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Interview mit Norbert Hackbusch (Linke): "Hamburg darf nicht wie Genua werden"
Der BdSt im Gespräch mit Politikern und Entscheidungsträgern.
Norbert Hackbusch sitzt seit 2008 für die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft und ist der haushaltspolitische Sprecher seiner Fraktion. Er gilt als Querdenker in Hamburgs Politiklandschaft. Wir haben ihn auf ein Gespräch getroffen.
Herr Hackbusch, gerade erst im Dezember hat die Hamburgische Bürgerschaft den Haushalt für die Jahre 2019 und 2020 verabschiedet. Und obwohl die Stadt erneut deutlich mehr Geld ausgibt, hätte Ihre Fraktion den Haushalt gerne noch weiter aufgestockt. Wo sehen Sie Nachbesserungsbedarf?
Wir stehen vor gewaltigen Herausforderungen. Auch wenn in den letzten Jahren beispielsweise viel Geld in die Sanierung und den Neubau von Schulen investiert wurde, ist dies noch immer nicht ausreichend. Und auch viele Straßen, Brücken und Kaianlagen sind nach wie vor marode. Mit den aktuell zur Verfügung stehenden Mitteln sorgen wir lediglich dafür, dass der Status quo erhalten wird. Verbesserungen werden damit kaum erzielt.
Aber ist es nicht vernünftig, nur das Geld auszugeben, das zur Verfügung steht?
Hier benötigen wir eine andere Herangehensweise. Natürlich können wir momentan viel Geld ausgeben. Die Frage ist doch aber, was wir machen, wenn die Steuern nicht mehr sprudeln. Soll die Stadt ihre Infrastruktur dann verfallen lassen, so dass wir bald Verhältnisse wie in Genua haben? Soweit darf es nicht kommen. Deshalb darf bei Haushaltspolitikern nicht immer nur die Frage im Raum stehen, wie viel Geld ausgegeben werden kann. Vielmehr muss auch die Frage gestellt werden, wie viel Geld benötigt wird.
Und die Differenz soll sich die Stadt dann über Steuererhöhungen von den Bürgern holen?
Ja. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Wir als Linke hatten beantragt, die städtischen Ausgaben um insgesamt 700 Mio. Euro zu erhöhen. Profitieren sollte hiervon beispielsweise der Sozialbereich. Die Mehrausgaben wollten wir auch über eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer gegenfinanzieren. Diese liegt in Hamburg nämlich bei nur 4,5 Prozent, in Schleswig-Holstein aber bei 6,5 Prozent.
Der Steuerzahlerbund setzt sich bei dieser Steuer für eine ganz andere Lösung ein. Wir plädieren seit Jahren für einen Grundsteuerfreibetrag für selbstgenutztes Wohneigentum. Denn es gilt immer noch die Weisheit, dass eine eigene Immobilie der beste Schutz vor Altersarmut ist.
Grundsätzlich halte ich es für nicht richtig, dass ich für mein tägliches Brot sieben Prozent Mehrwertsteuer zahle, für den Kauf einer Immobilie aber nur 4,5 Prozent fällig werden.
Aber jemand, der eine Wohnung kauft, um diese dann zu vermieten, würde die höheren Anschaffungskosten doch automatisch als höhere Miete an die Mieter weiterreichen. Somit würde der sowieso schon angespannte Mietenspiegel noch weiter befeuert.
Der Eigentümer versucht doch unabhängig, möglichst hohe Mieten zu erreichen. Aber natürlich sind wir offen für Vorschläge, die es zum Ziel haben, Familien beim Immobilienerwerb finanziell zu entlasten.
Lassen Sie uns über die HSH Nordbank reden. Diese wurde gerade erst verkauft. Die Eigentümer Hamburg und Schleswig-Holstein sind somit ihren größten Klotz am Bein los.
Was bei der HSH Nordbank über Jahre passiert ist, war Betrug am Bürger. Uns als Volksvertretern wurde 2013 noch erzählt, dass von den 10 Mrd. Euro Garantien, die die beiden Länder gegeben haben, höchstens 1,3 Mrd. Euro fällig würden. Heute wissen wir, dass die 10 Mrd. Euro in Gänze beansprucht wurden. Das ist eine unvorstellbar große Summe. Was hätten wir mit diesem Geld nicht alles machen können.
Sie als Linke haben insbesondere auch den Verkaufsprozess der Landesbank kritisiert.
Richtig. Wie kann es sein, dass der Vorstandsvorsitzende, Herr Ermisch, bei den Verhandlungen zum Verkauf der Bank zunächst die Interessen der beiden Länder vertritt. Im zweiten Schritt soll er dann aber auch der Chef der verkauften Bank bleiben. Er hatte somit natürlich ein grundsätzliches Interesse daran, dass möglichst viel Geld von den Eigentümern und somit vom Steuerzahler an die Bank fließt. An dieser Stelle hätten wir uns eine sauberere personelle Konstellation gewünscht.
Lassen Sie uns bei dem Thema städtische Beteiligungen bleiben. Hamburg ist an der Traditionsreederei Hapag-Lloyd beteiligt. Hierfür wurde bislang über eine Mrd. Euro ausgegeben.
Wir haben den Einstieg der Stadt damals befürwortet. Auch wenn das Thema selbst innerhalb der Linken strittig war.
In Ihrer Partei war also nicht jeder für eine Staatsbeteiligung?
Ja. Der Schifffahrtsmarkt befindet sich seit Jahren in unruhigem Fahrwasser. Die Reederei NOL zum Beispiel, die damals Hapag-Lloyd übernehmen wollte, was die Stadt dazu bewog, aus Angst vor dem Abbau von Hamburger Arbeitsplätzen selbst aktiv zu werden, existiert schon gar nicht mehr. Und die Reederei Hamburg Süd, die vom Weltmarktführer Maersk gekauft wurde, wird aus dem städtischen Erscheinungsbild verschwinden und in Maersk aufgehen. Der Einstieg der Stadt bei Hapag-Lloyd war also notwendig, aber nicht ohne Risiko.
Und glauben Sie, dass die Stadt am Ende des Tages, wie vom ehemaligen Bürgermeister Olaf Scholz versprochen, mit ihrem Einstieg keinen Verlust machen wird?
Wir wissen, dass die von Scholz versprochenen Dividenden die städtischen Kosten nicht kompensiert haben. Die Stadt hat über eine Mrd. Euro investiert, der Gegenwert der Aktienpakete ist jedoch deutlich geringer. Ich fand die Aussage von Herrn Scholz immer zu optimistisch.
Herr Hackbusch, vielen Dank für das Gespräch.