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Überlegungen zur Zukunft des ÖPNV aus Sicht der Steuerzahler

Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e. V. / Newsticker Nordrhein-Westfalen / Meldungen 02.01.2023, Markus Berkenkopf, [email protected]

Marode Brücken, überlastete Schienen und tägliche Staus in Rekordlänge. Der Status quo der Verkehrsinfrastruktur ist vielerorts besorgniserregend. Vor allem die Instandhaltung, aber auch ein bedarfsgerechter Ausbau sind von großer Bedeutung für die Entwicklung einer zukunftsfähigen Mobilität. Die Mobilitätsbedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger wandeln sich. Klimaschutz-aspekte unter beispielsweise Verzicht auf einen (eigenen) Pkw rücken immer häufiger in den Fokus. Der verstärkte Umstieg vom motorisierten Individualverkehr auf Bus und Bahn wird jedoch nur erfolreich gelingen, wenn neben einem eng getakteten Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln auch die Ticketpreise angemessen, nachvollziehbar und erschwinglich sind. 

9-Euro-Ticket
Das 9-Euro-Ticket erfreute sich in den drei Geltungsmonaten von Juni bis August 2022 großer Beliebtheit. Das ausgerufene Ziel, den Autoverkehr „zurückzufahren“ und damit auch an der Tankstelle zu sparen, wurde nicht erreicht. Obwohl „die Bürgerinnen und Bürger durch ein verbilligtes ÖPNV-Ticket […] unmittelbar von den stark steigenden Energiekosten“ entlastet werden sollten, wie der Bundesverkehrsminister Ende April in einer Vorlage zum 9-Euro-Ticket an seine Kabinettskollegen schrieb. In ländlichen Gebieten war die Resonanz „überschaubar“, was mit einem unzureichenden ÖPNV-Angebot begründet wurde. Dennoch flammte die Diskussion für ein „günstiges“ Nachfolgeticket auf und die Zeit für ein „49-Euro-Ticket“ scheint ganz nah zu sein. Anfang November einigten sich der Bund und die Bundesländer, möglichst schnell ein solches deutschlandweites Ticket für die Busse und Bahnen des Öffentlichen Personennahverkrs einzuführen und sich die Kosten dafür zu teilen. Nach aktuellem Stand soll es das monatlich kündbare Ticket als App und Plastikkarte geben.

Ländliche Gebiete 
Eine besondere Herausforderung ist die ÖPNV-Nutzung in ländlichen Gebieten. Geringe Auslastungen führen eher zu Angeboten in On-Demand-Verkehren oder Anruf-Sammel-Taxen. Enge Taktungen sind Fehlanzeige – der Bedarf ist schlicht ein anderer als in größeren Städten und Ballungsgebieten. Das heißt nicht, dass eine Fahrt in der Großstadt zwingend den gleichen Preis haben muss wie eine Fahrt im ländlichen Raum. Vielmehr sollten vergleichbare Strecken den gleichen Preis haben. Analoges gilt für andere Raumtypen. 
 

Tarifdickicht in NRW
In Münster gibt es bereits ein 49-Euro-Ticket. Allerdings ist dies auf das Stadtgebiet beschränkt. Unter anderem ist ganztätig die Fahrradmitnahme ohne Zuschlag möglich. Der Kostendeckungsgrad lag im Jahr 2019 bei 71,5 Prozent. Vereinfacht gesagt, muss jede Fahrt mit fast 30 Prozent aus allgemeinen Steuermitteln bezuschusst werden. In Monheim am Rhein ist der ÖPNV kostenlos – wird dort zumindest gesagt. Ein vergleichbares Monatsticket würde 73 Euro kosten. Die Stadt Monheim am Rhein hat für die ÖPNV-Nutzung den sogenannten „Monheim-Pass“ an die Einwohnerinnen und Einwohner verteilt. Der „Monheim-Pass“ dient als Fahrausweis und soll in Zukunft auch zur Buchung und Abrechnung von Car- bzw. Bikesharing-Angeboten genutzt werden können. Für gelegentliche Fahrten in das Umland müssen Anschlusstickets erworben werden. Ticket-Abonnements (mit Ausnahme von Semestertickets) werden mit bis zu 40 Euro monatlich bezuschusst. In den vergangenen Jahren subventionierte die Stadt Monheim am Rhein den ÖPNV mit etwa 5,5 Millionen Euro pro Jahr. Mit der Einführung des „kostenlosen“ ÖPNV wird erwartet, dass die jährlichen Zuschüsse bei rund neun Millionen Euro liegen werden. Kostenlos ist der Monheim-Pass demnach nicht. Bei einem jährlichen Zuschuss aus dem Stadthaushalt zahlen die Steuerzahler jährlich etwa 209 Euro je Einwohner der 43.000-Seelen-Stadt.

Flexibilität bei der Wahl der Bus- oder Bahnlinien verhindert die Wabenstruktur bei den Tarifen erfolgreich. Wer zum Beispiel von Düsseldorf nach Mülheim an der Ruhr reisen möchte, kann entweder über Duisburg oder über Essen fahren. Das muss der Reisende vor der Fahrt entscheiden, denn er muss unterschiedliche Tickets lösen. Hat er sich für die Fahrt über Duisburg entschieden und die S-Bahn fällt aus, kann er mit dem gekauften Ticket nicht die S-Bahn über Essen als Alternative nutzen.
Vollends unübersichtlich wird es für Uneingeweihte, wenn ihre Fahrt sie von einem Verkehrsverbund in den nächsten führt. Wer von Düsseldorf nach Köln fährt und damit die Grenze zwischen dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) und dem Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) überquert, braucht ein Zusatzticket.  Am Fahrkartenautomaten ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich, ob der Fahrgast zunächst ein „normales“ VRR-Ticket kaufen und das Zusatzticket extra lösen muss oder ob der Aufschlag in einem Ticket nach Köln bereits enthalten ist. Sich während einer ruckeligen Fahrt in der Straßenbahn mit dem Tarifdickicht an einem störrischen Automaten auseinanderzusetzen, macht die Entscheidung leicht, beim nächsten Mal das Auto zu nutzen.

Finanzierungsdschungel
Der Bundesrechnungshof hat Anfang des Jahres die Finanzierung des ÖPNV kritisiert und erheblichen Reformbedarf angemahnt „ÖPNV ist grundsätzlich Länderaufgabe. Zugleich finanziert der Bund den ÖPNV jährlich mit einem zweistelligen Milliardenbetrag. Das Grundproblem – der Bund verursacht einen seit Jahren wachsenden Förderdschungel – bleibt bisher ungelöst. Er schuf zahlreiche Gesetze, finanzielle Verflechtungen zwischen staatlichen Ebenen, Vorgaben und Fördertatbestände. Der ÖPNV verstrickt sich immer mehr in diesen komplexen Strukturen. Die Länder lassen die Bundesmittel teilweise ungenutzt“, so in der Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof (Bundestagsdrucksache 20/599).
Über das Regionalisierungsgesetz und das Gesetz über Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden (Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz) stellt der Bund Mittel zur Finanzierung des ÖPNV zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es noch weitere Wege, wie Förderprogramme und Steuervergünstigungen, die der ÖPNV-Finanzierung dienen. Zum Teil handelt es sich dabei um mittelbare Finanzierungen, so dass der Gesamtumfang unbekannt ist. 
Länderfinanzierung unzureichend
Der Rechnungshof hat auch festgestellt, dass die Finanzierung aus den Länderhaushalten unzureichend ist. Obwohl die Länder originär für den ÖPNV zuständig sind, liegt ihr Ausgabenanteil unter dem des Bundes. Im nordrhein-westfälischen Haushalt sind gut 2,5 Milliarden Euro an Zuwendungen des Bundes für die Förderung der Eisenbahnen und des ÖPNV veranschlagt. Bei den Ausgaben rechnet das Land NRW mit 3,1 Milliarden Euro. Das „Deutschlandticket“ wird von Bund und Land mit jeweils 280 Millionen Euro bezuschusst.

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