Wieviel Fußball-EM können wir uns leisten?
BdSt zu Ergebnissen der Mai-Steuerschätzung
Zersplitterte Ministerialbürokratie
Wir nehmen 30 Jahre Berlin/Bonn-Gesetz unter die Lupe
Im März 1994 hatte der Bundestag das Berlin/Bonn-Gesetz beschlossen. Das Gesetz war dafür gedacht, den Regierungssitz von Bonn nach Berlin zu verlagern und u. a. die Aufteilung der Bundesministerien zwischen Rhein und Spree mit der Maßgabe zu regeln, dass 6 Ministerien weiterhin ihren Hauptsitz in Bonn haben und die Ministerien insgesamt mehr Arbeitsplätze in der Region Bonn haben müssen als in Berlin. Konkret fordert das Gesetz eine „dauerhafte und faire Arbeitsteilung zwischen der Bundeshauptstadt Berlin und der Bundesstadt Bonn“, weshalb die Region Bonn etliche Bundesbehörden und viele Milliarden Euro als Finanzausgleich erhalten hat. Drei Jahrzehnte später machen wir nochmal eine Bestandsaufnahme.
Unser Fazit: Im Laufe der Jahre ist das Berlin/Bonn-Gesetz zu einer leeren Hülle verkommen, dessen Maßgaben sowohl vom Bundestag als auch von der Regierung missachtet werden. Denn: Schon seit 2008 sind mehr Ministerialbeamte in Berlin im Einsatz als in Bonn. Die Schere geht immer weiter auseinander – zuletzt waren rund 73 Prozent des Personals an der Spree ansässig. Auch Neueinstellungen finden fast ausschließlich in den Berliner Ministerien statt. Trotz des Hauptstadt-Fokus bei den Ministerialbeamten verursacht die gesetzlich verordnete Zwangsteilung der Regierung erhebliche Reibungsverluste. Das Pendeln zwischen beiden Städten erschwert nicht nur die ministerielle Abstimmung, sondern auch die Zusammenarbeit mit Bundestag und Bundesrat, die ebenfalls in Berlin residieren. Eigene Berichte der Bundesregierung legten in der Vergangenheit 40.000 teilungsbedingte Video-Konferenzen pro Jahr offen und sprachen von 500 zusätzlichen Pendler-Büros. Hinzu kommt der immer wieder vernehmbare Unmut der Pendler, die es in Hochphasen auf bis zu 20.000 teilungsbedingte Dienstreisen pro Jahr gebracht haben – auch mit Blick auf die enormen Arbeitszeitverluste und steigende Reisekosten.
Zugleich entwickelt sich die Region Bonn seit vielen Jahren prächtig. Die Beschäftigung steigt stetig, die Region hat sich als politisches Zentrum für internationale Organisationen etabliert und auch mit den DAX-Konzernen Telekom und Deutsche Post DHL, mit mehr als 20.000 Mitarbeitern vor Ort, ist Bonn gut gerüstet.
Unsere Forderung: Für den BdSt gehört das Berlin/Bonn-Gesetz auf den Prüfstand. Die Steuerzahler fordern zurecht ein effektives und sparsames Regierungshandeln – erst recht in Zeiten großer Haushaltsnöte. Bisher diskutieren Regierung und Bundestag jedoch nur alle zwei Jahre hinter verschlossenen Türen über einen Teilungskostenbericht, der nur unsystematisch die Kosten der geteilten Regierung auflistet. Nunmehr ist es Zeit für einen Realitäts- Check des Gesetzes, der umfassend und transparent die Gesamtkosten der Zwangsteilung ausweist – die nach BdSt- Schätzung durchaus 20 Mio. Euro pro Jahr betragen können. Ein Konzept für einen Komplett-Umzug aller Ministerien nach Berlin gehört dann dazu.