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Fast jede fünfte Kommune erhöht die Grundsteuer

Bund der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen e. V. / Presseinformation 01.10.2018, JV

Bund der Steuerzahler warnt vor Anhebungsspirale

Auch im Jahr 2018 drehen Niedersachsens Städte und Gemeinden wieder an der Grundsteuerschraube: Fast jede fünfte Kommune hat dieses Jahr den Hebesatz der Grundsteuer B angehoben. Vom Jahr 2016 gerechnet ist es sogar fast jede dritte. Damit setzt sich der Trend fort, die Konsolidierung kommunaler Haushalte zunehmend über Steuererhöhungen voranzutreiben. „Die Bürger stoßen bei den Belastungen durch Steuern und Abgaben an ihre Grenzen“, warnt Bernhard Zentgraf, Landesvorsitzender des Bundes der Steuerzahler und fordert die Kommunen dazu auf, stattdessen ihre Ausgaben stärker in Schach zu halten. Eine Mitverantwortung sieht Zentgraf jedoch auch beim Land Niedersachsen: „Solange der Kommunale Finanzausgleich Kommunen bestraft, die unterdurchschnittliche Hebesätze erheben, wird sich die Anhebungsspirale weiterdrehen“, fürchtet Zentgraf und fordert das Land auf, den Kommunalen Finanzausgleich zu reformieren. Auch dürfe die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene Reform der Grundsteuer nicht zu weiteren Belastungsverschärfungen missbraucht werden, so Zentgraf.

Nach der Gewerbesteuer ist die Grundsteuer B mit niedersachsenweit über 1,34 Mrd. Euro (2017) die aufkommensstärkste Realsteuer. Die Grundsteuer B wird auf alle bebaubaren und nicht land- oder forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke erhoben und ist – anders als die Gewerbesteuer – kaum anfällig für konjunkturelle Schwankungen. Ihr Aufkommen ist in Niedersachsen seit 2000 stetig um durchschnittlich 2,63 Prozent pro Jahr gewachsen. Die Aufkommenshöhe hängt in erster Linie von den Grundsteuerhebesätzen der Kommunen ab. Diese können durch die Wahl des Hebesatzes die ihnen zufließenden Grundsteuereinnahmen direkt beeinflussen.

Die regionalen Hebesätze der Gewerbesteuer B unterscheiden sich dabei zwischen den einzelnen Kommunen erheblich: Den geringsten Hebesatz erhebt mit 250 % die Gemeinde Gorleben, gefolgt von der Gemeinde Börger (270 %) und der Stadt Lohne (275 %) im LK VechtaVechta ist zugleich auch der Landkreis, in dem im Mittel die niedrigsten Hebesätze (313 %) erhoben werden, gefolgt vom LK Emsland (328 %), dem LK Oldenburg (335 %) und dem LK Ammerland (339 %). Den landesweit höchsten Hebesatz erheben mit 600 % die Landeshauptstadt Hannover sowie die Städte WilhelmshavenLaatzen und Seelze – allesamt Städte mit mehr als 30.000 Einwohnern. Zum Vergleich: Den geringsten Hebesatz in Städten mit mehr als 30.000 Einwohnern erhebt Vechta (280 %). Weiterhin für ihre Größenklasse deutlich unterdurchschnittliche Hebesätze erheben die Städte Lingen (Ems) (330 %), Nordhorn (390 %), Meppen (310 %), Cloppenburg (330 %) und Haren (Ems) (320 %) sowie die Gemeinden Edewecht (300 %), Bakum (290 %), Visbek (295 %) und der Flecken Diepenau (300 %). Im Nordwesten werden die Bürger eindeutig weniger stark mit Grundsteuern belastet als im Rest des Landes, stellt der Bund der Steuerzahler fest.

Kleinere Städte und Gemeinden erheben tendenziell geringere Hebesätze. In der Größenklasse bis 1.000 Einwohner liegt der mittlere Hebesatz bei 377 %. In der nächstgrößeren Klasse bis 2.000 Einwohner verlangen Waake (LK Göttingen) und Klein Berßen (LK Emsland) mit je 300 % die geringsten Grundsteuerhebesätze. Der Schnitt liegt hier bei 379 %. In den beiden kleinsten Größenklassen gibt es jedoch auch Gemeinden, die der Landeshauptstadt in nichts nachstehen: In der Inselgemeinde Baltrum (641 Ew) und in Dettum (LK Wolfenbüttel, 1.218 Ew) werden nämlich ebenfalls 600 % fällig. In der Klasse der kreisfreien Städten ist die Stadt Salzgitter positiv hervorzuheben, die mit 430 % einen deutlich geringeren Satz erhebt als der Durchschnitt (499 %). Für ihre Größenklasse deutlich überdurchschnittlich langen die Städte Göttingen (590 %), Bad Bevensen (530 %), Clausthal-Zellerfeld (525 %) und Rethem (Aller) (500 %) zu. Auch die Gemeinden Uetze (Region Hannover, 505 %) und Lilienthal (LK Osterholz, 480 %) erheben für ihre Klasse überdurchschnittlich hohe Hebesätze.

Unabhängig von der Größe der Städte und Gemeinden sieht der Bund der Steuerzahler einen Trend zu steigenden Hebesätzen bei der Grundsteuer B. Während 2017 noch rund jede achte Kommune den Hebesatz angehoben hat (12,2 %) war es 2018 bereits jede fünfte Kommune (18,3 %). Die stärkste Anhebung fand mit 180 Prozentpunkten (PP) in der Gemeinde Dettum statt, wo der Satz auch schon 2017 um 20 PP angehoben wurde. Dahinter folgen Winsen/Aller(+160 PP), Wangerooge (+140 PP), Neukamperfehn (LK Leer, +135 PP) und Haste (LK Schaumburg, +120 PP). Insgesamt acht Kommunen hoben den Satz um 100 PP an, darunter auch die Stadt Bad Nenndorf. Dem steht 2018 landesweit nur eine einzige Hebesatzsenkung gegenüber: Die Gemeinde Frankenfeld im LK Heidekreis hat ihren Hebesatz um 30 PP auf 490 % gesenkt, womit sie allerdings immer noch deutlich über dem Schnitt der Gemeinden mit weniger als 1.000 EW liegt. Im Jahr 2017 haben immerhin noch sieben Kommunen den Hebesatz gesenkt, darunter die Städte Gronau (Leine) und Friesoythe und die Gemeinden Friedland (LK Göttingen) und Eicklingen im LK Celle (alle -20 PP).

Rechenexempel: Finanzielle Auswirkungen einer Anhebung des Hebesatzes:
Bei einem Einheitswert von 40.000 Euro (für ein freistehendes Einfamilienhaus in ländlicher Gegend) geht mit einer Anhebung um 100 Prozentpunkte schon eine jährliche Mehrbelastung von 105,49 Euro einher. Bei einer Anhebung wie in Dettum (+180 PP) sind das jährlich schon 189,88 Euro mehr – eine Mehrbelastung von 42,9 Prozent! 

Der Trend steigender Hebesätze bestätigt sich für den Bund der Steuerzahler auch durch den Blick auf die Entwicklung des gewogenen Durchschnittshebesatzes. Seit dem Jahr 2000 ist dieser durchschnittlich um 4 Prozentpunkte jährlich gewachsen. Einerseits verdeutlicht dies die jährlich steigende Steuerbelastung der Bürger, andererseits drückt sich hierin ein Fehlanreiz des Kommunalen Finanzausgleichs aus: Gemeinden, deren örtlicher Hebesatz unter dem gewogenen Durchschnittshebesatz liegt, werden bei der Zuteilung der Schlüsselzuweisungen im Finanzausgleich systematisch benachteiligt. Sie erhalten zu geringe Finanzzuweisungen des Landes. Die betroffenen Gemeinden heben ihre Hebesätze daher entsprechend an. Hierdurch erhöht sich wiederum der Durchschnittshebesatz und weitere Kommunen heben ihre Sätze an – es besteht eine Anhebungsspirale. Damit sich diese nicht unaufhörlich weiterdreht, muss das Land dringend nachbessern, etwa durch die Anwendung fixierter Nivellierungshebesätze im Finanzausgleich.

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