Schwarzbuch 2024/2025 enthält sieben Beispiele aus Schleswig-Holstein
Die öffentliche Verschwendung 2024/25!
Statement von Dr. Aloys Altmann zur Vorstellung des Schwarzbuches am 9. Oktober 2024 in Kiel
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich begrüße Sie sehr herzlich zu unserem Pressegespräch über das Schwarzbuch 2024/25. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mit uns über die Verschwendung von Steuergeld und aktuelle Entwicklungen in Schleswig-Holstein zu sprechen.
Das Schwarzbuch erscheint inzwischen im 52. Jahr in Folge. Vor einiger Zeit haben wir uns entschlossen, jeweils genau 100 Fälle von Steuergeldverschwendung auszuwählen, die möglichst exemplarisch die ganze Bandbreite von Fehlplanungen, sowie Pleiten, Pech und Pannen bei der Umsetzung abdecken. Daran sehen Sie schon, dass es uns nicht darum geht, alle aufgedeckten Verschwendungsfälle aufzulisten. Vielmehr geben wir uns die Mühe, an Einzelbeispielen herauszuarbeiten, wo denn eigentlich die systematischen Probleme im Umgang mit öffentlichen Mitteln liegen. Wer weitere Fälle sucht, findet diese auf unserer Online-Plattform www.schwarzbuch.de. Hier können wir auch unterjährig Fälle einstellen, Updates veröffentlichen und wir bieten an, mit uns über die Bewertung der Fälle zu diskutieren.
In Ihren Unterlagen finden Sie das aktuelle Schwarzbuch in seiner gedruckten Form sowie einen Auszug mit den Fällen aus Schleswig-Holstein. Sieben der 100 Beispielsfälle stammen aus unserem Bundesland. Darunter der Erfolg, dass der Pilotversuch mit dem „E-Highway“ letztendlich beendet wird. Dieses hatten wir in der Vergangenheit mehrfach gefordert. Die Technologie funktioniert, sie hat aber keine Aussicht, flächendeckend eingesetzt zu werden. Darum brauchen wir auch keine weiteren Versuchsstrecken. Als drohende Verschwendungsfälle haben wir die Beschädigung der beiden Brücken über den Nord-Ostsee-Kanal durch eine zu hohe Schiffsladung und das von der Hansestadt Lübeck gekaufte ehemalige Karstadt-Gebäude aufgenommen. In beiden Fällen zeichnet sich schon heute ab, dass der Steuerzahler auf hohen Kosten sitzenbleiben wird, die aus unserer Sicht vermeidbar wären. Da die Endabrechnung aber noch nicht vorliegt, können wir den genauen Schaden für die Allgemeinheit noch nicht feststellen.
Ich verzichte darauf, Ihnen alle Fälle noch einmal in der Zusammenfassung vorzutragen. Wichtig ist mir aber, eine rote Linie aufzuzeigen, die sich durch dieses und die letztjährigen Schwarzbücher durchzieht: Die Bäume wachsen finanzpolitisch schon lange nicht mehr in den Himmel! In den vergangenen Jahren war Geld nicht der knappe Faktor für die Gestaltung öffentlicher Leistungen. Die Politik in Bund, Ländern und Gemeinden hat den Bürgern gegenüber zumindest die Illusionen vermittelt, dass für nahezu jeden Wunsch ausreichend Finanzmittel zur Verfügung stünden. Wenn in den letzten Jahren politische Versprechungen nicht umgesetzt werden konnten, dann lag dieses nicht am fehlenden Geld, sondern an Planungskapazitäten, Fachkräftemangel oder Lieferengpässen. Doch diese Zeit ist jetzt vorbei! Der Wind hat sich gedreht.
Gerade in diesen Tagen erleben wir, wie zahlreiche Empfänger von Landesgeldern vor den beabsichtigten Kürzungen im Landeshaushalt warnen. Viele Argumente sind durchaus berechtigt: Die Gemeinden haben insbesondere bei der Kinderbetreuung vom Land Aufgaben übertragen bekommen, die sie aus ihren Eigenmitteln nicht finanzieren können. Sportanlagen, Schultoiletten und zahlreiche Anlagen der Verkehrsinfrastruktur sind teilweise in einem beklagenswerten Zustand. Und wenn die Mittel für den öffentlichen Nahverkehr nicht angehoben werden, können Busfahrer auch nicht mehr verdienen oder Busverbindungen müssen wieder gestrichen werden. Wir stellen diesen Argumenten gegenüber, wofür in den vergangenen Jahren alles Geld da war oder noch Geld zur Verfügung gestellt werden soll: Gerade erst ist eine neue Seebrücke in Haffkrug für fast 20 Millionen Euro eröffnet worden. Wenn auch die in Scharbeutz fertiggestellt ist, hat jeder Strand an der Lübecker Bucht einen eigenen millionenschweren Neubau! Wir hatten davor gewarnt. Wir haben auch vor der Wiederinbetriebnahme von stillgelegten Eisenbahnstrecken, zum Beispiel nach Schönberg und nach Lütjenburg, gewarnt. Und auch die Pläne für die Stadtbahn in Kiel werden immer teurer. Allen Befürwortern muss klar sein, dass solche Millioneninvestitionen in direkter Konkurrenz zur Sanierung von Sporthallen, Schultoiletten und Straßenbrücken stehen. Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Es gibt kein „sowohl als auch“, sondern nur noch ein „entweder oder“. Das gilt natürlich auch für die sprichwörtliche Förderung von Balkonkraftwerken und Lastenfahrrädern sowie die Schaffung von fragwürdigen Ranger-Stellen, für die Geld ausgegeben werden muss, dass an anderer Stelle dringend fehlt.
Die Einnahmen des Landes Schleswig-Holstein steigen derzeit nicht, aber sie brechen auch nicht ein! Die Politik kann also über konstante Mittel verfügen. Dass dennoch ein so großer Kürzungsbedarf besteht, liegt daran, dass wir uns in den letzten Jahren an das süße Gift der Verschuldung gewöhnt haben. Verschuldung, die in Form von Notkrediten verfassungsrechtlich sehr fragwürdig ist und in den künftigen Jahren mit Zins und Tilgung zurückgezahlt werden muss. Wenn man ehrlich ist, müssen die Ausgaben des Landes strukturell um 2 Milliarden Euro gekürzt werden. Diese von der Landesregierung selbst festgestellte Kürzungsnotwendigkeit wird aber über viele Jahre gestreckt – offenbar, weil man Angst vor allzu konsequenten Entscheidungen hat und möglicherweise auch auf wieder ansteigende Steuereinnahmen in der Zukunft hofft. Doch das Prinzip Hoffnung ist kein guter Ratgeber für die Politik.
Wir setzen dem entgegen: Auch die für 2025 geplanten Einnahmen reichen aus, um alle notwendigen laufenden Ausgaben und Investitionen des Landes zu finanzieren. Es müssen nur die richtigen Prioritäten gesetzt werden. Das Richtige muss getan, das Falsche unterlassen werden. Hier gilt die alte Weisheit: „Erst in der Beschränkung zeigt sich der wahre Meister“!
Ich habe schon davon gesprochen, dass es viele berechtigte Ansprüche an den Landeshaushalt gibt. Dies heißt aber nicht, dass die Ansprüche alle auch in der Höhe gerechtfertigt sind. Jeder Empfänger von Landesleistungen muss das viele Geld auch effizient einsetzen. Bei viel zu vielen Maßnahmen wird das Geld dadurch verplempert, dass es nicht zielgenau eingesetzt wird, sondern in der Fläche mit der sprichwörtlichen Gießkanne verteilt wird. Eine richtige Prioritätensetzung heißt auch, die beabsichtigten Ziele genau festzuschreiben und nur die Mittel zu gewähren, die diese Ziele auch wirklich erfüllen. Aus der Erfahrung wissen wir, dass mit weiteren Stellen und zusätzlichem Geld noch kein Problem gelöst wurde. Vielmehr kaschiert diese Politik die bestehenden Defizite bei Organisation und Planung. Für uns gilt weiterhin: Mehr Klasse statt Masse! Darum halten wir es für falsch, dass auch im Haushaltsentwurf der Landesregierung wieder geplant ist, am Personal zu sparen. Es muss Personal eingespart werden, nicht aber an dessen leistungsgerechter Bezahlung. Wichtig ist auch, beim Thema Bürokratieabbau den vielen Versprechungen in Sonntagsreden endlich Taten folgen zu lassen. Dazu haben wir unsere Vorschläge im vorliegenden Schwarzbuch noch einmal prominent zusammengefasst.
Wenn die Politik in diesem Sinne den Landeshaushalt gestaltet, steht genügend Geld zur Verfügung, um die wichtigen Aufgaben für die Stärkung von Bildung und Forschung, der öffentlichen Infrastruktur und der Sicherheit zukunftsgerichtet zu erfüllen. Dafür brauchen wir weder neue Notkredite noch eine Aufweichung der Schuldenbremse. Auch die von der neuen Finanzministerin ins Spiel gebrachte Reaktivierung der Vermögensteuer hilft uns bei der Problemlösung nicht weiter. Denn die aktuellen Probleme mit der Umsetzung der Grundsteuerreform machen allzu deutlich, dass eine gerechte und verfassungskonforme Bewertung aller unterschiedlichen Vermögen derzeit schlichtweg nicht möglich ist. Eine nachhaltige Finanzpolitik denkt an zukünftige Generationen und überlässt diesen die notwendigen Handlungsspielräume, um künftige Probleme lösen zu können. Wir dürfen unseren Nachfolgern nicht noch weitere Schulden und Versäumnisse vererben.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.