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BdSt-Nachrichten Niedersachsen und Bremen Juli/August 2024
DSi Impuls Nr. 30: Der aktuelle Sondervermögen-Fetisch verkennt politische Realitäten
Sondervermögen sind derzeit in aller Munde. Das verwundert kaum: Ihre Befürworter sehen darin die effektivste Möglichkeit, den gordischen Knoten von Konsolidierungsdruck im Bundeshaushalt auf der einen und Überwindung des Investitionsstaus auf der anderen Seite zu durchschlagen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund der aktuell schleppenden Regierungsverhandlungen für den Bundeshaushalt 2025.
DSi-Diagnose
Da Sondervermögen seit Einführung der Schuldenbremse ebenfalls den Kreditregeln unterliegen – und ihre überjährige Befüllung mit Notlagenkrediten vom Bundesverfassungsgericht delegitimiert wurde –, bedarf es einer Grundgesetzänderung, um sie neben der Schuldenbremse mit umfangreichen Kreditermächtigungen auszustatten. Mit dem Sondervermögen Bundeswehr hat die Bundesregierung ein Exempel statuiert. Wie aus politökonomischer Perspektive zu erwarten war, gibt es nun Forderungen aus vielen Richtungen, diesem Beispiel auch für andere Politikfelder zu folgen.
Gefordert werden bspw. Sondervermögen für eine „zukunftsfähige Wirtschaft“, für die Bahnsanierung, für Krankenhausinvestitionen, für innere Sicherheit oder für Bildung. Jedes Politikfeld, das wegen besonderer Umstände finanzielle Priorität genießt, würde also durch ein Sondervermögen unterfüttert, um echte Priorisierungen im Haushalt bzw. die politischen Kosten von notwendigen Einsparmaßnahmen umgehen zu können.
Dabei gibt es im bzw. neben dem Bundeshaushalt bereits 28 – mehr oder minder aktive – Sondervermögen. Die Grundsätze der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit sind dadurch bereits beeinträchtigt, da die aus den Sondervermögen geleisteten Ausgaben (2024: geplant sind mehr als 75 Mrd. Euro) außerhalb der Plan- und Ist-Zahlen des Etats stehen.
Neue Sondervermögen tragen also weder zu mehr Transparenz für die Verwendung von Steuergeld bei, noch sind sie ein Garant für seinen sinnvollen Einsatz. Angenommen es würde ein 600 Mrd. Euro schweres Sondervermögen über eine Laufzeit von 10 Jahren errichtet: Die politischen Kämpfe darum, wo und wie das Geld am sinnvollsten eingesetzt wäre, lassen sich schon jetzt ausmalen. Zudem: Ein Großteil des Geldes wird vermutlich nicht dort landen, wo es ursprünglich einmal landen sollte.
Zudem bergen solche Sondervermögen immer auch die Gefahr, Investitionsausgaben des Bundeshaushalts in das Sondervermögen zu verschieben und die freigewordenen Mittel stattdessen für konsumtive Zwecke zu nutzen. Eine aktuelle ZEW-Analyse belegt, dass in der Vergangenheit neue finanzielle Spielräume primär konsumtiv verausgabt wurden.
DSi-Forderung
Die aktuelle Haushaltsdebatte setzt am falschen Ende an. Vor jeglichen Gedankenspielen zur Expansion der Einnahmeseite muss die Ausgabenseite auf Herz und Nieren geprüft werden. Das wird bisher nicht getan. Die Diskussion um neue Sondervermögen lässt auch nicht erkennen, dass der politische Wille dazu existiert.
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DSi-kompakt Nr. 51, DSi Impuls Nr. 17, DSi Impuls Nr. 25