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Schloss Kellenberg zum Schnäppchenpreis

Newsticker Nordrhein-Westfalen / Meldungen 26.01.2023, Andrea Defeld

Land NRW kaufte Schloss für mehr als drei Millionen Euro, jetzt soll es für 300.000 Euro unter den Hammer

Landesarchiv NRW, Polizeipräsidium Köln-Kalk, Vodafone-Hochhaus – erinnern Sie sich noch an die Skandale um Baukostenexplosionen, schwarze Kassen und Korruption beim landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB)? Auch der teure und überflüssige Kauf von Schloss Kellenberg in Jülich ist Teil dieser komplexen BLB-Affäre. Jetzt kommt das Schloss für einen Spottpreis unter den Hammer. 

Wie konnte es zu diesem „kriminellen Komplott zulasten der Steuerzahler“ kommen? Die Staatsanwaltschaft ermittelte, und schließlich wurde der langjährige Chef des BLB wegen Untreue und Bestechlichkeit zu einer Haftstrafe von über sieben Jahren verurteilt. Ein Untersuchungsausschuss im Landtag NRW durchforstete 2.300 Akten, verhörte 130 Zeugen, um die Vorfälle beim BLB politisch aufzuklären.

Zum Kauf von Schloss Kellenberg stellte der Untersuchungsausschuss 2017 schließlich fest, dass der damalige Leiter der BLB-Niederlassung Aachen plante, das Schloss zu einem repräsentativen Bildungszentrum mit Tagungsstätte und Hotelbetrieb insbesondere für die Fachhochschule (FH) Aachen und das Forschungszentrum Jülich auszubauen. Der Verwirklichung des Projekts standen indes ein fehlendes Nutzungskonzept und ein unvollendetes Bauplanungsrecht entgegen. Verhandlungen über den Kaufpreis fanden nicht statt, obwohl es keine anderen Kaufinteressenten gab und es sich bei Schloss Kellenberg größtenteils um eine Bauruine handelte.

Der Leiter der BLB-Niederlassung Aachen habe gegenüber der Zentrale des BLB die genannten Risiken heruntergespielt oder sie verschwiegen. Ein Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass kein wirtschaftlich denkender Akteur am Grundstücksmarkt eine Hotelnutzung unter diesen Voraussetzungen realisieren würde. 

Im Januar 2009 kaufte der BLB Schloss Kellenberg dennoch nebst Umland für insgesamt etwa 3,1 Millionen Euro. Für die zu einem Preis von 918.000 Euro gekaufte Fläche im Umland gab es nicht einmal konkrete Planungen. Ein Wertgutachten sei vor dem Kauf des Umlands auch nicht eingeholt worden. Zum 30. Juni 2009 schrieb der BLB den Wert der Liegenschaft Schloss Kellenberg auf einen Euro außerplanmäßig ab. Weitere Planungen zur Nutzung von Schloss Kellenberg kamen im Zuge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den damaligen Leiter der BLB-Niederlassung Aachen und dem ehemaligen Chef des BLB zum Stillstand. 

Jetzt, 13 Jahre später, soll Schloss Kellenberg für 300.000 Euro verkauft werden, auch um weitere Kosten für die öffentliche Hand im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu vermeiden, erklärte der BLB. Das Gebäude ist stark sanierungs- und modernisierungsbedürftig. Verschiedene Gebäudeteile der Hauptburg sind einsturzgefährdet. Zu dem überhöhten Kaufpreis von über drei Millionen Euro kommen seit Jahren weitere Kosten hinzu. So werden am Schloss Kellenberg die Grünflächen regelmäßig gepflegt, und im Rahmen der denkmalschutzrechtlichen Verpflichtungen des BLB wurden verschiedene Arbeiten an der Bausubstanz durchgeführt, etwa beim historischen Dachstuhl und der Fassade der Stallungen.

Laut BLB sind „rund 500.000 Euro für Instandsetzungen zur Gewährleistung der Standsicherheit, unter anderem im Bereich der Vorburg und der Brücken, (...) wegen der Eigentümerverpflichtung des BLB NRW unvermeidlich gewesen“. Kaufen Privatleute das Schloss zum Schnäppchenpreis, sind auch die Steuerzahler wieder mit im Boot. Für die Sanierung werden bis zu 50 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt. In einem ersten Schritt des Verkaufsprozesses hat der BLB nun ein so genanntes Interessenbekundungsverfahren durchgeführt. Die erste Runde des Bieterverfahrens ist im November 2022 gestartet und endet im Februar 2023. Danach soll mindestens eine weitere Bieterrunde mit den potenziellen Kaufinteressenten stattfinden.

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