Vorbildliche Kommunen gesucht
Verbände-Allianz fordert das Ende der Ausbaubeiträge
Ampel-Koalition sollte wertabhängige Grundsteuer ablehnen
Stabilität bei Realsteuer-Hebesätzen in Rheinland-Pfalz
Wie eine aktuelle Umfrage des Steuerzahlerbundes zeigt, haben nur fünf der fünfzig größten Kommunen in Rheinland-Pfalz ihre Realsteuer-Hebesätze für das Jahr 2019 angehoben. Somit setzt sich die relative Stabilität des Vorjahres fort. Allerdings befürchtet der Steuerzahlerbund, dass die Belastungen nach der Grundsteuer-Reform deutlich steigen werden. Deswegen sollte die Ampel-Koalition jede Art von wertabhängigem Reformmodell ablehnen.
Im Jahr 2019 haben die allermeisten der 50 größten Städte und Gemeinden in Rheinland-Pfalz darauf verzichtet, ihre Realsteuer-Hebesätze zu erhöhen. Nur Ludwigshafen, Trier, Bad Ems, Betzdorf und Mutterstadt haben an der Steuerschraube gedreht. Trier verlangt in diesem Jahr eine um 30 Punkte auf 480 Prozent erhöhte Grundsteuer B, zudem wurde die Gewerbesteuer um 10 Punkte auf 430 Prozent erhöht. Dagegen beschränkten sich Ludwigshafen und Mutterstadt auf eine Anhebung der Gewerbesteuer. Ludwigshafen beschloss eine Erhöhung von 20 Punkten auf 425 Prozent, Mutterstadt um 15 Punkte auf 380 Prozent. Stärker zugeschlagen hat wiederum Betzdorf. Dort erhöhte die Stadt die Grundsteuern A und B um je 40 Prozentpunkte auf 440 Prozent, die Gewerbesteuer stieg um 40 Punkte auf 450 Prozent. Dagegen begnügte sich Bad Ems mit einer kleineren Erhöhung um jeweils 5 Punkte – die Gewerbesteuer liegt nun bei 371, die Grundsteuer B bei 385 und die Grundsteuer A bei 315 Prozentpunkten.
„Wie im Vorjahr gibt es eine allgemeine kommunale Zurückhaltung beim Drehen an der Steuerschraube. Wir führen das mit auf die ungeklärte Grundsteuer-Reform zurück. An sich könnte das die Steuerzahler freuen. Allerdings befürchten wir, dass das nur die Ruhe vor dem Sturm ist“, meint René Quante, Geschäftsführer des BdSt Rheinland-Pfalz. „Durch eine wertabhängige Grundsteuer-Reform – wie von Bundesfinanzminister Olaf Scholz vertreten – drohen den Bürgern und Unternehmen auf breiter Front erhebliche Mehrbelastungen. Schließlich gehen viele Kommunen in Rheinland-Pfalz finanziell am Stock, auch wegen der Unterfinanzierung durch das Land. Wie viele Kommunen werden daher wirklich auf reformbedingte Mehreinnahmen verzichten, wenn sich diese Gelegenheit erst einmal bietet? Und selbst wenn defizitäre Kommunen für eine kompensierende Hebesatz-Senkung wären, würde es die Kommunalaufsicht dann auch erlauben? Das politische Versprechen der Aufkommensneutralität hören wir wohl, alleine der Glaube daran fehlt uns.“
Der BdSt Rheinland-Pfalz fordert die Ampel-Koalition auf, ihre Zustimmung zu jeder Art von wertabhängigem Reformmodell zu verweigern. Eine gute und unbürokratische Alternative sei das wertunabhängige einfache Flächenmodell. „Wir halten es den Bürgern gegenüber für unzumutbar, wenn z.B. Mieten und Verkehrswerte Bestandteil der Grundsteuerberechnung werden. Auch für die Verwaltung ist der bürokratische Aufwand aus diesem Modell naturgemäß hoch“, warnt Quante. „Der Ampel-Koalitionsvertrag befürwortet eine Grundsteuer-Reform, die das Aufkommen der Kommunen sichert, verfassungsfest ist, bürokratisch handhabbar und keine wesentliche Mehrbelastung des Einzelnen darstellt. Mit dem Scholz-Modell erfüllen sich diese Anforderungen aber ganz bestimmt nicht. Insofern ist auch kein Ampel-Koalitionspartner zur Zustimmung verpflichtet.“
Gewerbesteuer
Die wichtigste Einnahmequelle für Städte und Gemeinden ist die Gewerbesteuer. Sie besteuert Gewerbebetriebe nach deren Ertrag und ist deshalb ein wichtiger Standortfaktor für die Ansiedlung von Unternehmen. Die Netto-Einnahmen aus der Gewerbesteuer von allen rheinland-pfälzischen Kommunen lagen im Jahr 2018 bei rund 2 Mrd. Euro. Verglichen zum Vorjahr sind das rund 200 Mio. Euro bzw. 11,3 Prozent mehr.
Im Jahr 2019 liegt der durchschnittliche Gewerbesteuer-Hebesatz bei 390 Prozentpunkten. Die Spanne reicht hierbei von 310 bis 450 Prozent. Betzdorf weist mit 450 Prozent den höchsten Hebesatz auf und hat damit Mainz als negativen Spitzenreiter abgelöst. Die Landeshauptstadt folgt wiederum dicht mit 440 Prozent. An dritter Stelle steht Trier mit 430 Prozent. Weit unternehmerfreundlicher sieht es in Ingelheim am Rhein aus, wo die Gewerbesteuer seit 2017 nur noch 310 Prozent beträgt. Grafschaft folgt mit einem Hebesatz von 330 Prozent.
Grundsteuer B
Die Grundsteuer B wird auf bebaute und bebaubare Grundstücke erhoben – damit trifft sie so gut wie alle Bürger, da diese entweder selbstnutzende Eigentümer sind oder die Steuer über die Mietnebenkosten bezahlen. Allerdings muss die Grundsteuer reformiert werden, weil die darauf basierenden Einheitswerte vollkommen veraltet sind. Das Aufkommen aus der Grundsteuer B betrug im Jahr 2018 rund 570 Mio. Euro und somit 9,5 Mio. Euro bzw. 1,7 Prozent mehr als in 2017.
Für die Grundsteuer B liegt der durchschnittliche Hebesatz in 2019 bei 395 Prozent. Die Spannweite reicht von 80 bis 480 Prozent. Nach einer Hebesatz-Erhöhung in Trier teilen sich nun Mainz und Trier den Spitzenplatz mit jeweils 480 Prozent. Dicht dahinter folgt Kaiserslautern mit 460 Prozent. Ganz anderes in Ingelheim am Rhein, dort beträgt der Hebesatz gerade einmal 80 Prozent. Die zweitgünstigste Kommune ist auch hier Grafschaft mit 338 Prozent.
Grundsteuer A
Auf land- und forstwirtschaftliche Grundstücke wird die Grundsteuer A erhoben, welche mit einem Aufkommen von rund 19 Mio. Euro im Jahr 2018 nur eine untergeordnete Rolle bei den Kommunalfinanzen spielt.
Der durchschnittliche Hebesatz für die Grundsteuer A liegt 2019 bei 319 Prozent. Die Spannweite reicht von 67,5 bis 440 Prozent. Wie bei der Gewerbesteuer belastet Betzdorf die Steuerzahler hier am stärksten, der Hebesatz beträgt 440 Prozent. Es folgen Bitburg mit 425 Prozent auf Platz 2 und Konz mit 420 Prozent auf Platz 3. Den niedrigsten Hebesatz hält Ingelheim am Rhein mit 67,5 Prozent. Es folgen mit großem Abstand Grafschaft mit 285 Prozent und die Landeshauptstadt Mainz mit 290 Prozent.
Fünf-Jahres-Vergleich
Ein Vergleich mit dem Jahr 2014 zeigt, dass 29 der 50 größten Städte und Gemeinden ihre Realsteuer-Hebesätze erhöht haben. Einzig Ingelheim am Rhein hat im betrachteten Zeitraum einen Hebesatz gesenkt.
Bei der Gewerbesteuer haben in den vergangenen fünf Jahren 20 der 50 größten rheinland-pfälzischen Kommunen die Hebesätze erhöht. Im Schnitt steigerte sich der Hebesatz um 7 Prozentpunkte von 383 auf 390 Prozent. Weit über dem Durchschnitt liegen Betzdorf und Ludwigshafen am Rhein, welche mit 60 bzw. 50 Punkten den stärksten Aufschlag beschlossen hatten. Es folgen Mayen und Konz mit je 35 Punkten. Einzig Ingelheim am Rhein hat seine Gewerbesteuer gesenkt, nämlich um 22 Prozentpunkte.
Die Grundsteuer B wurde im betrachteten Zeitraum von 26 Kommunen erhöht, wobei der durchschnittliche Hebesatz um 20 Prozentpunkte von 375 auf 395 Prozent stieg. Am stärksten hat die Stadt Mayen an der Steuerschraube gedreht, sie erhöhte den Hebesatz um 65 Prozentpunkte. Es folgen Trier, Bingen am Rhein und Betzdorf mit einem Plus von je 60 Prozentpunkten.
Von 2014 bis 2019 haben 18 der betrachteten Kommunen die Grundsteuer A erhöht. Im Durchschnitt stieg der Hebesatz um 12 Prozentpunkte von 307 auf 319 Prozent. Spitzenreiter ist erneut die Stadt Mayen mit 90 Prozentpunkten. Es folgen Bingen am Rhein und Betzdorf mit jeweils 60 Punkten.
Hinweis: Dem Anhang der Pressemitteilung können die vollständigen Hebesatz-Ranglisten mitsamt Veränderungen entnommen werden.