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Späte Rechnung bei neuen Straßen
Erschließungsbeiträge sind ein Dauerbrenner – für Grundeigentümer, die bisher den Eindruck hatten, ihre Straße sei seit Jahrzehnten erschlossen. Der Bund der Steuerzahler fordert in öffentlicher Anhörung im Landtag NRW nachvollziehbare Fristen.
Seit geraumer Zeit ist regelmäßig von Erschließungsbeiträgen die Rede, die etliche Jahrzehnte nach Erstbezug eines Eigenheims fällig werden. Häufig triff es nachfolgende Generationen der Erbauer, vielfach aber auch Zweit- oder Drittbesitzer eines Hauses. Wenn – vereinfacht gesagt – der Erschließungsbeitrag zu den Errichtungskosten eines Gebäudes gezählt wird, ist schon jetzt offensichtlich, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugehen kann, wenn nach Jahren oder gar Jahrzehnten eine Rechnung ins Haus flattert, mit der nach menschlichem Ermessen nicht zu rechnen war. Die finanziellen Folgen können existenzbedrohend sein. Eine junge Familie, die eine gebrauchte Immobilie erwirbt, rechnet in aller Regel nicht mit Beiträgen in fünfstelliger Höhe, die zusätzlich zu den Erwerbs- und regelmäßigen Renovierungskosten anfallen.
Der Hintergrund
In aller Regel wird der Erschließungsbeitrag mit jahrzehntelanger Verspätung erhoben, weil rechtliche Voraussetzungen für die Abrechnung „offen“ sind. Es kann am fehlenden Grunderwerb der Gemeinde liegen, aber auch an der Tatsache, dass eine Stadt das ursprüngliche Bauprogramm der Erschließungsanlage nicht konsequent und zeitnah umgesetzt hat. Dass diese rechtlichen Merkmale, die von politischen Beschlüssen abhängig sind, nicht das Problem der Betroffenen sein können, stellen Gerichte regelmäßig fest. Darüber hinaus sagen die Richterinnen und Richter auch ganz klar, dass die bautechnischen Merkmale, die die Anlieger „mit bloßem Auge“ erkennen können, maßgeblich für die Entstehung der Beitragspflicht sind. „Sieht“ eine Anliegerin also beispielsweise eine Straße mit Fahrbahn, Bürgersteig und Straßenbeleuchtung vor ihrem Haus, kann sie davon ausgehen, dass ihr Grundstück erschlossen ist. Ratsbeschlüsse oder andere rechtliche Voraussetzung sind dagegen nicht zu erkennen. Besagte Anliegerin ahnt nicht einmal, dass sie im Rathaus intensiv recherchieren müsste. Das Bundesverfassungsgericht sagt deshalb, dass der Gesetzgeber Fristen zu regeln hat. Dabei muss er einen Ausgleich der Interessen der Anlieger nach den Grundsätzen der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit sowie zugleich der Städte und Gemeinden an der (berechtigten) Einnahmebeschaffung berücksichtigen.
Fristenkuddelmuddel beenden!
Im Umfeld der Landtagswahl 2022 hat der vorherige Landtag mehrere Fristen im Erschließungsbeitragsrecht beschlossen. Von diesen will die nun regierungstragende Mehrheit nichts mehr wissen. Auslöser für die Rolle rückwärts ist (Die NRWNachrichten 3/2023, S. 6), dass die für die Anlieger transparente und andere Fristen flankierende 25-jährige Frist, die am Baubeginn der Erschließungsanlage festmacht, für verfassungswidrig gehalten wird. Diese Einschätzung betrifft allerdings die systematische Umsetzung im vergangenen Jahr und ist somit auch ein systematischer Fehler. Ein solcher lässt sich einem ordnungsgemäßen Gesetzgebungsverfahren korrigieren, damit der politische Entschluss umgesetzt wird.
In der öffentlichen Anhörung am 3. März 2023 appellierte BdSt-Vorsitzender Rik Steinheuer an die Politik, die Interessen der Bürger und zugleich die Kommunalfinanzen im Blick zu haben. An eindeutigen und überschaubaren Fristen muss allen Beteiligten gelegen sein. Vor allem die flankierende „Spatenstichregelung“ ist offenkundig klarer zu definieren als eine unkalkulierbare Fertigstellung nach dem politisch beschlossenen Bauprogramm.
Ende März will der Kommunalausschuss weiter beraten. Der Bund der Steuerzahler setzt sich in dem Gesetzgebungsverfahren weiter mit Nachdruck für angemessene und ausgleichende Regelungen ein.
Video-Statement von Rik Steinheuer dazu.