Artikeldienst 7/2023
"Schiedsrichter oder Spieler: Ist der Staat der bessere Unternehmer?"
Steuerzahlergedenktag: Von 1 Euro bleiben nur 47,3 Cent – Bund der Steuerzahler fordert Reformen
Der Steuerzahlergedenktag ist in diesem Jahr am Mittwoch, den 12. Juli. Erst ab dann arbeiten angestellt Beschäftigte rechnerisch nur noch fürs eigene Portemonnaie. Vorher ging das Einkommen über Abgaben und Steuern an den Staat. Von einem verdienten Euro bleiben auf diese Weise nur 47,3 Cent des Einkommens, über das die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler selbst frei verfügen können. Damit liegt die Einkommensbelastungsquote für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer-Haushalt in diesem Jahr bei voraussichtlich 52,7 Prozent.
Diese Prognose hat das Deutsche Steuerzahlerinstitut (DSi) auf Basis repräsentativer Haushaltsumfragen des Statistischen Bundesamts vorgelegt. Demnach ist die Belastung im Vergleich zum Vorjahr leicht um 0,3 Prozentpunkte gesunken. Hier machen sich u.a. die reduzierte Mehrwertsteuer auf Erdgas und Fernwärme oder die abgeschaffte EEG-Umlage bemerkbar: „Dennoch sind die Belastungen hoch!“ sagt Sascha Mummenhoff, Geschäftsführer und Pressesprecher des Bundes der Steuerzahler Mecklenburg-Vorpommern e.V..
Treiber sind bspw. die hohen Inflationsraten, die zu steigenden Verbraucherpreisen und damit einer höheren Mehrwertsteuerbelastung führen. Auch die gestiegenen Beitragssätze im Bereich der Sozialversicherungen spielen eine Rolle. Ein großes Problem stellt nach wie vor die kalte Progression dar. Das heißt, dass der Einkommenssteuertarif sich nicht an der jeweilig erwarteten Inflation des aktuellen Jahres orientiert, sondern nach dem Vorjahr richtet.
„Richtig ist, dass die geleisteten Steuern und Abgaben zumindest teilweise auch an die Bürgerinnen und Bürger zurückfließen: Infrastruktur, Bildung, Justiz, Verwaltung, Renten, Sozialleistungen und Gesundheit – das alles wird aus diesen Mitteln finanziert. Doch wenn weniger als 50 Prozent des Einkommens zur eigenen freien Verfügung bleiben, führt dies zu geringeren Arbeitsanreizen und belastet das Gerechtigkeitsempfinden der Menschen. Deshalb sind ergebnisoffene und transparente Diskussionen darüber, was wir uns als Gesellschaft leisten wollen und können auch auf Landesebene zwingend notwendig!“
Deshalb richtet der Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler heute einen 3-Punkte-Appell an die Bundesregierung:
1. Vor allem mit Blick auf die aktuelle Rekordinflation ist es dringend nötig, die kalte Progression im Einkommensteuerrecht vollständig abzubauen. Der Staat darf hier nicht zum Inflationsgewinnler werden! Künftig sollte die – zu erwartende – Inflation des laufenden Jahres im Einkommensteuertarif des laufenden Jahres berücksichtigt werden und nicht nur die Vorjahresinflation!
2. Die drastische Entwicklung bei den Energiepreisen macht vor allem zwei Reformen immer dringlicher: Bei Strom sollte künftig der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für lebensnotwendige Güter gelten. Zudem müsste der im EU-Vergleich hohe Stromsteuersatz in Deutschland reduziert werden. Dass die Mehrwertsteuersätze im Heizungsbereich gesenkt worden sind, ist schon ein Teilerfolg unserer Arbeit.
3. Mittelfristig brauchen wir eine durchgreifende Reform für den Einkommensteuertarif vor allem zugunsten der Mittelschicht. Politisches Ziel muss sein, die Belastungsquote unter die 50-Prozent-Marke zu drücken! Ein echter Schritt in diese Richtung wäre die vom Deutschen Steuerzahlerinstitut vorgeschlagene Einkommensteuerreform.
Der BdSt MV hebt außerdem die Verantwortung der Landespolitik für eine sparsame Haushaltsführung hervor:
„Unser Bundesland hat sich in den vergangenen Jahren viel geleistet und dabei den Weg einer sparsamen Ausgabenpolitik verlassen. Die letzten Haushalte haben stets mit Verlusten geschlossen. Das ist auch für dieses Jahr zu erwarten. Insbesondere den MV-Schutzfonds oder auch den Umgang mit den Mitteln des Strategiefonds sowie ein fehlendes Personalkonzept haben wir deshalb immer wieder kritisiert“, sagt Sascha Mummenhoff.
Hintergrund:
Einzelne Berechnungen:
So hoch ist die Belastung für Singles und Familien immer noch
Die von uns prognostizierte Einkommensbelastungsquote von 52,7 Prozent bezieht sich auf den Durch-schnitt aller Arbeitnehmer-Haushalte in Deutschland. Das umfasst alle Haushaltskonstellationen von Singles über Alleinerziehende und kinderlose Paare bis hin zu Paaren mit Kindern und sonstigen Mehr-Personen-Haushalten. Wie sieht es hier im Einzelnen aus? Bei den alleinlebenden Arbeitnehmern ist die Belastung höher: Im Durchschnitt werden sie mit 53,7 Prozent belastet – ihr Steuerzahlergedenktag fällt erst auf Samstag, den 15. Juli. Der Steuerzahlergedenktag für Mehr-Personen-Haushalte ist bereits am heutigen Dienstag, 11. Juli – hier liegt die Belastungsquote bei 52,4 Prozent. Beiden Gruppen bleibt nicht einmal die Hälfte ihres Einkommens zur freien Verfügung.
Zum Hintergrund: Der Steuerzahlergedenktag
Im Rahmen der „Laufenden Wirtschaftsrechnungen“ (LWR) erhebt das Statistische Bundesamt regel-mäßig, detailliert und anonymisiert die Einnahmen und Ausgaben ausgewählter Privathaushalte. Die amtlichen Hochrechnungen dieser Daten liefern ein umfassendes und repräsentatives Bild der wirtschaftlichen Situation der Bürgerinnen und Bürger. Im Zuge einer Kooperation hat das Bundesamt unserem Deutschen Steuerzahlerinstitut (DSi) zudem Sonderauswertungen der „Laufenden Wirtschafts-rechnungen“ zur Verfügung gestellt. Damit ist es möglich, den Steuerzahlergedenktag mithilfe einer soliden Datengrundlage zu kalkulieren. Die jüngste LWR betrifft das Jahr 2021 und ist vom DSi auf das Jahr 2023 hochgerechnet worden.
Unser neuer Online-Rechner für Ihren persönlichen Check:
Sie wollen wissen, wie Sie im Belastungsvergleich abschneiden? Dann nutzen Sie den BdSt-Online-Rechner! Klicken Sie sich durch unsere Fragen und lassen Sie sich Ihren individuellen Steuerzahlergedenktag 2023 ausrechnen: www.steuerzahler.de/steuerzahlergedenktag
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Unser aktuelles Wirtschaftsmagazin „Der Steuerzahler“:
Die Ausgabe Juli/August dreht sich um den Schwerpunkt Steuerzahlergedenktag 2023. Medienvertreter können sich die Ausgabe unter presse(at)steuerzahler.de anfordern.
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