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Stellungnahme zur Änderung der Umsatzsteuerbefreiung im Jahressteuergesetz 2024
Der aktuelle Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2024 sieht eine Änderung von § 4 Nr. 21 UStG vor.
Wie ist es aktuell
§ 4 Nr. 21 UStG unterscheidet zwischen der Umsatzsteuerbefreiung für die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemein- oder berufsbildender Einrichtungen einerseits sowie für Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer andererseits.
Nach § 4 Nr. 21a UStG kommt eine Umsatzsteuerbefreiung für Träger einer privaten Bildungseinrichtung in Betracht. Dabei ist zu unterscheiden, zwischen Trägern von Privatschulen, die als Ersatzschulen bereits nach dem Grundgesetz und damit ohne gesonderte Bescheinigung der Landesbehörde von der Umsatzsteuer befreit sind (vgl. § 4 Nr. 21a, aa UStG) und Trägern von Privatschulen, denen die Landesbehörde für eine Befreiung von der Umsatzsteuer bescheinigen muss, dass sie auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten (vgl. § 4 Nr. 21a, bb UStG). Nach § 4 Nr. 21b UStG sind bisher auch die selbstständigen Lehrer als Honorarkräfte einer Bildungseinrichtung von der Umsatzsteuer befreit, wenn sie:
- an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 Hochschulrahmengesetz oder öffentliche allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen Unterrichtsleistungen erbringen
- die Bescheinigung der umsatzsteuerbefreiten Schule im Sinne des § 4 Nr. 21a, bb UStG, an der die Unterrichtsleistungen erbracht werden, vorlegen
Hintergrund der Änderung: Deutschland ist verpflichtet, Artikel 132 Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie der EU umzusetzen. Es ist bereits im Februar von der EU-Kommission wegen der fehlenden Umsetzung gerügt worden. So muss eine Anpassung der Regelung über die Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsleistungen, die durch Privatlehrer erbracht werden, an EU-Recht (§ 4 Nr. 21 Buchst. b) erfolgen. Hier liegt ein entsprechendes EUGH-Urteil vor.
Neuregelung
Dem vorliegenden Entwurf zufolge soll aber noch mehr geändert werden, als der
EUGH verlangt.
Das bisherige Bescheinigungsverfahren (§ 4 Nr. 21a) zur Befreiung von der Umsatzsteuer soll wegfallen und die Entscheidung darüber, ob ein Angebot eine "Bildungsleistung" (umsatzsteuerbefreit) oder eine "Freizeitbeschäftigung" (umsatzsteuerpflichtig) ist, den Finanzämtern ob liegen. Dabei wird zwischen Ausbildung und Fortbildung unterschieden.
Im Bereich der Fortbildung setzt die Steuerbefreiung voraus, dass keine systematische Gewinn-
erzielung angestrebt wird.
Kritik
Die geplante Änderung schafft neue Rechtsunsicherheit und bedroht die Existenz von
kleinen Bildungsanbietern und Lehrenden.
Die Streichung des Bescheinigungsverfahrens als Voraussetzung für die Steuerbefreiung führt im Vergleich zum bisherigen Recht zu folgendem:
- nur noch Bildungseinrichtungen des öffentlichen Rechts und private Bildungseinrichtungen ohne Gewinnstreben steuerfreie Fortbildungsleistungen erbringen können
- selbständige Lehrer ihre Leistungen im Rahmen der beruflichen Fortbildung den Schulen künftig mit 19 Prozent Umsatzsteuer in Rechnung stellen müssen
Der nach diesem Entwurf zusätzlich zu prüfende Tatbestand einer Gewinnverwendung für Bildung ist in der Praxis kaum umsetzbar. Bei ein und demselben Kurs müssten unterschiedliche Preise verlangt werden, denn die Lerninhalte sind oft identisch, allein die Motive der Teilnehmenden unterscheiden zwischen Aus- und Fortbildung.
Zudem müssen zum Beispiel Einzelunternehmer Gewinn erzielen, um von diesem nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben ihre Lebenshaltungskosten bestreiten zu können. Private Lehrer sind immer mit Gewinnerzielungsabsicht tätig. Die Neuregelung bringt Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten privater Anbieter und neuen bürokratischen Aufwand, obwohl das europarechtlich nicht notwendig ist.
Die zusätzlichen Änderungen in der Vorschrift § 4 Nr. 21a UStG (insbes. Streichung des Bescheinigungsverfahrens) sind EU-rechtlich nicht erforderlich und verteuern berufliche Fortbildungsangebote um 19 Prozentpunkte.
Private Lehrer werden häufig von Schulen und Bildungseinrichtungen beauftragt. Der Lehrer muss Umsatzsteuer berechnen. Da die Bildungsleistungen der Schulen gegenüber den Schülern künftig automatisch steuerfrei sind, muss die Schule die vom Lehrer in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Teil des Entgeltes an die Schüler bzw. die Betriebe weiterberechnen. Eine Verrechnung als Vorsteuer ist nicht möglich.
Lösung
Beibehaltung des Bescheinigungsverfahrens für Bildungseinrichtungen und selbständige Lehrkräfte in § 4 Nr. 21a UStG. In den Fällen, in denen der Dozent für eine nicht gewinnorientierte Institution tätig wird, bliebe er ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit.