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Hebesatz-Vergleich für Rheinland-Pfalz

Presseinformation 02.06.2021

Erstmals 600er Marke bei Grundsteuer B geknackt

Wie eine aktuelle BdSt-Umfrage zeigt, kam es in 2021 bislang nur zu wenigen Änderungen bei den Realsteuer-Hebesätzen. Nur eine Kommune erhöhte die Gewerbesteuer, zwei waren es bei der Grundsteuer A und drei bei der Grundsteuer B. Allerdings hat erstmals eine große Kommune, namentlich Neuwied, den Hebesatz der Grundsteuer B auf über 600 Punkte angehoben und sticht somit als neuer negativer Spitzenreiter hervor. In Kaiserslautern könnte eine weitere extreme Erhöhung folgen.

Für viele Steuerzahler ist es eine gute Nachricht: Nur 4 der 50 größten Städte und Gemeinden in Rheinland-Pfalz haben bislang für das Jahr 2021 die Realsteuer-Hebesätze erhöht. Während Mainz und Bad Ems als einzige Städte die Grundsteuer A erhöhten, verzeichneten neben Bad Ems auch Bad Neuenahr-Ahrweiler sowie Neuwied Steigerungen bei der Grundsteuer B. Hierbei sticht insbesondere Neuwied negativ hervor: So hat die kreisangehörige Stadt im nördlichen Rheinland-Pfalz einen Anstieg um satte 190 Punkte auf 610 Prozent beschlossen. Galt im Vorjahr eine Steigerung von 105 Punkten – damals in Idar-Oberstein – noch als Rekorderhöhung des vergangenen Jahrzehnts, setzt sich nun Neuwied mitten in der Corona-Krise an die Spitze. Den Hebesatz für die Gewerbesteuer hat nur Bad Ems erhöht, womit die Stadt an der Lahn in 2021 die einzige Kommune in Rheinland-Pfalz ist, welche alle drei Realsteuern erhöht hat.

Gewerbesteuer

Die wichtigste Einnahmequelle für deutsche Städte und Gemeinden ist die Gewerbesteuer. Diese besteuert Gewerbebetriebe nach deren Ertrag und ist somit ein wichtiger Standortfaktor für die Ansiedlung von Unternehmen. Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer (netto) lagen im Jahr 2020 bei rund 1,75 Mrd. Euro. Das sind rund 186 Mio. Euro bzw. 9,6 Prozent weniger als 2019. Trotz des Einbruchs der Gewerbesteuereinnahmen durch die Corona-Pandemie konnte vor allem durch Kompensierungen von Bund und Land ein großer finanzieller Schaden für die Kommunen abgewendet werden.  

Der durchschnittliche Gewerbesteuer-Hebesatz liegt im Jahr 2021 bei 391 Prozent. Während der niedrigste Wert 310 Prozent beträgt, liegt der höchste bei 450 Prozent. Auf Platz 1 liegt Betzdorf mit 450 Prozentpunkten. Die Landeshauptstadt Mainz folgt mit 440 Prozentpunkten auf Platz 2, Trier mit 430 Prozent auf Platz 3. Bad Ems, welche als einzige Kommune den Gewerbesteuer-Hebesatz erhöht hat, befindet sich mit einer Steigerung um 30 Punkte auf 406 nun auf Platz 8. Die gewerbefreundlichsten Kommunen in Sachen Besteuerung bleiben Ingelheim am Rhein mit 310 Prozent und Grafschaft mit 330 Prozent.

Grundsteuer B

Fast jeder Bürger ist von ihr betroffen – der Grundsteuer B. Sie wird auf bebaute oder bebaubare Grundstücke erhoben und wird entweder selbst von Hauseigentümer oder über die Mietnebenkosten vom Mieter bezahlt. Das Aufkommen lag in 2020 bei 591 Mio. Euro und somit 18,1 Mio. Euro bzw. 3,2 Prozent höher als in 2019. Trotz der Corona-Pandemie fiel die Steigerung in 2020 deutlich höher aus als noch in 2019, damals waren es 0,5 Prozent gewesen.

Betrachtet man die 50 größten Städte und Gemeinden liegt der durchschnittliche Hebesatz der Grundsteuer B in 2021 bei 407 Prozent. Der Minimalwert liegt bei 80 Prozent, der Maximalwert bei 610 Prozent. Mit einer Steigerung um 190 Punkte auf 610 Prozent hat sich Neuwied den ersten Platz gesichert. Auf Platz 2 liegt Idar-Oberstein mit 535 Prozent und auf Platz 3 folgt Neustadt an der Weinstraße mit 505 Prozent. Mainz, Trier und Pirmasens teilen sich mit je 480 Prozentpunkten den vierten Platz. Weitere Erhöhungen bei der Grundsteuer B hat es 2021 nur in Bad Neuenahr-Ahrweiler und Bad Ems gegeben. Diese erhöhten den Hebesatz um je 30 Punkte auf 410 Prozent bzw. 420 Prozent. Am günstigsten lebt es sich in Bezug auf die Grundsteuer B in Ingelheim am Rhein mit einem Hebesatz von nur 80 Prozent. Mit weitem Abstand folgt Grafschaft mit 338 Prozent.

Grundsteuer A

Die Grundsteuer A wird auf land- und forstwirtschaftliche Grundstücke erhoben. Mit nur rund 19 Mio. Euro an Aufkommen im Jahr 2020 ist die Grundsteuer A die fiskalisch unbedeutendste Realsteuer. Verglichen zum Vorjahr gab es auch keine signifikante Veränderung des Aufkommens.

Die Spannweite bei der Grundsteuer A reicht von 67,5 bis 440 Prozent, der durchschnittliche Hebesatz beträgt 324 Prozent. Betzdorf greift mit 440 Prozent, Bitburg mit 425 Prozent und Konz mit 420 Prozent den Waldbesitzern und Landwirten am tiefsten in die Tasche. Für das Jahr 2021 erhöhten Mainz und Bad Ems ihre Hebesätze um 60 bzw. 30 Prozentpunkte auf je 350 Prozent. Dagegen halten Ingelheim am Rhein mit 67,5 Prozent und Grafschaft mit 285 Prozent die niedrigsten Hebesätze bei der Grundsteuer A vor. Insofern profitieren die Bürger von Ingelheim am Rhein und Grafschaft bei allen Realsteuern von den niedrigsten Hebesätzen in Rheinland-Pfalz.

Fünf-Jahres-Vergleich

Betrachtet man die Realsteuer-Hebesätze im Fünf-Jahres-Vergleich mit dem Jahr 2016, so zeigt sich, dass 23 der 50 größten Städte und Gemeinden an der Steuerschraube gedreht haben. Doch einzig Ingelheim am Rhein hat in diesem Zeitraum einen Hebesatz gesenkt.

Bei der Gewerbesteuer haben 12 der 50 größten Kommunen in Rheinland-Pfalz ihre Hebesätze erhöht. Durchschnittlich erhöhte sich der Hebesatz um 4 Prozentpunkte von 387 auf 391 Prozent. Weit über dem Durchschnitt lag bereits beim letzten Fünf-Jahres-Vergleich Betzdorf, welches mit 40 Punkten den stärksten Aufschlag beschlossen hatte. Dem hat sich nun Bad Ems mit gleichfalls 40 Punkten angeschlossen. Es folgen Mayen und Wörth am Rhein mit je 25 Punkten. Ingelheim am Rhein war die einzige Kommune, die ihren Gewerbesteuer-Hebesatz gesenkt hat – nämlich um 22 Prozentpunkte.

Die Grundsteuer B wurde im betrachteten Zeitraum von 20 Kommunen erhöht. Der durchschnittliche Hebesatz stieg um 19 Punkte von 388 auf 407 Prozent. Den absoluten Spitzenplatz hat Neuwied mit einer Erhöhung von 190 Punkten inne. Idar-Oberstein folgt mit einem Aufschlag von 105 Punkten. Auf Platz 3 und 4 folgen Pirmasens (+70 Punkte) und Trier (+60 Punkte). Dahingegen war keine einzige Kommune bereit, die Grundsteuer B zu senken.

Von 2016 bis 2021 haben 12 der betrachteten Kommunen die Grundsteuer A erhöht. Der durchschnittliche Hebesatz stieg von 317 auf 324 Prozent um 7 Punkte. Spitzenreiter ist die Landeshauptstadt Mainz mit einer Erhöhung um 60 Prozentpunkte. Es folgen Speyer mit 50 Punkten auf Platz 2 sowie auf Platz 3 Betzdorf und Bad Ems mit je 40 Punkten. Auch bei der Grundsteuer A war keine Kommune zu einer Senkung bereit.

BdSt-Fazit:

Aus Steuerzahlersicht ist es erfreulich, dass die Kommunen in Rheinland-Pfalz im Corona-Jahr 2021 weitestgehend darauf verzichten, an der Hebesatzschraube zu drehen. Das wäre den von der Pandemie gebeutelten Bürgern und Unternehmen auch nicht zuzumuten. Allerdings setzt Neuwied mit dem Knacken der 600er-Marke bei der Grundsteuer B einen neuen Rekord, der sogar bald noch überboten werden könnte. Denn in Kaiserslautern wird eine extreme Erhöhung der Grundsteuer B von 460 auf 680 Prozent diskutiert. Es stellt sich daher die Frage, wie viele Kommunen wohl noch vor der Umsetzung der Grundsteuerreform auf Basis des sog. Scholz-Modells die Gelegenheit zu einem sehr tiefen Griff in die Geldbeutel der Steuerzahler nutzen werden. Denn wie die Erfahrung lehrt, werden Erhöhungen so gut wie nie zurückgenommen. Auch in Hinblick auf die kommende Reform des kommunalen Finanzausgleichs empfiehlt der Steuerzahlerbund, von erhöhten Hebesätzen Abstand zu nehmen.

Hinweis: Den vollständigen Hebesatz-Vergleich können Sie als PDF-Datei herunterladen:

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