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© Katrin Ernst/BdSt

Steag-Verkauf: Geldsegen für Städte?

Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e. V. / Newsticker Nordrhein-Westfalen / Meldungen 30.01.2024, Jens Ammann

Am 29.12.2023 knallte so mancher Sektkorken. Kein verfrühter Silvestersekt, sondern weil die spanische Asterion die Steag-Gruppe endgültig übernommen hatte. Das Transaktionsvolumen beträgt rund 2,6 Milliarden Euro. Eigentümer waren die Dortmunder Stadtwerke AG (DSW21) mit 36 Prozent, die Stadtwerke Essen AG (15 Prozent), die Stadtwerke Duisburg AG (19 Prozent), die Stadtwerke Bochum Holding GmbH (18 Prozent), die Energieversorgung Oberhausen AG (evo, 6 Prozent) und die Stadtwerke Dinslaken GmbH (6 Prozent). Doch wer profitiert davon? Und was passiert mit dem Geld?

Der BdSt NRW hat bei den Städten, in denen die Stadtwerke beheimatet sind nachgefragt, was mit dem Verkaufserlös und den Gewinnen der Jahre 2022 und 2023 passieren soll. Außerdem hat er geprüft, wohin das Geld fließt. Das Ergebnis ist überraschend:

Stadtwerke-Anteile
Nur in Dortmund und Dinslaken sind die Stadtwerke im 100prozentigen Eigentum der Stadt. In Duisburg haben Westenergie (E.ON) und mittelbar die Stadt Köln Anteile, in Bochum mittelbar die Städte Herne und Witten, in Essen Westenergie und die Thüga-AG (mehrheitlich diverse Stadtwerke und Städte und Gemeinden) und Oberhausen wieder Westenergie. Im Ergebnis halten die Städte Dortmund 36 Prozent, Duisburg 15,20 Prozent, Bochum 10,72 Prozent, Essen 7,65 Prozent, Oberhausen 3 Prozent, Dinslaken 6 Prozent, Köln 2,88 Prozent, Herne 4,71 Prozent und Witten 2,75 Prozent. Westenergie hält 8,27 Prozent, Thüga AG 3 Prozent. Am Kuchen beteiligt sind also auch Städte, die bislang nicht im Fokus standen.

Verkaufserlös und Gewinne
Unisono erläutern die angefragten Städte oder deren Stadtwerke, dass sie noch keinen konkreten Betrag nennen können. Der hängt vom Jahresergebnis 2023 ab. Der quasi wortgleichen Antwort aus Bochum und Dinslaken ist zu entnehmen, dass der Gewinn aus dem Jahr 2022 bisher „aufgrund des Sanierungsregimes des Unternehmens, nicht durch die Konsorten vereinnahmt werden konnten“. Der vielseitig erwartete Millionensegen ist also bislang ausgeblieben. Dortmund erwartet 600 bis 700 Millionen Euro, die Stadtwerke Bochum 200 bis 250 Millionen Euro, die Stadtwerke Dinslaken 80 bis 100 Millionen Euro. Die Erwartungen und die Eigentumsanteile gehen also auseinander. Die Stadtwerke Essen haben bereits 137 Millionen Euro erhalten, wie hoch die zweite Tranche sein wird, ist offen.

Die DSW21 möchte zunächst die verbliebenen Verbindlichkeiten aus der STEAG-Beteiligung und angefallene Steuerverbindlichkeiten tilgen, insgesamt rund 200 Millionen Euro.  Dann möchte das Unternehmen eine teilweise Entschuldung vornehmen. Darüber hinaus soll der Haushalt der Stadt Dortmund in den Jahren 2024 bis 2027 mit insgesamt 500 Millionen gestützt werden, 50 Millionen Euro für das Jahr 2024 und jeweils 150 Millionen Euro für die drei Folgejahre.

Können sich die Steuerzahler und der Stadtkämmerer in Dortmund also freuen? Nur begrenzt, denn die „DSW21 und die Stadt wenden das sogenannte »Schütt-aus-Hol-zurück«-Prinzip an. Bei diesem Vorgang beschließt der Rat der Stadt Dortmund jährlich die Wiedereinlage der DSW21-Gewinnausschüttung in die Kapitalrücklage des Unternehmens,“ so die Stadt. Die DSW21 soll in die Mobilitäts-, Energie- und Wärmewende vor Ort investieren. Und der Geldbedarf sei enorm: Der Ausbau der kommunalen Strom- und Wärmenetze soll über 2 Milliarden Euro kosten. Der Neubau des Betriebshofs in Castrop-Rauxel und die Erweiterung und Modernisierung der bestehenden Betriebshöfe in Dortmund werden ebenfalls teuer. Und allein das so genannte B-Wagen-Projekt des ÖPNV wird auch rund von 300 Millionen Euro kosten.

In Essen müssen sich die Aktionäre einigen. Die Stadt ist der Hauptaktionär, der Stadtrat wird am 31. Januar entscheiden, wie die Millionen verwendet werden sollen.

In Duisburg wird die Entscheidung im Frühjahr gefällt, überlegt werden Verbesserungen für den ÖPNV oder Investitionen im Rahmen der Energiewende. So sollen CO“-neutrale Energie erzeugt werden und Strom sowie Wärmenetze ausgebaut werden.

Auch in Bochum wird Finanzbedarf für die die Energie-, Wärme Mobilitätswende gesehen. Über die Mittelverwendung muss aber noch beraten werden. Die Beratungen haben in Dinslaken scheinbar schon stattgefunden, jedenfalls soll der Überschuss in die Gewinnrücklage der Stadtwerke eingestellt werden. Der Bedarf wird wortgleich wie in Bochum geschildert, nur auf die Mobilitätswende wird verzichtet.

Auch die Stadt Oberhausen hat einen Plan: „Ein Teil davon wird an die Eigentümer der evo, die Stadt Oberhausen und die Westenergie AG, fließen. Die verbleibende Summe wird dafür genutzt werden, die Energie-, Wärme und Verkehrswende in der Stadt Oberhausen voranzutreiben. Das bedeutet konkret: Investitionen in die Substanzstärkung und Digitalisierung der Stromnetze, Investitionen in die Ladeinfrastruktur für Elektromobilität und Investitionen in die Erzeugung und Verteilung von Wärme, was letztlich allen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt zugutekommt.“

Eine Anfrage bei den Städten Köln, Herne und Witten über die Mittelverwendung steht noch aus.

Unter dem Strich haben bislang alle die Finanzierung der Energiewende im Auge, zum Teil auch die Mobilitätswende. Ziele, deren Erreichung durchaus wünschenswert sind. Dennoch sollte aus Sicht des BdSt NRW auch dabei nicht die Wirtschaftlichkeit vergessen werden. Denn sofern keine steuerlichen Gründe dagegensprechen, ist eine Tilgung teurer Kassenkredite in den städtischen Haushalten für die Steuerzahler günstiger als die Aufnahme preiswerterer Investitionskredite. Deshalb sollte sich jedes Ratsmitglied vor einer Entscheidung die genauen Konsequenzen vorrechnen lassen.

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