"Danny, kannste mal …"
Berliner BdSt-Vorsitzender hospitierte im Bürgerbüro des Abgeordneten Freymark
Der Bund der Steuerzahler begleitete den CDU-Abgeordneten Danny Freymark einen Tag lang in seinem Wahlkreis Hohenschönhausen. Ausgangspunkt zahlreicher Stippvisiten war sein Bürgerbüro. Ein vertrautes „Danny, kannste mal …“ wird an diesem Tag nicht nur einmal zu hören sein.
Kurz vor 10 Uhr meldet sich Alexander Kraus an einem diesigen Novembertag zum Dienstantritt für sein Tagespraktikum bei Danny Freymark. Treffpunkt ist eine Brennpunktschule zwischen Plattenbauten in Hohenschönhausen. Freymark ist seit acht Jahren Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion und nicht nur Wahlkreisabgeordneter in Hohenschönhausen, sondern hier im Kiez sogar aufgewachsen. Kraus ist Vorstandsvorsitzender des Bundes der Steuerzahler Berlin, knapp 15 Jahre älter als Freymark und hat seit fast 30 Jahren kein Praktikum mehr gemacht.
Anlass für die Einladung Freymarks zu einem Tagespraktikum war die wiederholte Kritik des Bundes der Steuerzahler an den massiven Ausgabensteigerungen für externe Büros der Abgeordneten und ihre Mitarbeiter. Kraus‘ Vorwurf: Die Abgeordnetenbüros würden oftmals für Parteizwecke missbraucht. Freymark hatte in seiner Einladung diesen kritischen Eindruck zu entschärfen versucht. Bürgerbüros seien in vielen Regionen nicht mehr wegzudenken und frequentierte Anlaufstellen für Probleme mit Verwaltungen, aber auch für persönliche Sorgen und Ängste der Menschen. Es ginge um echte Botschafter der Demokratie und nahbare Interessenvertreter. Die Wahlbeteiligung sei bei den Abgeordnetenhauswahlen 2016 auch deswegen deutlich angestiegen, weil Politik wieder mit regionalen Gesichtern verbunden werde und die Distanz zwischen Gesellschaft und Politik wieder verringert werden konnte. Ein echter messbarer Erfolg, schrieb Freymark damals.
Auf dem Tagesprogramm stehen nach dem Gespräch mit dem Schulleiter der Besuch eines Abenteuerspielplatzes, einer freien Kita, eines Kieztreffs und einer Sporthalle. Zwischendurch kehrt das Gespann aus Abgeordnetem und seinem Praktikanten immer wieder in das Bürgerbüro zurück, wo sich Vorstände von Gemeinnützigen und Höhenschönhausener im Trainingsanzug die Klinke in die Hand geben. Fördermittel, Probleme mit der Wohnungsbaugesellschaft, Sohn im Knast, Frau gestorben, Straßenlaterne kaputt, Kind behindert, wo bleibt der Schwerbehindertenausweis? Freymark setzt seinen Gesprächspartner knappe Zeitrahmen, ist dann aber immer voll bei der Sache. „Danny, kannste mal …“ und ein vertrautes „Du“ sind oft zu hören. Freymark kümmert sich um seine Pappenheimer seit Jahren und verteilt sofort Aufträge an seine Mitarbeiter.
Dabei liegt Freymarks Bürgerbüro nicht gerade in einer CDU-Hochburg. Mehr als die Hälfte der Zweitstimmen gingen bei der letzten Wahl am 18. September 2016 an AfD und Linke, nur gut 15 Prozent an die CDU. Wie konnte Freymark dann 21 Prozent der Erststimmen auf sich vereinen? Das war immerhin eine Verbesserung um fast 6 Prozentpunkte gegenüber seinem Ergebnis von 2011, als es noch keine Bürgerbüros gab. Das Zweitstimmenergebnis konnte die CDU in diesem Wahlkreis jedenfalls nicht verbessern.
Schaut man tiefer in die Wahlstatistik wird schnell klar, was Freymark in seiner Einladung an den Bund der Steuerzahler wohl gemeint hat und wie sein Kalkül funktioniert. Von den 30.000 Wahlberechtigten in seinem Wahlkreis Lichtenberg 1 haben sich 2016 nur knapp 17.000 Menschen zur Wahlurne bequemt. Die 3.451 Erststimmen reichten Freymark zwar nur für einen dritten Platz, so dass er ersatzweise über die Bezirksliste ins Abgeordnetenhaus einziehen musste. Nur 500 Erststimmen mehr zulasten der beiden Kandidaten von AfD und Linken hätten aber schon für seine Direktwahl ausgereicht. Über die Liste hätte dann an seiner Stelle noch ein anderer Parteifreund ein Mandat ergattern können.
Anders als der Bund der Steuerzahler sonst kritisiert, sieht Freymarks Bürgerbüro auch überhaupt nicht nach Partei aus. CDU-Logos sucht man im Schaufenster vergebens: die Marke lautet BÜRGERBÜRO DANNY FREYMARK. Denn bei „Danny“ finden auch bildungsferne Plattenbaubewohner ein offenes Ohr, ohne sich in einer AfD- und Linken-Hochburg ganz offenkundig bei einem CDU-Politiker blicken lassen zu müssen. Mit einem Ladengeschäft und drei Mitarbeitern aus Steuermitteln ausgerüstet und ein bisschen persönlichem Einsatz sollte es möglich sein, innerhalb von fünf Jahren noch ein paar hundert Bürger mehr für sich und ein Kreuzchen bei der richtigen Erststimme zu begeistern.
Der letzte Termin an diesem Praktikumstag findet um 17 Uhr statt: Gut 20 Teilnehmer des Bürgerbürobeirats beraten heute im Stuhlkreis über die Zustände in einer Flüchtlingsunterkunft und Mieterprobleme. Dieses Gremium hat sich Freymark ausgedacht, denn gesetzlich vorgesehen ist das nirgendwo. Politische Willensbildung soll nach dem Parteiengesetz auch durch Parteien und gerade nicht durch ein steuerfinanziertes Abgeordnetenbüro organisiert werden. Für diesen weiteren direkten Draht zu seinen Wählern, den sich Freymark hier gebastelt hat, ist der CDU-Kreisverband Lichtenberg zwischenzeitlich auf dem CDU-Bundesparteitag geehrt worden und zwar mit dem Preis für innovative Parteiarbeit.
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