Pressemitteilung des Vorstandes u. Verwaltungsrates des BdSt Sachsen-Anhalt e.V.
Hebesatz-Vergleich für Rheinland-Pfalz
XXL-Ausgaben im Regierungsviertel
Kostensteigerungen bei mehreren Bauvorhaben für den Deutschen Bundestag
Auch mehr als 20 Jahre nach dem Umzug des Parlaments von Bonn nach Berlin wird im Regierungsviertel an der Spree fleißig gebaut. Rund um das Reichstagsgebäude werden noch immer Gebäude für den Deutschen Bundestag errichtet und alte Gebäude hergerichtet. Als Bund der Steuerzahler haben wir uns die aktuellen Bauprojekte angesehen. Dabei fällt auf: Immer wieder laufen die Kosten aus dem Ruder. Am Ende war manche Sanierung – gemessen am Preis pro Quadratmeter – teurer als die Sanierung des repräsentativen Reichstagsgebäudes selbst. Eine Übersicht:
Neubauten
Schadowstr. 4
An der Dorotheenstraße/Ecke Schadowstraße wird ein Verwaltungsgebäude neu errichtet. In dem Neubau sollen später – neben Büros – auch eine Kantine mit Cafeteria und eine betriebsärztliche Praxis unterkommen. Zudem wird eine unterirdische Energiezentrale errichtet. Ursprünglich sollte der Bau 2022 fertiggestellt werden. 41 Mio. Euro waren dafür zunächst im Bundeshaushalt eingestellt – damals noch ohne Planungen für die Energiezentrale. Nach aktuellen Planungen soll der Bau 2025 fertig werden und rund 121 Mio. Euro kosten. Kostensteigerung: rund 190 Prozent.
Mehr Informationen zum Fall hier auf schwarzbuch.de: https://www.schwarzbuch.de/aufgedeckt/steuergeldverschwendung-alle-faelle/details/verwaltungsgebaeude-inkl-energiezentrale
„Elisabeth-Selbert-Haus“
An der einstigen Prachtstraße „Unter den Linden“ entsteht ein Büroneubau mit rund 200 Büros für den Deutschen Bundestag. Auch die „Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung“ soll in dem Gebäude unterkommen. Ursprünglich sollte das Haus 2024 übergeben werden; im Bundeshaushalt waren zunächst rund 28 Mio. Euro eingeplant. Derzeit sind – inklusive Abriss eines Gebäudes aus den 1960er Jahren – rund 73 Mio. Euro eingeplant. Auf BdSt-Nachfrage wurde zudem bekannt: Der Neubau wird vermutlich später fertig und nochmals teurer. Kostensteigerung bisher: rund 160 Prozent.
Mehr Informationen zum Fall hier auf schwarzbuch.de: https://www.schwarzbuch.de/aufgedeckt/steuergeldverschwendung-alle-faelle/details/probleme-bei-bueroneubau-im-regierungsviertel
Erweiterungsbau Marie-Elisabeth-Lüders-Haus
Eine Dauerbaustellte ist der Erweiterungsbau des „Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses“. Seit mehr als einer Dekade wird an dem Gebäude am Spreebogen gebaut. Eigentlich sollte das Haus mit Büros und Räumen für Besprechungen, Versammlungen und Ausstellungen sowie einem öffentlich zugänglichen Café mit Spree-Blick 2014 übergeben werden. Nach jüngsten Meldungen soll dies nun 2024 passieren – also 10 Jahre später als geplant. Derweil sind die Kosten explodiert. Zunächst waren 86 Mio. Euro veranschlagt, aktuell sind es 332 Mio. Euro. Kostensteigerung: rund 290 Prozent.
Mehr Informationen zum Fall hier auf schwarzbuch.de: https://www.schwarzbuch.de/aufgedeckt/steuergeldverschwendung-alle-faelle/details/dauerbaustelle-im-regierungsviertel
Sanierungen
Dorotheenstraße 90
In der Dorotheenstraße 90 wurde ein historisches Gebäude saniert, um dort Teile der Verwaltung für den Deutschen Bundestag unterzubringen. 2015 wurde mit der Sanierung des unscheinbaren Klinkerbaus begonnen, die bereits im kommenden Jahr hätte beendet sein sollen. Es kam zu Verzögerungen, da das Gebäude wider Erwarten kernsaniert werden musste. So konnte das Haus letztlich erst 2021 wieder genutzt werden. Die Kosten stiegen von zunächst veranschlagten rund 11 Mio. Euro auf fast 35 Mio. Euro. Kostensteigerung: rund 230 Prozent.
Mehr Informationen zum Fall hier auf schwarzbuch.de: https://www.schwarzbuch.de/aufgedeckt/steuergeldverschwendung-alle-faelle/details/teure-sanierung-von-verwaltungsgebaeude
Neustädtische Kirchstraße 4 – 5
An der Neustädtischen Kirchstraße 4-5 wird ein Gebäude mit wechselhafter Geschichte für den Deutschen Bundestag hergerichtet. Nach der Wiedervereinigung beherbergte es viele Jahre die US-Botschaft. Geplant war, das sanierte Gebäude 2021 dem Deutschen Bundestag zu übergeben. Doch noch heute wird saniert. Nun soll der Bau erst 2024 fertig sein. Wie so oft bei Verzögerungen, sind auch die Kosten gestiegen. Waren anfangs rund 27 Mio. Euro für das Projekt veranschlagt, sind es nun rund 81 Mio. Euro. Kostensteigerung: rund 200 Prozent.
Mehr Informationen zum Fall hier auf schwarzbuch.de: https://www.schwarzbuch.de/aufgedeckt/steuergeldverschwendung-alle-faelle/details/laeuft-schief-sanierung-der-ehemaligen-us-botschaft
Häufige Ursachen der Kostensteigerungen: BdSt-Kritik und Appell
Die Gründe für den teils massiven Anstieg der Kosten sind verschieden. Jedes Bauprojekt hält seine eigenen Herausforderungen und Überraschungen bereit. Gleichwohl gibt es zu kritisierende Muster, die immer wieder zu erkennen sind.
Erstens fällt auf, dass die Mittel für einige Projekte bereits im Bundeshaushalt eingestellt waren, bevor überhaupt eine detaillierte Planung vorlag. Eine solide Grundlage für eine verlässliche Planung der Ausgaben war dies offenbar nicht. Das ist ein Problem, da einmal beschlossene Projekte in der Regel nicht mehr gestoppt werden. Es ist also nicht auszuschließen, dass Bauprojekte realisiert werden, denen die Abgeordneten nicht zugestimmt hätten, wenn sie von Anfang an über die tatsächlichen Kosten Bescheid gewusst hätten. Zweitens wurden die Bausubstanz und enthaltene Schadstoffen im Vorfeld teils falsch eingeschätzt. Und drittens fällt auf, dass Verzögerungen mit ziemlicher Sicherheit auch zu höheren Kosten für die Steuerzahler führen.
Deshalb unser Appell: Mittel für die Bauprojekte sollten erst dann in den Bundeshaushalt eingestellt werden, wenn die Planungen detailliert genug sind, um die Kosten realistisch abschätzen zu können. Ein proaktives Risikomanagement kann helfen, Kosten- und Terminrisiken zu reduzieren. Wichtig ist, dass Termine möglichst eingehalten werden – andernfalls laufen auch die Kosten aus dem Ruder.
Warum wird immer mehr gebaut?
Ein Parlamentsbetrieb bedeutet stets viel Personal. Die historisch vielen 736 Abgeordneten dieser 20. Wahlperiode haben zusammen mehr als 5.000 Mitarbeiter. Zudem arbeiten rund 3.100 Menschen in der Bundestagsverwaltung. Hinzu kommen Mitarbeiter der Fraktionen. Vor allem durch die beiden jüngsten Bundestagswahlen ist die Anzahl der Mitglieder des Deutschen Bundestags deutlich gestiegen – und somit der Bedarf an Büros. Daher dürfte die nach wie vor hohe Bauaktivität für den Deutschen Bundestag auch mit der stetig gewachsenen Zahl der Abgeordneten und des Personals insgesamt zusammenhängen.