. (§ 5 Absatz 2 PStTG).
Nicht meldepflichtig und damit freigestellt sind nach der ab dem 01.01.2023 geltenden Neuregelung lediglich Anbieter/Nutzer, die im Kalenderjahr unter Inanspruchnahme derselben Plattform weniger als 30 Mal relevante Tätigkeiten (Verkäufe, Vermietungen, Dienstleistungen etc.) erbracht haben oder weniger als EUR 2.000 Vergütung/Entgelt erhalten haben. Ist eine der beiden Grenzen überschritten (entweder mehr als 30 Verkäufe/Vermietungen etc. oder ab EUR 2.000 Vergütung/Entgelt), besteht die Meldepflicht für den Plattformenbetreiber.
Gemeldete Informationen
Folgende Angaben hat der Plattformenbetreiber über den Nutzer zu melden: Vor- und Nachnamen, Anschrift des Wohnsitzes, Geburtsdatum und Geburtsort, Steueridentifikationsnummer, Angabe des EU-Mitgliedstaats, der sie erteilt hat, Identifikationsnummer für Umsatzsteuerzwecke, Bankverbindung (IBAN-Nummer) sowie die Gebühren, Provisionen oder Steuern, die vom Plattformenbetreiber einbehalten wurden, die gutgeschriebene Vergütung, die Zahl der relevanten Tätigkeiten, für die in jedem Quartal des Meldezeitraums eine Vergütung gezahlt oder gutgeschrieben wurde. Die entsprechenden Informationen hat der Plattformenbetreiber dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu übermitteln, für 2023 spätestens bis zum 31.01.2024.
Steuern zahlen
Wichtig ist, dass die Meldung an sich nicht automatisch bedeutet, dass der Nutzer nun Steuern für seine privaten Verkäufe zahlen muss:
Erstens gelten die meldepflichtigen Grenzen pro Plattform. Das heißt, dass bei Verkauf von z.B.80 Artikeln über drei Plattformen (z.B. ebay, Amazon und Etsy) die Meldepflicht ohnehin nur dann greift, falls pro Plattform mehr als 29 Verkäufe getätigt oder ein Entgelt über EUR 2.000 erzielt wurde. Dementsprechend meldet z.B. ebay ausweislich seiner Internetseite nur Daten von Nutzern, die
- in der EU ansässig sind und
- deren Umsätze bei ebay 2.000 Euro oder mehr nach Abzug von Gebühren, Provisionen oder Steuern betragen oder wenn 30 oder mehr Transaktionen, also Verkäufe bei eBay, im Kalenderjahr getätigt wurden.
Zweitens bedeutet die Meldung erst einmal lediglich, dass das Finanzamt nun Informationen hat, auf deren Grundlage geprüft werden kann, ob im Einzelfall eine steuerpflichtige, gewerbliche Tätigkeit vorliegt. Zweck des Gesetzes ist die Bekämpfung von Schwarzarbeit und die ordnungsgemäße, gerechte Besteuerung. Diese Aufgabe soll den Finanzämtern durch die Meldepflicht erleichtert werden.
Gewerbliche Tätigkeit
Eine nicht mehr nur private, steuerpflichtige gewerbliche Tätigkeit liegt vor, wenn mindestens einer der nachstehenden Punkte erfüllt ist: Der Nutzer verkauft regelmäßig, es wird gekauft, um später wiederzuverkaufen (mit Gewinn), es werden selbst hergestellte Artikel verkauft, es wird über einen längeren Zeitraum verkauft, es werden verschiedene Artikel oder gleichartige Waren angeboten. Entscheidend ist jeweils das Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall. Maßgebend ist kein einzelnes Charakteristikum; es ist vielmehr erforderlich, die für oder gegen die Gewerblichkeit sprechenden Merkmale gegeneinander abzuwägen. Die Rechtsprechung hat in folgenden Fällen die Gewerblichkeit anerkannt: Der Steuerpflichtige … hat ererbte Gegenstände in zahlreichen Einzelgeschäften veräußert; … kauft Dinge in der Absicht ein, diese weiterzuverkaufen; … treibt Handel nur gelegentlich, aber mit sehr werthaltigen Gegenständen; … produziert in Verkaufsabsicht.
Daher ist es wichtig, dass neben dem Verkaufserlös entsprechende Kaufbelege und Transaktionskosten (Gebühren, Provisionen etc.) festgehalten werden, um im Streitfall dem Finanzamt nachweisen zu können, dass entweder keine gewerbliche Tätigkeit vorliegt oder kein (steuerpflichtiger) Gewinn erzielt wurde. Ergibt die Auflistung der getätigten Verkäufe, dass es sich um eine gewerbliche Tätigkeit handeln könnte, ist es ratsam, dem Finanzamt zuvorzukommen, ein Gewerbe anzumelden und – falls möglich – von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch zu machen. Bei einer gewerblichen Tätigkeit kann Einkommensteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer anfallen und es drohen Bußgelder, wenn die entsprechende Tätigkeit nicht rechtzeitig angemeldet wurde.
Spekulationsgeschäfte
Von dem Plattformen-Steuertransparenzgesetz zu unterscheiden sind Spekulationsgeschäfte gemäß § 23 Einkommensteuergesetz: Und das galt auch schon vor dem Inkrafttreten des PStTG und es gilt auch weiterhin zusätzlich zum PStTG: Verkauft man Gegenstände innerhalb von zwölf Monaten nach Anschaffung mit Gewinn weiter, ist der erzielte Gewinn unverändert – also wie bisher - als Spekulationsgewinn einkommensteuerpflichtig (§ 23 Einkommensteuergesetz), sofern der Gewinn aus sämtlichen privaten Veräußerungsgeschäften im Kalenderjahr EUR 600 und mehr beträgt. Nur Spekulationsgewinne unter EUR 600 sind steuerfrei. Überschreitet der Gewinn die Freigrenze von EUR 600, ist der gesamte Gewinn einkommensteuerpflichtig.
Merke:
Gelegentliche Verkäufe privater Gegenstände waren und bleiben steuerfrei, es sei denn, es ergeben sich Spekulationsgewinne ab 600 Euro und mehr. Besteht Unsicherheit, wie die jeweilige Tätigkeit einzuordnen ist, kann eine (möglicherweise kostenpflichtige) verbindliche Anfrage (§ 89 AO) beim Finanzamt gestellt werden. Damit erlangt man Rechtssicherheit. Die Finanzämter können, müssen jedoch nicht eine verbindliche Zusage erteilen.