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Steuererhöhungs-Tsunami in Rheinland-Pfalz

Presseinformation 03.07.2023

Fast 80 Prozent der Kommunen erhöhen ihre Realsteuern

 

Die aktuelle BdSt-Umfrage unter den 50 größten Städten und Gemeinden in Rheinland-Pfalz zu ihren Realsteuer-Hebesätzen zeigt massive Veränderungen für das Jahr 2023 auf. Rekordverdächtige 35 Kommunen haben ihren Hebesatz für die Grundsteuer B erhöht, 34 Kommunen bei der Grundsteuer A und 20 Kommunen bei der Gewerbesteuer. Vielfach erklären sich die Steigerungen mit den vom Land Rheinland-Pfalz erhöhten Nivellierungssätzen, die Städte und Gemeinden in Zugzwang bringen. Damit zeigt sich aber auch, dass das politische Versprechen der Aufkommensneutralität im Zuge der Grundsteuerreform absolut nichts wert ist.

Bislang haben 39 der 50 größten Städte und Gemeinden in Rheinland-Pfalz für das Jahr 2023 ihre Realsteuer-Hebesätze erhöht. Verglichen zu den letzten zehn Jahren ist das aus Steuerzahlersicht ein trauriger Negativ-Rekord. Alle drei Realsteuer-Hebesätze haben 18 Kommunen erhöht. Insgesamt haben 35 Kommunen ihren Hebesatz für die Grundsteuer B erhöht, 34 Kommunen bei der Grundsteuer A und 20 Kommunen bei der Gewerbesteuer. Den höchsten Aufschlag auf die Gewebesteuer hat Grafschaft vorgenommen. Demgegenüber hat Betzdorf die größte Erhöhung auf die Grundsteuer A und B beschlossen. Zu einer Senkung der Hebesätze war dagegen keine einzige Gemeinde bereit.

Gewerbesteuer

Die wichtigste Einnahmequelle für deutsche Städte und Gemeinden ist die Gewerbesteuer. Diese besteuert Gewerbebetriebe nach deren Ertrag und ist somit ein wichtiger Standortfaktor für die Ansiedlung von Unternehmen. Im Jahr 2022 sind die Einnahmen aus der Gewerbesteuer (netto) auf rund 3,6 Mrd. Euro explodiert, rund 738 Mio. Euro bzw. ca. 26 Prozent mehr als 2021.

Der höchste Gewerbesteuer-Hebesatz des Vergleichs liegt 2023 bei 495 Prozent, der niedrigste Wert bei 310 Prozent – bei einem Durchschnitt von 396 Prozent. Ganz vorne liegt Betzdorf mit 495 Prozent. Es folgen Lahnstein mit 450 Prozent sowie Trier und Kaiserslautern mit je 430 Prozent. Die gewerbefreundlichsten Kommunen sind Mainz, Ingelheim und Idar-Oberstein mit je 310 Prozent.

Insgesamt haben 20 der 50 betrachteten Kommunen ihre Hebesätze für die Gewerbesteuer angehoben. Die größten Steigerungen haben Grafschaft (+ 50 Prozentpunkte), Betzdorf (+ 45 Prozentpunkte) und Bitburg (+ 35 Prozentpunkte) vorgenommen.

Grundsteuer B

Fast jeder Bürger ist von der Grundsteuer B betroffen. Diese Steuer wird auf bebaute oder bebaubare Grundstücke erhoben und wird entweder selbst vom Hauseigentümer oder über die Mietnebenkosten vom Mieter bezahlt. Das Aufkommen lag 2022 bei 646 Mio. Euro und somit rund 40 Mio. Euro höher als 2021, was einem Plus von 6,7 Prozent entspricht. In der Betrachtung der 50 größten Städte und Gemeinden in Rheinland-Pfalz liegt der durchschnittliche Hebesatz bei 477 Prozent. Die Spannweite reicht von 80 bis hin zu 610 Prozent.

Neuwied ist mit 610 Prozent der negative Spitzenreiter bei der Grundsteuer B. Auf Platz 2 befindet sich Betzdorf mit 585 Prozent und auf Platz 3 Zweibrücken mit 552 Prozent. Mit je 550 Prozent folgen Trier, Worms, Bad Kreuznach und Andernach. Am günstigsten ist es in Ingelheim mit 80 Prozent, mit weitem Abstand folgen erst Idar-Oberstein mit 290 Prozent und Grafschaft mit 365 Prozent.

Rekordverdächtige 35 von 50 Kommunen haben ihren Hebesatz für die Grundsteuer B erhöht, davon sogar 16 Kommunen um mindestens 100 Prozentpunkte! Die größten Steigerungen nahmen Betzdorf mit 145 Punkten, Schifferstadt mit 123 Punkten und Andernach mit 110 Punkten vor.

Grundsteuer A

Die Grundsteuer A wird auf land- und forstwirtschaftliche Grundstücke erhoben. Ihr Aufkommen blieb verglichen zum Vorjahr stabil bei rund 19 Mio. Euro. Damit ist die Grundsteuer A die fiskalisch unbedeutendste Realsteuer.

Der durchschnittliche Hebesatz der Grundsteuer A liegt 2023 bei 360 Prozent. Die Spanne reicht von 67,5 bis 585 Prozent. Auf Platz 1 liegt Betzdorf mit 585 Prozent. Mit größerem Abstand folgen Bitburg (500 Prozent), Konz (465 Prozent) und Kaiserslautern (460 Prozent). Mit 67,5 Prozent greift Ingelheim den Waldbesitzern und Landwirten am wenigsten in die Tasche. Idar-Oberstein hält mit 250 Prozent den zweitgünstigsten Platz.

Unter den 50 betrachteten Kommunen haben 34 einen höheren Hebesatz für die Grundsteuer A beschlossen. Die größten Erhöhungen haben Betzdorf (+ 145 Prozentpunkte), Bitburg (+ 75 Prozentpunkte) und Schifferstadt (+ 65 Prozentpunkte) vorgenommen.

Fünf-Jahres-Vergleich

Im Vergleich mit dem Jahr 2018 haben mittlerweile 48 der 50 größten Städte und Gemeinden in Rheinland-Pfalz ihre Hebesätze verändert. Einzig Mainz und Idar-Oberstein haben in dieser Zeit Senkungen vorgenommen.

Bei der Gewerbesteuer hat es seit 2018 stolze 30 Änderungen gegeben, wobei sich der durchschnittliche Hebesatz von 388 Prozent nur leicht um 8 Punkte auf 396 Prozent gesteigert hat. Den stärksten Aufschlag hat Betzdorf mit einem Plus von 85 Punkten beschlossen. Mit Abstand folgen Bad Ems (+58 Punkte) und Grafschaft (+50 Punkte). Demgegenüber haben nur zwei Kommunen ihren Gewerbesteuer-Hebesatz gesenkt, nämlich Mainz (-130 Punkte) und Idar-Oberstein (-90 Punkte).

Von 2018 bis 2023 haben 45 der 50 betrachteten Kommunen die Grundsteuer B erhöht. Der durchschnittliche Hebesatz stieg um 83 Punkte von 394 auf 477 Prozent. Neuwied hat mit einer Erhöhung um 190 Punkte den Spitzenplatz inne. Es folgen Betzdorf (+185 Punkte) sowie Andernach und Grünstadt mit je 150 Punkten. Demgegenüber hat nur Idar-Oberstein die Grundsteuer B gesenkt, sogar um stolze 140 Punkte.

Die Grundsteuer A wurde im betrachteten Zeitraum von 42 Kommunen erhöht sowie von einer gesenkt. Von 318 auf 360 Prozent stieg der durchschnittliche Hebesatz um 42 Punkte. Negativer Spitzenreiter ist wieder Betzdorf mit einem Anstieg von 185 Punkten, gefolgt von Kaiserslautern mit einer Erhöhung um 150 Punkte und Frankenthal (Pfalz) um 110 Punkten. Wieder senkte nur Idar-Oberstein seinen Hebesatz, hier um 90 Punkte.

BdSt-Kritik

„Dieser geradezu historische Steuererhöhungs-Tsunami hat einen klaren Urheber – die Ampel-Koalition in Rheinland-Pfalz. Mit der deutlichen Erhöhung der Nivellierungssätze wurden die Kommunen in Zugzwang gebracht, ihre Hebesätze dahingehend anzupassen, wenn sie keine finanziellen Nachteile erleiden wollen. Genau davor haben wir schon in Vergangenheit gewarnt – und nun ist es eingetreten. Besonders drastisch fiel das bei der Grundsteuer B ins Gewicht. Ebenso drängt das Land über die Kommunalaufsicht ADD deutlich zu Steuererhöhungen, auch über die neuen Nivellierungssätze hinaus. Selbst für 2024 stehen schon weitere Rekorderhöhungen fest wie in Kaiserslautern“, kritisiert René Quante, Geschäftsführer des BdSt Rheinland-Pfalz. „Extrem bitter ist das vor dem Hintergrund der Grundsteuerreform. Ohne Not hat sich die Ampel-Landesregierung für das hochbürokratische Scholz-Modell entschieden, welches schon systembedingte Steuererhöhungen bereithält. Wie genau sie Aufkommensneutralität definiert und gewährleisten will, hat die Landesregierung nie konkret erklärt. Und nun ist auch klar warum – denn statt Aufkommensneutralität standen Steuererhöhungen auf breiter Front auf der politischen Agenda. Mit diesem kaltschnäuzigen Wortbruch zulasten der Bürger wird nichts Anderes als Politikverdrossenheit geschürt.“

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