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Gutachteritis auf hohem Niveau

Bund der Steuerzahler Baden-Württemberg e. V. / Meldungen 05.04.2018

Land informiert über Gutachtenvergabe

Im Jahr 2005 schlug der Landesrechnungshof im Rahmen einer beratenden Äußerung Alarm. Er bemängelte die hohe Zahl der von den Ministerien des Landes Baden-Württemberg in Auftrag gegebenen Gutachten. Der Landesrechnungshof stellte fest, dass von Januar 2000 bis April 2004 insgesamt 386 Gutachten vergeben wurden. Das Gesamtvolumen belief sich auf 22,1 Millionen Euro.

Mitte 2016 legte der Landesrechnungshof nach und veröffentlichte die Untersuchungsergebnisse über die Auftragsvergabe in den Jahren 2012 und 2013. Für die Landesregierung waren die Ergebnisse alles andere als schmeichelhaft, denn an den Ergebnissen der ersten Untersuchung hatte sich nicht viel geändert.

Daraufhin wurde der Landtag aktiv und hat die Landesregierung aufgefordert über die Gutachtenvergabe der Jahre 2014 bis 2016 zu berichten. Der Bericht wurde Ende des vergangenen Jahres vorgelegt, und es hat sich gezeigt, dass das Land noch immer zahlreiche Gutachten vergibt. Die Steuerzahler finanzieren nach wie vor Gutachten in großem Stil.

Unterschiede zwischen den Ministerien

  

Über alle Ressorts hinweg wurden im Jahr 2014 Gutachten mit einer Auftragssumme von 11,7 Millionen Euro vergeben. Im Folgejahr waren es 19,1 Millionen Euro, im Jahr 2016 dann 13,44 Millionen Euro. Damit verfestigt sich die hohe Anzahl von Gutachten. In den Jahren 2008 bis 2011 wurden stets weniger als 10 Millionen Euro pro Jahr ausgegeben, seit dem Jahr 2012 liegen wir permanent darüber.

Über die Jahre 2014 bis 2016 wurden zwei Drittel der Gutachten von den Ministerien selbst vergeben und ein Drittel im nachgeordneten Bereich. Man könnte meinen, dass ein Großteil der Gutachten im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik vergeben wird, aber dieser Eindruck wäre falsch. Nicht einmal zehn Prozent der Ausgaben für Gutachten gehen in diesen Bereich.

Insgesamt gibt es zwischen den Ministerien erhebliche Unterschiede bei der Auftragsvergabe. Im Jahr 2014 reichte die Spanne zwischen dem Kultusministerium, das 413,64 Euro für eine rechtliche Beratung im Landesmedienzentrum ausgegeben hat bis zum Wissenschaftsministerium, das in einem Jahr 3,1 Millionen Euro für die Gutachtenvergabe verausgabt hat. Von diesen 3,1 Millionen Euro fielen allerdings der mit Abstand größte Teil im nachgeordneten Bereich an, also bei den Universitäten und Hochschulen, den Museen und Staatstheatern.

Auch im Jahr 2015 zeigte sich das Kultusministerium am bescheidensten mit einem Auftragsvolumen von 18.148 Euro. Erneut musste juristischer Sachverstand eingeholt werden. Am anderen Ende der Skala stand das Verkehrsministerium, das 6,4 Millionen Euro an externe Berater verausgabt hat, davon alleine 4,4 Millionen Euro für Beratungsleistungen im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren im Schienenpersonennahverkehr. Es folgt das Umweltministerium mit einer Auftragsvergabe in Höhe von 4,75 Millionen Euro. Hier reicht die thematische Spanne von Erstellung einer Grundpositionierung zum Thema Ausschreibungen für erneuerbare Energien, über die Erstellung eines Energieberichtes für Baden-Württemberg bis hin zur Beratung bei der Nachhaltigkeitsstrategie. Allein für Letzteres wurden 2,4 Millionen Euro bezahlt.

Im Jahr 2016 haben die Ressorts Wissenschaft und Verkehr am meisten verausgabt. Das Justizministerium am wenigsten.

"Fachlicher Offenbarungseid"

Alles diese externen Gutachten mögen im Einzelnen ihre Berechtigung haben, in der Gesamtschau sind sie es nicht. Der Landesrechnungshof hat vor zwei Jahren erneut ausgeführt, dass 85 Prozent der Beratungsleitungen aufgrund mangelnden Fachwissens oder mangelnder Personalressourcen vergeben wurden. Dies kommt "einem fachlichen Offenbarungseid gleich".

Vertieft hat der Landesrechnungshof das unter der Überschrift "Vollkaskomentalität". Er führt aus, dass das Land zahlreiche Beratungsleistungen eingekauft hat, um bereits erstellte Sachverhaltsbewertungen extern prüfen zu lassen. Und zwar meist im juristischen Bereich. Das Know-How der Landesbediensteten sollte aber ausreichend sein, um selbsterarbeitete Entscheidungsgrundlagen auch eigenständig vertreten zu können, so die Rechnungsprüfer.

Dieser Kritik schließt sich der Steuerzahlerbund an. In den Ministerien arbeiten tausende von qualifizierten Mitarbeitern. Ihre Fähigkeiten sollten zunächst genutzt werden und ihren Ergebnissen sollte vertraut werden. Wenn solche Appelle nicht fruchten bleibt nur eines: Die Gutachtenvergabe muss auf einen bestimmten jährlichen Betrag gedeckelt werden.

 

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Daniel Bilaniuk
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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