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Etwas auf dem Kerbholz haben.
© Alexander Kraus, BdSt Berlin

Kerbhölzer XXL

Bund der Steuerzahler Berlin e. V. / Meldungen 25.04.2022

Geschnitzter Schuldenstand Berlins

Bislang konnte man den Schuldenstand der Bundeshauptstadt an den digitalen Ziffern auf der Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler Berlin in Steglitz ablesen. Zwischen dem 22. April und 13. Juni 2022 kommt aber eine weitere Möglichkeit hinzu. Die Installation des Künstlers Sven Kalden zeigt auf eine ganz andere Weise, was das Land Berlin „auf dem Kerbholz“ hat. Finanziell mit im Boot ist natürlich auch der Steuerzahler.

Bis ins 18. Jahrhundert wurden Kerbhölzer verwendet, um Schulden zu dokumentieren. Dazu wurde die Höhe des geschuldeten Betrags in Form von unterschiedlich ausgeformten Kerben in einen Holzstab geritzt und dieser dann längs gespalten. Durch die Bruchform und die Maserung passten nur diese beiden Teile fälschungssicher aneinander. Eine Hälfte erhielt der Gläubiger, die andere Hälfte der Schuldner, der damit wusste, was er „auf dem Kerbholz“ hat.

Etwas auf dem Kerbholz haben

Auch heute noch ist diese Redewendung gebräuchlich, wenn sich jemand hat „etwas zu Schulden“ kommen lassen. Diese negative Abwandlung bei der Verwendung ist offenbar auch dem Künstler aufgefallen. Er weist darauf hin, dass das geteilte Kerbholz die Zusammengehörigkeit zwischen Schuldner und Gläubiger verdeutliche. Beide Seiten befänden sich damit eigentlich auf Augenhöhe. Es falle jedoch auf, dass heute der Schuldenstand einer Kommune, einer Stadt oder eines Landes bekannt sei, ihre Gläubiger in der Regel jedoch nicht. Negative Vermögen seien zuzuschreiben, während hohe Vermögen anonym blieben. Auf den 14 Kerbhölzern seien zwar die Gläubigerkategorien benannt, aber wer im Einzelnen wieviel schuldet, sei nicht abzulesen, meint Sven Kalden.

Seit dem 22. April 2022 zeigt die Skulptur aus 14 Kerbhölzern im XXL-Format in einer Art Regal hinter der Senatsverwaltung für Finanzen am Rolandufer die Schulden Berlins an. In jedes der einzelnen Kerbhölzer ist der Schuldenstand gegenüber einer der 14 Gläubigergruppen eingeritzt. Zum Betrachten kann man sich dazu auf einer Gini-Bank niederlassen, auf der mit einer eingeritzten Skala der sogenannte Gini-Koeffizient die Vermögensverteilung in Deutschland versinnbildlicht.

Vermögensverteilung und die Sache mit der Gini-Bank

"Wir sind also nur 0,19 bis 0,17 Prozentpunkte entfernt von einem Gesamtvermögen in einer Hand. Schon heute besitzt das oberste Promille der Bevölkerung über 20% am Gesamtvermögen. Die reichsten 10 % haben über 67 % Nettovermögen. Wie vertragen sich demokratische Mitbestimmung und maximal Vermögenskonzentration?", fragt der Künster dazu auf seiner Webseite.

Die Volkswirte vom Bund der Steuerzahler müssen über die Gini-Bank allerdings etwas die Stirn runzeln. Denn dargestellt ist offenbar nicht der Gini-Koeffizient selbst, sondern die sogenannte Lorenzkurve, die im Übrigen an allen Stellen zwingend immer unterhalb der Gleichverteilungsgeraden liegen muss. Diese würde links unten durch den Nullpunkt und rechts oben durch die Werte 1 und 1 gehen, ist hier aber auf der Bank nicht eingefräst. Der Gini-Koeffizient ist auch kein Punkt auf der Lorenzkurve, sondern das Verhältnis der Fläche zwischen der hier nicht dargestellten Gleichverteilungsgerade und der Lorenzkurve zu der Fläche unterhalb der Gleichverteilungsgerade, also der Lorenzkurve bei vollständiger Gleichverteilung.

Künsterlische Freiheit versus volkswirtschaftliche Schlussfolgerungen

So wie hier dargestellt, würde die Kurve jedenfalls aussagen, dass 0 Prozent Bevölkerungsanteil (auf der x-Achse abgetragen) über einen Anteil am Vermögen von ca. 20 Prozent verfügen (ungefährer Achsenabschnitt an der y-Achse abgelesen). Anders ausgedrückt: Ein Fünftel des Vermögens wäre herrenlos, was inhaltlich als Aussage sinnlos ist. Dass die dargestellte Lorenzkurve rechts oben oberhalb einer gedachten Gleichverteilungskurve verläuft, macht nach Ansicht des Bundes der Steuerzahler auch keinen Sinn. Vermutlich hat der Künster so versucht, die Verschuldung von Bevölkerungsanteilen als negatives Vermögen darzustellen. Das würde allerdings so dargestellt werden, dass die Lorenzkurve teilweise unter der x-Achse verläuft, was in der Realität tatsächlich für die unteren Teile der Bevölkerung in Deutschland auch zutrifft.

Die Aussage von Sven Kalden, wir seien nur 0,19 bis 0,17 Prozentpunkte von einem Gesamtvermögen in einer Hand entfernt, macht also entweder keinen Sinn oder ist falsch. Ein Gini-Koeffizient von 0,81 heißt 81 Prozent. Daraus aber abzuleiten, dass wir 81 Prozent oder mehr als vier Fünftel bis zur vollständigen Ungleichverteilung — also von 1 oder 100 Prozent — erreicht haben oder nur zu 19 Prozent gleichverteilt sind, macht eigentlich nach diesem Koeffizenten keinen richtigen Sinn.

Pareto und die 80-20-Regel

Den Grad an Ungleichverteilung kann man auch nur aus der Lorenzkurve selbst ablesen. Aus der realen Lorenzkurve für die Vermögensverteilung in Deutschland ergibt sich, dass die obenen 20 Prozent der Bevölkerung rund 80 Prozent des Vermögens besitzen. Die untere Hälfte besitzt nach dieser Lorenzkurve übrigens überhaupt kein Vermögen, sondern Schulden.

Und das ist das eigentlich Interessante! Das ist nämlich ein Verhältnis, dass sich in fast allen Lebensbereichen und auch in der Natur immer wieder einstellt, nämlich das Pareto-Prinzip, das auch 80-20-Regel genannt wird.

NEUSTART - 2 Milliarden Euro Fördergelder für die Kultur

Das Projekt hatte über den Bundesverband bildender Künstlerinnen und Künstler eine Förderempfehlung für das Bundesprogramm NEUSTART KULTUR der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien erhalten, durch das innovative Kunstprojekte mit einem Zuschuss von bis zu 15.000 Euro gefördert werden können.

Die damalige Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hatte dazu im Juni 2021 gesagt, NEUSTART KULTUR sei das bisher größte Konjunkturprogramm für die Kultur in der Geschichte der Bundesrepublik. Keine andere Branche habe in der Pandemie vergleichbar maßgeschneiderte Hilfen erhalten, von denen bundesweit unzählige Künstlerinnen, Künstler und Kultureinrichtungen profitierten. Es sei ein starkes Zeichen der Wertschätzung für ihre Arbeit und der Anerkennung der besonderen Opfer, die sie in dieser Krise erbringen musste. Für das Rettungs- und Zukunftsprogramm NEUSTART KULTUR hatte die Bundesregierung 2021 zwei Milliarden Euro aus Steuermitteln zur Verfügung gestellt.

Temporäre Kunst - Wohin nach zwei Monaten?

Der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler Berlin, Alexander Kraus, findet die künstlerische Idee hinter den Kerbhölzern bestechend: „Ich freue mich, dass die Staatsschulden mittlerweile den Weg von der Finanzwissenschaft bis hinein in die bildende Kunst gefunden haben. Aber eigentlich bräuchte man jetzt noch ein 15. Kerbholz mit zwei ganz dicken Kerben. Eine Hälfte bekommen die Künstler, die andere die Steuerzahler.“ Schade findet Kraus, dass die von den Steuerzahlern finanzierte Kunstinstallation nach nur knapp zwei Monaten schon wieder verschwindet: "Vielleicht wäre das etwas für den Vorgarten beim Bund der Steuerzahler? Direkt unter der Schuldenuhr würde die sich sicherlich gut machen!" Weiterhin wies Kraus darauf hin, dass die Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler hingegen zu einhundert Prozent aus Mitgliedsbeiträgen bezahlt wurde.

Alle Fotos © Alexander Kraus, BdSt Berlin

 

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