SPD und CDU verdoppeln "Wassersteuer"
Bund der Steuerzahler: Bloßes Abkassieren beim Gewässerschutz
Der Bund der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen kritisiert scharf die Pläne von SPD und CDU, die Wasserentnahmegebühr für niedersächsische Verbraucher von 7,5 auf 15 Cent je Kubikmeter Frischwasser zu verdoppeln. "Was in Centbeträgen scheinbar klein daherkommt, entwickelt sich zu ungerechtfertigten Millionen-Belastungen", erklärt Vorsitzender Bernhard Zentgraf und ergänzt: "Die Regierungsfraktionen wollen mit zweifelhaften Argumenten abkassieren". Der Bund der Steuerzahler sieht in dem "Wasser-Cent" einen Verstoß gegen das Verursacherprinzip im Umweltrecht und eine Verkomplizierung des Abgabenwesens. Er fordert die stufenweise Abschaffung statt einer Verdoppelung der Gebührensätze. Für die Landeskasse werden Mehreinnahmen von 48 Millionen Euro ab dem Jahr 2021 erwartet.
In Schreiben an die Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Johanne Modder, und CDU-Fraktionschef Dirk Toepffer führt der Bund der Steuerzahler gleich eine ganze Reihe von Argumenten auf, die gegen die "Wassersteuer" sprechen. Aus dem Aufkommen werden Entschädigungszahlungen an Landwirte finanziert, die diese als finanziellen Ausgleich für schwächere Erträge wegen geringerer Düngung oder verminderten Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln erhalten. In diesem Ansatz sieht der Bund der Steuerzahler einen Verstoß gegen das Verursacherprinzip in der Umweltpolitik. "Warum sollen unschuldige Wasserverbraucher zur Kasse gebeten werden, damit andere die Gewässer nicht übermäßig mit Nitraten und anderen Schadstoffen belasten?", fragt Zentgraf. Es sei und bleibe ordnungspolitisch falsch, die Verbraucher zur Kasse zu bitten, auch wenn dies schon fast drei Jahrzehnte so geschehe.
Für eine Verschleierungstaktik der Politik hält es der Bund der Steuerzahler, dass der Gesetzentwurf zum "Niedersächsischen Weg" (Natur-, Arten- und Gewässerschutz) zwar die Wasserentnahmegebühr als eine Finanzierungsquelle anführt, die Verdoppelung der Gebührensätze aber ausklammert und diese in einem eigenen Haushaltsbegleitgesetz 2021 versteckt.
Die Bundesländer Bayern, Hessen und Thüringen beweisen nach Auffassung des Verbandes, dass ein langfristiger, vorsorgender und nachhaltigkeitsorientierter Schutz der Gewässer auch ohne eine besondere Verbraucherabgabe möglich sei. Niedersachsen dagegen strebe mit der Verdoppelung der Gebührensätze einen bundesweiten Spitzenplatz bei der "Wassersteuer-Belastung" an.
Kritisch vermerkt der BdSt zudem, dass aus dem Aufkommen der Wasserentnahmegebühr allgemeine Staatsaufgaben, wie etwa der Hochwasserschutz oder der Naturschutz finanziert werden. Auch die hohen Verwaltungskosten in Höhe von 3,5 Millionen Euro fallen dem Bund der Steuerzahler negativ auf. "Die Wasserentnahmegebühr verschlingt einen großen Teil des Aufkommens allein für Bürokratie zur Erhebung und Verteilung", kritisiert Zentgraf.
Zur beabsichtigten Lenkungswirkung der Wasserentnahmegebühr, die das Land im Hinwirken auf einen sparsamen Umgang der Bürger mit Wasser sieht, erklärt Zentgraf: "Den Verbrauchern ist der ökonomische Wert des Gutes Wasser durch Frisch- und Abwasserkosten von vielerorts über 5 Euro je Kubikmeter und damit Jahreskosten von rund 800 Euro für einen vierköpfigen Haushalt sehr wohl bewusst. Ökonomische Anreize zum Wassersparen sind also bereits gegeben. Einer separaten Wassersteuer bedarf es nicht."
Ausgesprochen schwach findet Bund der Steuerzahler schließlich die Begründung der Regierungsfraktionen für die Verdoppelung der Gebührensätze beim "Wasser-Cent". Zum einen wird vorgebracht, es gehe wie schon bei der letzten Erhöhung zum 1. Januar 2015 (von vorher 5,11 Cent auf 7,5 Cent je cbm) lediglich um eine "Aktualisierung der Gebührensätze" bzw. um einen "Inflationsausgleich". Zentgraf erinnert die Politiker daran, dass bei steuerlichen Pausch- und Freibeträgen das Argument des Inflationsausgleichs seitens der Politik nicht vorgebracht werde. Der Behindertenpauschbetrag befindet sich seit 1975 auf dem derzeitigen Intervallniveau. Der Werbungskostenabzug bei sonstigen Einkünften wie etwa Renten liegt seit 1954 bei 102 Euro im Jahr. Und auch der Höchstbetrag für das häusliche Arbeitszimmer verharrt seit 1996 bei 1.250 Euro.
Auch das zweite Argument, dass die benötigten Finanzmittel nicht ohne die drastische Gebührenerhöhung zu erzielen seien, hält der Bund der Steuerzahler für vorgeschoben. "Warum Abgabenverschärfungen und warum keine Einsparungen im Landeshaushalt?", fragt Zentgraf und erinnert an die seit Jahren ausbleibende Aufgabenkritik in der Landesverwaltung, die die Personalkosten immer weiter in die Höhe schießen lässt.
Abschließend sieht der Bund der Steuerzahler auch eine wirtschaftliche Gefahr für Unternehmen, die Wasser gewerblich oder landwirtschaftlich nutzen, etwa zur Beregnung oder Berieselung. Die überraschend ergriffene Verdoppelung der Gebühren werfe jegliche Planungssicherheit über den Haufen und führe gerade bei Unternehmen mit kleinen Gewinnmargen und starker Konkurrenz zu beträchtlichen Steigerungen der Betriebskosten. Eine Überwälzung in die Preise sei vielfach nicht möglich. "Unsere Vorstellungen von einem attraktiven Wirtschaftsstandort Niedersachsen sehen anders aus", merkt Zentgraf an.