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Vollzugsdefizit bei der Hundesteuer
Rechtsanwalt bestätigt Einschätzung des Bundes der Steuerzahler
Der Bund der Steuerzahler hatte bereits Anfang 2013 ein massives Vollzugsdefizit bei der Erhebung der Hundesteuer in Berlin kritisiert und deswegen ihre Verfassungsmäßigkeit in Frage gestellt. Ein Rechtsanwalt aus Eisenhüttenstadt kommt nun in einer Veröffentlichung zu ganz ähnlichen Ergebnissen und spricht von systematischen Mängeln.
Der Bund der Steuerzahler hatte bereits Anfang 2013 anhand von Zahlen der Senatsverwaltung für Finanzen nachgerechnet, dass selbst für jeden fünften steuerlich erfassten Hund keine Hundesteuer abgeführt wurde und war anhand von Schätzungen über die tatsächliche Hundezahl zu dem Ergebnis gekommen, dass mindestens fast jeder zweite Hund ohne Steuermarke herumläuft.
Ein internes Dankesschreiben der Senatsverwaltung für Finanzen an die Innenverwaltung aus dem Jahr 2011 hatte später belegt, dass es um die Steuerehrlichkeit zahlreicher Hundehalter offenbar noch schlechter bestellt war. Aus dem Schreiben ging hervor, dass bei immerhin 59,4 Prozent der Kontrollmitteilungen bei den Hundesteuerstellen die Hunde steuerlich nicht angemeldet waren. Der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler Berlin, Alexander Kraus, hatte damals hochgerechnet, dass dem Land Berlin im Jahr 2012 durch nicht gezahlte Hundesteuern über 15 Millionen Euro entgangen sein dürften.
Mit seiner Veröffentlichung „Zum strukturellen Vollzugsdefizit am Beispiel der Hundesteuer – Eine empirische Untersuchung des Steuervollzugs in Berlin“ hat sich jetzt der Rechtsanwalt Matthias Trinks aus Eisenhüttenstadt dem Thema gewidmet und kommt auch heute noch zu ganz ähnlichen Ergebnissen, wie der Bund der Steuerzahler damals. Systemische Mängel im Hundesteuervollzug hätten sich über die Jahre derart intensiviert und verfestigt, dass schlicht ein Vollzugsausfall festzuhalten sei. Es werde nur ein Bruchteil der steuerpflichtigen Hundehaltungen behördlich erfasst. Das Entdeckungsrisiko sei marginal. Allein aufgrund der empirisch belegten Ausmaße sei ein solcher Zustand mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Lastengleichheit unvereinbar. Dem Gesetzgeber empfiehlt der Autor den Verzicht auf die Erhebung der Hundesteuer oder die erhebliche Intensivierung von Kontrollmaßnahmen.
Neben der umfangreichen rechtlichen Würdigung der einschlägigen Rechtsprechung zum Vollzugsdefizit bei der Steuererhebung kommt Trinks bei seiner Analyse sogar zu noch höheren Schätzungen des Hundebestands in Berlin, als damals der Bund der Steuerzahler. Während Ende 2021 in Berlin offiziell nur insgesamt 123.915 Hunde steuerlich gemeldet waren, kommt er je nach statistischem Ansatz zu Schätzungen von bis zu 300.000 oder sogar 500.000 Hunden, die in Berlin leben könnten. Insgesamt implizierten die Erhebungen, dass Ende 2021 deutlich weniger als die Hälfte aller privaten Hundehaltungen steuerlich registriert war, folgert Trinks. Für diese Einschätzung sprechen auch die Zahlen der Senatsverwaltung für Finanzen, die er tabellarisch für die Jahre 2006 bis 2021 zusammengetragen hat. Demnach erfolgten in fast allen Jahren in rund 50 Prozent der Steuerfälle Nacherfassungen zu den Kontrollmitteilungen. Das gesamte Hundesteueraufkommen belief sich 2021 auf knapp 13,6 Millionen Euro. Die damalige Schatzung des Bundes der Steuerzahler zu den entgangenen Hundesteuereinnahmen passt also auch heute noch ungefähr.
Insgesamt sieht der Bund der Steuerzahler die Hundesteuer als Bagatellsteuer kritisch. Schon 1980 hatte das Karl-Bräuer-Institut (heute: Deutsches Steuerzahlerinstitut) des Bundes der Steuerzahler in seiner Schrift 45 in Frage gestellt, ob die Hundesteuer dem Ziel der Eindämmung der Hundehaltung und der damit „verbundenen Belästigungen und Gefahren für die Allgemeinheit“ diene. Damals sei jedenfalls keine Korrelation zwischen der Höhe der Hundesteuer und der Zahl der gehaltenen Hunde erkennbar gewesen, selbst bei „prohibitiv“ wirkenden Hundesteuern. Dieser Prohibitiveffekt müsste auf jeden Fall mit sozial ungerechten Belastungswirkungen erkauft werden, da dieser nicht die Leistungsfähigkeit des Hundehalters berücksichtige. Auch das Deutsche Steuerzahlerinstitut (DSi) fordert heute noch in seiner Schrift 1 Bausteine für eine Reform des Steuersystems: „Alle Bagatellsteuern sollten grundsätzlich abgeschafft werden.“
Weiterführende Links:
Trinks, Matthias. "Zum strukturellen Vollzugsdefizit am Beispiel der Hundesteuer"
Steuer und Wirtschaft - StuW, vol. 99, no. 4, 2022, pp. 363-369.
https://doi.org/10.9785/stuw-2022-990412
Sondierungsrunden mit Bürgern sollen neues Hundegesetz vorbereiten
Verbraucherschutzsenat im Bello-Dialog
Transparent Landesbeilage Berlin 12/2012
Bello-Dialog: Bürgerbeteiligung zum neuen Hundegesetz
Vollzugsdefizit bei der Hundesteuer aufgedeckt
Transparent Landesbeilage Berlin 02/2013
Bürger schließen ihre Arbeit ab
Sondierungsrunden zum Bello-Dialog
Transparent Landesbeilage Berlin 03/2013
Hundesteuer wird nicht durchgesetzt
Wie eine Bagatellsteuer zur freiwilligen Spende verkommt /
Laut Rechnungshof Defizite bei der Festsetzung
Transparent Landesbeilage Berlin 12/2016
Mit Kanonen auf Katzen geschossen
Diskussion um Katzensteuer
Transparent Landesbeilage Berlin 03/2017
Pressenennungen zur Hundesteuer:
tv.berlin, 13.02.2017
Ist eine Katzensteuer sinnvoll?
Alexander Kraus, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler Berlin e.V. erklärt im Gespräch mit tv.berlin, warum mit Blick auf die Hundesteuer eine Katzensteuer nicht sinnvoll ist.
http://bit.ly/katzensteuer
rbb-Abendschau, 20.02.2013
Der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler weist in der Berliner Abendschau auf auf das Vollzugsdefizit bei der Hundesteuer im Zusammenhang mit der Diskussion um den Bello-Dialog hin.
www.rbb-online.de/abendschau/archiv/archiv.media.!etc!medialib!rbb!rbb!abendschau!abendschau_20130220_hund.html (Zeitindex 2:27 Min.)
Tagesspiegel, 19.02.2013
...Das sieht Alexander Kraus, der als Vorstandsvorsitzender des Berliner Bundes der Steuerzahler am Bello-Dialog teilnahm, ähnlich. Vor allem ärgert den Volkswirt, dass das Thema Hundesteuer in den Beratungen kaum eine Rolle gespielt habe. So hätten beispielsweise im Jahr 2012 gut 900 durchgeführte Kontrollen der Ordnungsämter bei Hundebesitzern ergeben, dass nur gut 40 Prozent aller kontrollierten Hunde überhaupt steuerlich gemeldet waren. Kraus geht davon aus, dass dem Land Berlin auf diese Weise jährlich etwa 15 Millionen Euro Steuereinnahmen entgehen. ...
www.tagesspiegel.de/berlin/ergebnis-des-bello-dialogs-leinenpflicht-fuer-berliner-hunde/7808236.html
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