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Verfassungswidrige Steuergesetze

Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e. V. / Newsticker Nordrhein-Westfalen 17.10.2021

Politik setzt auf das Bundesverfassungsgericht

In den vergangenen Jahrzehnten sind zahlreiche Regelungen in den Steuergesetzen von Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestufte worden. Dazu zählen u.a.:
Entscheidung zum Kinderfreibetrag vom 29. Mai 1990
Entscheidung zum Grundfreibetrag vom 25. September 1993
Entscheidung zur Erbschaftsteuer vom 7. November 2006
Entscheidung zur Grundsteuer vom 10. April 2018
Entscheidung zur Vollverzinsung vom 8. Juli 2021

Alle Entscheidungen betrafen in der Regel rückwirkende Besteuerungszeiträume. Allerdings räumt das Verfassungsgericht in allen Entscheidungen dem Gesetzgeber einen Übergangszeitraum ein (so genannte pro-futuro-Rechtsprechung), um eine Korrektur der Gesetze herbeizuführen.
Diese pro-futuro-Rechtsprechung geht allerdings zu Lasten aller, die jahrelang zu viel oder falsch ermittelte Steuern gezahlt haben.
Dies ist dem Steuergesetzgeber leider allzu bewusst, so dass mitunter schon bei der Verabschiedung der Gesetze billigend in Kauf genommen wird, dass das Gesetz später vom Verfassungsgericht eingezogen wird. Denn das Bundesverfassungsgericht hat fast immer auch die Staatsfinanzen im Blick. Zitat aus der Entscheidung zur Höhe des Zinssatzes bei den Nachzahlungszinsen: „Aus besonderem Grund, namentlich im Interesse einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs für Zeiträume einer weitgehend schon abgeschlossenen Veranlagung hat das Bundesverfassungsgericht allerdings wiederholt die weitere Anwendbarkeit verfassungswidriger Normen für gerechtfertigt erklärt.“ 
Dies liegt auch daran, dass die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes teilweise Jahre auf sich warten lassen. So ist der Musterprozess des Bundes der Steuerzahler zum Solidaritätszuschlag bereits seit dem Jahr 2014 anhängig. Und so ist zu befürchten, dass es auch bei einer möglichen Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlages und einer möglichen Doppelbesteuerung der Rente zu keiner rückwirkenden Änderung des entsprechenden Gesetzes kommt. Abhilfe könnte ein neuer dritter Senat beim Bundesverfassungsgericht schaffen, der sich ausschließlich mit Steuern und Abgaben befasst.
Zweifelhaftes Rechtsverständnis
Den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern stellt sich daher nicht zu Unrecht die Frage, welchem Rechtsverständnis politische Entscheidungen unterliegen, die verfassungswidrig sind. Am Beispiel des Zinssatzes von 6 Prozent hätte der Gesetzgeber aufgrund der langen Dauerniedrigzinsphase schon längst den Zinssatz anpassen müssen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass unser Musterprozess zum kalkulatorischen Zinssatz bei den Abwassergebühren in NRW ähnlich gelagert ist.
Hans-Ulrich Liebern, [email protected]

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