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Das Bewertungsverfahren bei der Grundsteuer

Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e. V. / News für Rentner / Arbeitnehmer-News / Newsticker Nordrhein-Westfalen / Meldungen 30.04.2022

Komplexe Berechnungen bestimmen in Zukunft die Bewertung der Grundstücke

Das Ertragswertverfahren
Das Ertragswertverfahren ist für Wohngrundstücke, also Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum anzuwenden. Der neue Grundsteuerwert, früher Einheitswert, ergibt sich aus dem Produkt des kapitalisierten Reinertrags (Barwert des Reinertrags) und dem abgezinsten Bodenwert. Für ggfs. selbstständig nutzbare Teilflächen kommt noch ein Bodenwert hinzu.

Der kapitalisierte Reinertrag
Für die Ermittlung des kapitalisierten Reinertrages des Gebäudes werden folgende Angaben benötigt:

  • Die Restnutzungsdauer
  • Die Grundstücksgröße (kann unter tim-online.nrw.de ermittelt werden)
  • Der Bodenrichtwert (bei boris.nrw.de stehen die aktuellen Bodenrichtwerte)
  • Der Rohertrag des Grundstücks. Dieser wird aus der Wohnfläche, einer Listenmiete und dem Mietpreisniveau ermittelt. Hinzu kommen ggfs. Garagen oder Tiefgaragenplätze mit einem Festwert und einem Ab- oder Zuschlag nach dem Mietpreisniveau.
  • Bewirtschaftungskosten
  • Ein Liegenschaftszins und ein daraus abgeleiteter Vervielfältiger (Anlage 37 zum Bewertungsgesetz)

Die Restnutzungsdauer
Die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer beträgt für Wohngrundstücke einheitlich 80 Jahre. Die Restnutzungsdauer eines noch nutzbaren Gebäudes beträgt mindestens 30 % der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer. Aus Vereinfachungsgründen wird das Alter des Gebäudes durch Abzug des Jahres der Bezugsfertigkeit des Gebäudes (Baujahr) vom Jahr des Hauptfeststellungszeitpunkts bestimmt. Beispiel:
Hauptfeststellungzeitpunkt 2022
Baujahr des Gebäudes 1975
2022 - 1975 = Alter 47 Jahre
Restnutzungsdauer:  
80 Jahre - 47 Jahre = 33 Jahre
Bei einer Kernsanierung wird von einer Verlängerung der Nutzungsdauer ausgegangen. Das Ende der Sanierung stellt das neue Baujahr dar. Bei der Ermittlung der Restnutzungsdauer erfolgt ein Abschlag von 10 %, so dass sich eine maximale Nutzungsdauer von 72 Jahren ergibt. Eine Kernsanierung liegt vor, wenn nicht nur der Ausbau (u. a. Heizung, Fenster und Sanitäreinrichtungen) umfassend modernisiert, sondern auch der Rohbau teilweise erneuert worden ist.

Die Ermittlung des Rohertrages
Der jährliche Rohertrag des Grundstücks ergibt sich aus typisierten monatlichen Nettokaltmieten, die vom Gesetzgeber festgelegt wurden. Die Höhe der monatlichen Nettokaltmieten pro Quadratmeter ergibt sich aus der Anlage 39 zum Bewertungsgesetz. Die Erklärung der tatsächlichen Mieteinnahmen durch den Steuerpflichtigen oder die Ermittlung einer üblichen Miete ist ausgeschlossen.
Die Nettokaltmieten werden für die drei Grundstücksarten Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus und Mietwohngrundstück jeweils in drei Wohnflächengruppen sowie fünf Baujahrgruppen unterteilt.
Für die Ermittlung des Rohertrags bei Wohnungseigentum sind die Nettokaltmieten für Mietwohngrundstücke anzuwenden. Für Garagen- und Tiefgaragenstellplätze wird eine Nettokaltmiete als Festwert zugrunde gelegt (35 Euro pro Monat). Für sonstige Außenstellplätze erfolgt kein gesonderter Ansatz.
Hinzu kommt entweder ein Zu- oder Abschlag, der sich aus Mietniveaustufen ergibt. Es gibt sieben Mietniveaustufen, die ebenfalls vom Gesetzgeber festgelegt wurden.

Ermittlung der Bewirtschaftungskosten
Bewirtschaftungskosten sind die bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und zulässiger Nutzung marktüblich entstehenden jährlichen Verwaltungs-, Betriebs- und Instandhaltungskosten und das Mietausfallwagnis, die nicht durch Umlagen oder sonstige Kostenübernahmen gedeckt sind. Die Bewirtschaftungskosten ergeben sich aus den pauschalierten Erfahrungssätzen.
Die Bewirtschaftungskosten werden in Abhängigkeit von den unterschiedlichen Grundstücksarten und nach der jeweiligen Restnutzungsdauer der Gebäude differenziert. Ein Ansatz in tatsächlicher Höhe ist ausgeschlossen. Die Bewirtschaftungskosten werden durch einen prozentualen Wert vom Rohertrag abgezogen. Der Prozentsatz ergibt sich aus Anlage 40 zum Bewertungsgesetz.

Der Liegenschaftszins
Liegenschaftszinssätze sind die Zinssätze, mit denen der Wert von Grundstücken abhängig von der Grundstücksart durchschnittlich und marktüblich verzinst wird:

  • 2,5 % für Ein- und Zweifamilienhäuser
  • 3,0 % für Wohnungseigentum
  • 4,0 % für Mietwohngrundstücke mit bis zu sechs Wohnungen
  • 4,5 %für Mietwohngrundstücke mit mehr als sechs Wohnungen

Bei der Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern verringert sich der Liegenschaftszinssatz um jeweils 0,1 Prozentpunkte je volle 100 Euro, die der Bodenrichtwert oder Bodenwert je Quadratmeter die Grenze von 500 Euro je Quadratmeter übersteigt, bis zu einem Bodenrichtwert von 1.500 Euro je Quadratmeter.  Beispiel:
Einfamilienhaus
Grundstück mit 500 qm Fläche, Baujahr 1980, Mietpreisniveau Stufe 3 (keine Zu- und Abschläge), eine Garage. Bodenrichtwert 300 Euro pro qm.
Reinertrag für die Wohnfläche:
gesetzlich normierte durchschnittliche Nettokaltmiete für NRW (Anlage 39 zum BewG, Teil I) – Zu-/Abschlag nach Mietniveaustufe 3 (0%) monatliche Nettokaltmiete 5,82 Euro
jährlicher Rohertrag EFH (5,82 x 120 qm x 12) = 8.380 Euro plus
jährlicher Rohertrag Garage (35 Euro x 12) = 420 Euro
Summe jährlicher Rohertrag: 8.800 Euro
abzüglich Bewirtschaftungskosten (8.800 x 25%) = -2.220 Euro
Restnutzungsdauer 38 Jahre bei Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren, jährlicher Reinertrag 6.580 Euro
Vervielfältiger = 24,35 (RND 38 Jahre und Liegenschaftszinssatz 2,5%), keine Zinssatzanpassung, da der Bodenrichtwert 500 Euro nicht übersteigt
Barwert des Reinertrags 6.580 Euro x 24,35 = 160.223 Euro

Der abgezinste Bodenwert
Für die Ermittlung des abgezinsten Bodenwerts werden folgende Faktoren benötigt:

  • Bodenwert bzw. Bodenrichtwert
  • Abzinsungsfaktor (Anlage 41 zum Bewertungsgesetz)
  • Grundstücksart
  • Alter
  • Grundstücksgröße
  • Berücksichtigung abweichender Grundstücksgrößen bei Ein- und Zweifamilienhäusern Umrechnungskoeffizient aus Anlage 36 des Bewertungsgesetzes (Normgröße 500 qm)

Zum Umrechnungskoeffizienten ist folgendes anzumerken: Je kleiner das Grundstück, um so größer ist der Koeffizient.
Beispiel:
Einfamilienhaus
Grundstück mit 500 qm Fläche, Baujahr 1980, Bodenrichtwert 300 Euro pro qm
Bodenwert 500 qm × 300 Euro × 1,00 (Um-rechnungskoeffizient) = 150.000 Euro
Abgezinster Bodenwert:
150.000 Euro x 0,3913 = 58.695 Euro
(Abzinsungsfaktor RND 38 Jahre und Liegenschaftszinssatz 2,5 %)

Der Grundsteuerwert
Der neue Grundsteuerwert ergibt sich aus dem kapitalisierten Reinertrag und dem abgezinsten Bodenwert.
Barwert des Reinertrags 160.223 Euro
Abgezinster Bodenwert 58.695 Euro   
Grundsteuerwert 218.918 Euro
Zum Schluss wird noch ermittelt, ob der Grundsteuerwert über dem Mindestwert liegt. Der Mindestwert errechnet sich aus 75 % des Bodenrichtwertes. Im Beispielsfall sind dies 75 % von 150.000 Euro = 112.500 Euro. Dieser Wert ist kleiner als der Grundsteuerwert. Damit bleibt es beim Grundsteuerwert.
Zum Abschluss wird noch der Grundsteuermessbetrag ermittelt. Der auf 100 Euro abgerundete Grundsteuerwert wird mit einer Messzahl von 31/1000 multipliziert.
Im Beispiel ergibt dies folgenden Messbetrag:
Grundsteuerwert x Steuermesszahl = Messbetrag.
218.900 Euro x 0,031 % = 67,86 Euro
Die endgültige Höhe der Grundsteuer hängt schließlich vom Hebesatz der Kommune ab.

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