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Steuermillionen fürs Ruhrstadion in Bochum
Das Ruhrgebiet ist nicht nur bekannt für seine Kumpel „auffe Zeche“, sondern auch für seine lange Fußballtradition. Die Kumpel haben heute andere Jobs, der Fußball ist geblieben; auch wenn die Romantik der Feierabendspiele der Bergbauarbeiter einem internationalen Business gewichen ist. Geblieben ist auch das Ruhrstadion, heute das Vonovia Ruhrstadion. Das gehört mittlerweile der Stadt Bochum und ist die Heimat des VFL Bochum 1848. Der pachtet es dank eines Benutzungs- und Betreuungsvertrages aus dem Jahr 2011; ein Schnäppchen, wie sich zeigt.
Im Vertrag enthalten sind auch die Nebenanlagen am Stadion und das Gelände des Nachwuchsleistungszentrums. Direkt angrenzend steht das fünfstöckige Stadioncenter mit VFL-Fanshop, Fangastronomie, VIP-Räumen und VFL-Geschäftsstelle. Eigentümerin des Gebäudes „Stadioncenter“ ist die Stadioncenter GmbH. Sie gehört zu 90 Prozent der VFL Bochum KGaA, also dem VFL, und zu jeweils fünf Prozent den Stadtwerken Bochum (SWBo)und der Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft Bochum (WEG). Die Stadioncenter GmbH ist Erbpachtnehmerin des städtischen Grundstücks. Zwischen ihr und dem VfL Bochum besteht ebenfalls ein so genanntes Nutzungsüberlassungsverhältnis.
Im Juni 2024 hat der Rat der Stadt dem Kauf des Stadioncenters zugestimmt. Begründung: Im derzeitigen Zustand sei die Betreiberverantwortung der Immobilien nicht klar und eindeutig geregelt. Außerdem sei die Verteilung der Eigentums- und Nutzungsrechte auf verschiedene Akteure nicht sinnvoll. Innerhalb der Stadtverwaltung seien die Zuständigkeiten teilweise komplex organisiert. Es bestehen derzeit zahlreiche operative Schnittstellen.
Für 9,9 Millionen Euro möchte die Stadt nun die Vermögensgegenstände kaufen, Schulden übernehmen, aktuelle investive (Instandhaltungs-) Maßnahmen finanzieren und eine Anschubfinanzierung der Planungsleistungen für die Sanierung bereitstellen. Dabei handelt es sich vor allem um Instandhaltungsmaßnahmen und eine energetische Sanierung. Solange es keine Planungen gibt, sind die Konsequenzen für den städtischen Haushalt offen.
Doch nicht nur das Stadioncenter soll saniert werden, auch das Stadion. Das wird für die Steuerzahler in Bochum richtig teuer. Laut einer Mitteilung der Verwaltung vom Juni 2024 sind 70 Millionen Euro geplant. Wofür genau das Geld ausgegeben werden soll, konnte die Stadt auf BdSt-Anfrage nicht sagen: „Es wird derzeit geprüft, welche großen Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind und wann diese umgesetzt werden können/sollen. Eine konkrete Planung liegt daher noch nicht vor… “ Aus welchem Strafraum sind also die 70 Millionen Euro gegriffen?
Stadioncenter und Stadion bekommen formal eine neue Eigentümerin, die Bochumer Sportstätten Besitzgesellschaft mbH, auf die auch diverse andere Sportstätten übertragen werden. Die Gesellschaft wurde rückwirkend zum 1. Januar 2024 gegründet. Sie erhält zunächst 14,6 Millionen Euro. Denn: „In 2024 werden zunächst alle laufenden Aufwendungen für das Vonovia Ruhrstadion von der Stadt Bochum getragen. Neben den Betriebskosten sind dies auch laufende Instandhaltungen. Mit Gründung der Bochumer Sportstätten Besitzgesellschaft mbH muss diese Gesellschaft der Stadt Bochum die angefallenen Aufwendungen erstatten. Der darüber hinausgehende Betrag wird der Bochumer Sportstätten Besitzgesellschaft mbH als Einlage in die Kapitalrücklage zur Deckung möglicher zukünftiger Verluste zur Verfügung gestellt.“
Die Verluste sind durchaus möglich, zumindest in der Vergangenheit stand die Pachthöhe in einem unwirtschaftlichen Verhältnis zum Stadion. Einer Antwort der Verwaltung vom 28. Februar 2022 ist zu entnehmen: „Die Benutzungsberechtigte (VfL) ist verantwortlich für den Betrieb, die bauliche Unterhaltung, Instandsetzung einschließlich Schönheitsreparaturen aller überlassenen Objekte sowie deren Zugänge. Die hierfür entstehenden Kosten trägt die Benutzungsberechtigte bis zur vertraglich vereinbarten Höhe anstelle einer Pacht bzw. Miete selbst. Kosten für zu eigenen Geschäftszwecken genutzte Bereiche/Einrichtungen sind davon ausgenommen. Außerdem trägt sie die Kosten für den Energieverbrauch, Rasenheizung und für die Abfallbeseitigung – auch im Umfeld des Stadions, mit Ausnahme der Abfallbeseitigung im Stadioninnenraum. Alle übrigen Kosten für Betrieb und Unterhaltung der überlassenen Objekte im Innen- und Außenbereich trägt die Stadt. Ebenso die Reinigungsarbeiten im Stadion vor und nach Sportveranstaltungen sowie die Unterhaltung an Dach und Fach aller überlassenen Anlagen.“ Die Stadt muss also tief in die Tasche greifen, und die 200.000 Euro Pachteinnahmen für das Stadion im Jahr 2022 scheinen nicht vom VFL zu kommen.
In der Vergangenheit war die Stadt oft um die Schonung der Finanzen des VFL bemüht. So heißt es im September 2021: „Nachdem dem VfL Bochum 1848 der Aufstieg in die 1. Bundesliga gelungen ist, möchte die Verwaltung dies zum Anlass nehmen, über größere Maßnahmen, die im und am Stadion durchzuführen sind, zu berichten. … Entsprechend den Regelungen des Vertrages hat die Stadt Bochum dem VfL Bochum 1848 u.a. ein lizensierungsfähiges Stadion zum Zwecke der Austragung von Fußballspielen der höchsten deutschen und internationalen Ligen und Verbänden zu überlassen. Maßgeblich sind dabei die Anforderungen der DFL bzw. die Anforderungen der sonstigen für die Austragung der jeweiligen Spiele der nationalen und internationalen Verbände zuständigen Organe.“ Mit anderen Worten: Die DFL bestellt, der VFL nutzt, Bochums Steuerzahler zahlen.
Weiter heißt es „Entsprechend des der Sportverwaltung vorliegenden Lizenzbescheides und der neuen Medienrichtlinien der DFL sind umfangreiche und kostenintensive Maßnahmen im und am Stadion durchzuführen.“ Die Verwaltung schätze die Kosten auf 180.000 EUR. Dafür sollten u.a. Stromkästen umgebaut, eine HawkEye-Torlinientechnik und LAN-Anschlüsse im Hintertorbereich installiert, Leerrohre zum Spielfeldrand für die Eckfahnenkamera verlegt werden und vieles mehr.
Im Oktober 2021 heißt es zu einem Trainingsplatz der Profimannschaft: „Der Rasen befindet sich mittlerweile in einem schlechten Zustand und lässt ein profihaftes Training nicht mehr zu.“ Die Kosten der rund 200.000 Euro für den neuen Rasen haben die Steuerzahler getragen. Ebenso wurde die Reinigung der Spannbetonbinder am Stadion beschlossen. Kosten für Bochumer Steuerzahler: ca. 547.000 Euro.
Allerdings ist das Entgegenkommen bei den Betriebskosten künftig nicht mehr so groß: „Die Stadt Bochum hat in 2022 für die Bereitstellung und den Betrieb von Sporteinrichtungen insgesamt 14,4 Mio. EUR aufgewendet. Darin enthalten sind rd. 2,4 Mio. EUR für den Betrieb gewerblicher Art Ruhrstadion. Mit der Ausgliederung werden die Betriebskosten zukünftig von der Bochumer Sportstätten Besitzgesellschaft mbH dem VfL Bochum 1848 vollständig in Rechnung gestellt … “. Auch soll einer von uns nicht genannten Quelle zur Folge künftig eine Pacht nach Liga-Zugehörigkeit bezahlt werden. Für die erste Liga soll es eine Million Euro sein. Angesichts einer 70 Millionen Euro teuren Sanierung eher ein Tropfen auf den heißen Stein.
Der BdSt meint:
sches Gebäude sanieren möchte, ist grundsätzlich richtig. Das gilt ebenso für andere städtische Gebäude, z.B. Schulen. Ob die Stadt die Prioritäten richtig setzt, liegt im Auge der Betrachter – z.B. Profifußballer oder Schüler. Auch wenn sich viele Bochumer mit dem Verein identifizieren: Die Unterhaltung und Bereitstellung eines Profifußballstadions ist keine öffentliche Aufgabe. Jedes dickes Minus damit bedeutet unter dem Strich eine Subventionierung des Profifußballs auf Kosten der Steuerzahler und des Breitensports. Doch das Milliarden-Geschäft Fußball kann sich selbst tragen, Steuergeld wird an anderen Stellen viel nötiger gebraucht! So mancher Fußballfunktionär wird die Meinung nicht teilen, viele Steuerzahler allerdings schon.
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