Grundsteuer vor dem Bundesverfassungsgericht
Sind die Tage der alten Grundsteuer gezählt?
Dass eine Reform der Grundsteuer längst überfällig ist, steht außer Frage. Schließlich gehen Experten schon lange davon aus, dass über kurz oder lang das Bundesverfassungsgericht die Erhebung der Grundsteuer auf der Grundlage längst überholter Werte (sog. Einheitswerte) aus dem vergangenen Jahrhundert möglicherweise als verfassungswidrig ansehen wird.
Bundesverfassungsgericht
Am 16. Januar 2018 war es dann soweit, das Bundesverfassungsgericht hatte für diesen Tag eine mündliche Verhandlung in Sachen "Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer" anberaumt. Das Bundesverfassungsgericht befasste sich bei diesem Termin mit drei Richtervorlagen des Bundesfinanzhofs sowie mit zwei Verfassungsbeschwerden zur Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung. Der Bund der Steuerzahler war als Sachverständiger zu diesem Termin geladen.
Da die Drucklegung dieser Ausgabe vor diesem Termin lag, kann erst in der nächsten Ausgabe von "Der Steuerzahler" über die Verhandlung berichtet werden. Auf die endgültige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dürften wir aber wohl noch etwas länger warten müssen.
Reformbemühungen
Die Grundsteuer gilt auf Grund der völlig veralteten Bemessungsgrundlage - Einheitswerte stammen aus dem Jahr 1964 bzw. 1935 in den neuen Bundesländern - schon seit langem als reformbedürftig. Bemühungen um eine Reform der Bemessungsgrundlage bei der Grundsteuer gibt es seit Jahren, besser gesagt, seit Jahrzehnten. So hat beispielsweise bereits im Jahr 1995 die Finanzministerkonferenz den Auftrag erteilt, eine wesentlich vereinfachte und nach Möglichkeit von den hebesatzberechtigten Kommunen festzusetzende Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer zu finden.
Bislang blieben alle Reformbemühungen ohne Erfolg. Das die Grundsteuer reformiert werden muss, darüber besteht weitgehend Einigkeit. Aber das "Wie" birgt erheblichen politischen Sprengstoff. Denn letztlich betrifft die Grundsteuer alle Bürger, egal ob Hausbesitzer oder Mieter. Und jede größere Änderung im Steuerrecht birgt die Gefahr in sich, dass die öffentliche Hand dies zum Anlass nimmt, um Mehreinnahmen zu erzielen. Aufgrund der derzeit extrem hohen Steuerzuwächse verbietet sich aber dieser Weg, das weiß auch die Politik. Kein Wunder, dass die Reform der Grundsteuer zwar schon lange auf der politischen Agenda steht, ohne das bisher etwas passiert ist. Der Handlungsdruck hat aber mittlerweile ein Stadium erreicht, der Korrekturen unumgänglich macht.
Reformmodell
Im Sommer 2015 hat die Finanzministerkonferenz sich für einen Kompromissvorschlag entschieden, der eine aufkommensneutrale Reform der Grundsteuer ermöglichen soll. Allerdings geht man davon aus, dass damit keine Belastungsneutralität im Einzelfall einhergeht, d. h. es wird zu Belastungsverschiebungen zwischen den einzelnen Steuerzahlern kommen. Die Grundsteuer A (für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke) und die Grundsteuer B (für alle übrigen Grundstücke) sollen erhalten bleiben.
Statt des bisherigen Einheitswertes soll ein sog. Kostenwert errechnet werden. Er setzt sich aus dem Bodenrichtwert und einen Gebäudewert zusammen, der nach den Vorgaben einer Tabelle für bestimmte Immobilienarten und Ausstattungsmerkmale zu ermitteln ist. Beim Grundstück spielen die Fläche und der Bodenrichtwert die entscheidende Rolle, beim darauf stehenden Gebäude die Größe, Bauart und Alter.
Damit die Bundesländer die seit 1964 eingetretenen unterschiedlichen Entwicklungen bei den Immobilienwerten berücksichtigen können, soll den Ländern eine Öffnungsklausel eröffnet werden, wonach jedes Bundesland die Steuermesszahlen bei der Erhebung der Grundsteuer selbstständig festlegen kann.
Bundesratsinitiative
Der Bundesrat hatte noch Ende 2016 beschlossen, auf der Basis dieses Reformvorschlages einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bewertungsgesetzes sowie die dafür erforderliche Grundgesetzänderung beim Deutschen Bundestag einzubringen. Der Entwurf sah die Realisierung der Grundsteuerreform in zwei Schritten vor, in der ersten Stufe die Reform der Bewertungsregeln zum Stichtag 1. Januar 2022, in der zweiten Stufe die Erhebung der reformierten Grundsteuer ab dem Jahr 2027.
Aufgrund der Regelung, wonach am Ende einer Wahlperiode im Bundestag alle noch nicht abschließend behandelten Bundesvorlagen verfallen, wurde dieser Gesetzentwurf nicht weiter verfolgt und muss wohl in der neuen Legislaturperiode erneut eingebracht werden.