
Bund der Steuerzahler begrüßt Vorstoß der CDU-Fraktion
Mit der Axt an den Soli
Selm bleibt auf teuren Immobilien sitzen
Außer Spesen nix gewesen... Die Stadt Selm kaufte eine Häuserzeile. Der Vertrag mit einem Projektentwickler platzte. Jetzt stehen die Häuser leer, kosten Geld und bringen nichts ein.
In den Jahren 2017/2018 kaufte die Stadt Selm eine zusammenhängende Häuserzeile auf der Kreisstraße, einer wichtigen Ader für die Stadt. Die Grundstücke sind insgesamt über 6.500 qm groß. Welchen Zweck sie mit dem Kauf verfolgte, kann die Stadt nicht wirklich sagen. Zunächst argumentierte sie gegenüber dem BdSt NRW mit einem seinerzeitigen Wohnraumbedarf auf Grund der damaligen Flüchtlingssituation. Nach Rückfrage hieß es: „Der Ankauf erfolgte auch mit der langfristigen Intention, den Bereich zu überplanen.“
Vertrag mit Projektentwickler
2020 schloss der Rat der Stadt einen Erbbaurechtsvertrag mit dem Projektentwickler Ten Brinke. Über 67 Jahre sollte das Unternehmen einen Erbbauzins zahlen und die Grundstücke neu bebauen. Über
die Höhe des Erbbauzinses hält sich die Stadt bedeckt, es sei Stillschweigen vereinbart worden. Allerdings kam es gar nicht zu einer Zahlung. Ten Brinke kündigte den Vertrag, bevor die Bauarbeiten begonnen hatten. Die Pachtzahlungen sollten vertragsgemäß aber erst erfolgen, „wenn der geplante Eigentumsübergang mit Abriss der Gebäude vollzogen worden wäre,“ so die Stadt.
Die Gründe der Kündigung liegen im Nebel: „Der Projektentwickler hatte Anfang und Mitte des Jahres der Stadt signalisiert, dass die ursprünglich angedachte Realisierung fraglich sei. Daraufhin wurde mit Wissen des Rates der Stadt Selm eine Frist bis zum30. September 2024 gesetzt, zu der der Projektentwickler die Realisierung des Bauvorhabens garantieren sollte. Dies war nicht geschehen. Der Projektentwickler hatte daraufhin seinerseits die Rücktrittserklärung vom Erbaurechtsvertrag beim Notar erklärt“, erläutert die Stadt.
Kaufpreis bleibt geheim
Direkte finanzielle Konsequenzen würden sich dadurch nicht ergeben. Allerdings: Nachdem der Grundsatzbeschluss mit Ten Brinke gefasst wurde, kündigte die Stadt allen Mietern. Die letzten zogen Ende 2021 aus. Seitdem stehen die Häuser leer, bringen der Stadt keine Mieteinnahmen, verursachen aber Instandhaltungs- und Nebenkosten, für die die Stadt aufkommen muss. Den Kaufpreis für die Immobilien mussten die Steuerzahler zwar bezahlen, aus der Höhe macht die Stadt allerdings ein Geheimnis.
Mit den privaten Grundstückseigentümern sei Stillschweigen vereinbart worden. Diese Intransparenz fanden wohl nicht alle richtig. Über einen Ratsvertreter kam ein Betrag in Höhe von 4,3 Millionen Euro in die „Ruhrnachrichten“. In derselben Zeitung wurde der damalige Bürgermeister und heutige Landrat so zitiert, dass es kein Wertgutachten gegeben haben soll.
BdSt NRW fragt nach
Auf die Frage des BdSt NRW an die Stadt nach dem Grund und ob es eine Wirtschaftlichkeitsberechnung gab, antwortete die Stadt überraschend: „Aus den Vorgesprächen mit den Grundstückseigentümern
ging seinerzeit hervor, dass diese konkrete Preisvorstellungen für den Verkauf ihrer Grundstücke besessen hatten. Insofern war das Erstellen eines Wertgutachtens keine Option gewesen, da es nur Kosten verursacht hätte, die Grundstücke aber, laut Aussage der Grundstücksinhaber, nicht zu dem Wert des Gutachtens bverkauft worden wären.“ Mit anderen Worten: Der Wert der Immobilien war für die Stadt vollkommen unwichtig. Relevant waren nur die Preisvorstellungen der Verkäufer.
Eingeständnis der Verschwendung
Der BdSt NRW kann hier keinen verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeld erkennen, sondern das Eingeständnis der Steuergeldverschwendung. Wenn die Verkäufer der Immobilien signalisieren, dass sie für Preise, die auf Wertgutachten basieren, nicht an die Stadt verkaufen möchten, wissen alle Beteiligten, dass die Preisvorstellungen oberhalb des tatsächlichen Wertes liegen. Es liegt in der Natur eines Kaufes, dass Verkäufer einen möglichst hohen Kaufpreis erzielen wollen und Käufer einen möglichst niedrigen Kaufpreis bezahlen möchten.
Die Stadt Selm hat aber mit den Steuerzahlern im Rücken Preise akzeptiert, die ausschließlich die Interessen der Verkäufer berücksichtigen. Es darf bezweifelt werden, dass auch nur eine(r) der Beteiligten so mit persönlichem Geld wirtschaftet. Die Höhe der Verschwendung wird durch mangelnde Transparenz und fehlende Gutachten verschleiert.
Hinzu kommt: Sieben Jahre nach dem Kauf, bald fünf Jahre nach dem Vertrag mit Ten Brinke und über drei Jahre, nachdem die letzten Mieter ausgezogen sind, steht die Stadt wieder am Anfang und muss Gespräche mit Investoren führen. Der Volksmund sagt: Außer Spesen nix gewesen.
Lesen Sie auch: