Galeria-Rettung ohne Steuergeld (Teil 9 der BdSt-Serie)
Moderate Mehrkosten für Staatskanzlei
Schadensersatz für WCCB in Bonn verpufft
Das Verwaltungsgericht Köln entschied im September 2020, dass die Stadt Bonn von ihrer ehemaligen Oberbürgermeisterin sowie dem ehemaligen Stadtdirektor Schadensersatz in Höhe von jeweils einer Million Euro erhält. In einem anschließenden Güterichterverfahren einigten sich Kläger und Beklagte jetzt. Aus Schadensersatzzahlungen von jeweils einer Million Euro wurden 200.000 Euro bzw. 30.000 Euro.
Hintergrund: Ein Finanzinvestor aus Fernost wollte in Bonn das Tagungszentrum WCCB errichten. Später stellte sich heraus, dass er ein Betrüger war. Im Laufe des Projekts kam es zu Baukostenexplosionen, Unternehmenspleiten, abenteuerlichen Geldtransfers und vielen Ungereimtheiten. Die Stadt Bonn entschloss sich, dass WCCB in eigener Trägerschaft zu errichten. Der Schaden für die Stadt wird mit 250 Millionen Euro angegeben.
Vorgeworfen wurden der ehemaligen Oberbürgermeisterin und dem ehemaligen Oberstadtdirektor grob fahrlässige Verletzungen beamtenrechtlicher Dienstpflichten beim Bau des WCCB. Die beiden ehemaligen Spitzenkräfte hatten die Bonität des damaligen Investors nicht ausreichend geprüft, Nebenabreden bzw. Zusatzvereinbarungen zu Nebenabreden unterschrieben und den Rat in einem Fall nicht und im zweiten Fall nicht ausreichend unterrichtet.
Schadensersatz von einer Millionen Euro sollten beide zahlen, weil sie aus Sicht der Stadt Bonn die erheblichen Schäden mitzuverantworten hatten. Angesichts der Schadenshöhe war das Urteil zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber ein starkes Signal an die Steuerzahler. Deutlich wurde, dass Verantwortliche bei verantwortungslosem Umgang mit Steuergeld nicht ungeschoren davonkommen sollten. Doch die Beklagten nahmen die Strafe nicht an und gingen in Berufung. Das OVG riet mit Verweis auf einen langen und mühsamen Prozess mit ungewissem Ausgang für Kläger und Beklagte zu einem Güterichterverfahren.
Klage zurückgezogen: Im Juni 2023 verkündete die Stadt Bonn, dass die fast zehn Jahre dauernden gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Zustimmung des Bonner Rates einvernehmlich beendet wurden. Die Stadt hat die Klage zurückgezogen. Die Beklagten hätten die Verantwortung übernommen und eine Entschuldigung ausgesprochen. Ein weiterer Bestandteil der Einigung sind Erklärungen der beiden, in denen sie Verfehlungen in Zusammenhang mit dem Bauprojekt einräumen, beispielsweise was die Informationen zum richtigen Zeitpunkt an die politischen Kontrollgremien betrifft.
Die Beteiligten einigten sich zudem auf eine zu leistende Geldsumme von 200.000 Euro für die ehemalige Oberbürgermeisterin und 30.000 Euro für den ehemaligen Oberstadtdirektor. An die Millionenbeträge, die Bonn in erster Instanz zugesprochen worden waren, reichen diese Beträge bei Weitem nicht heran. Das starke Signal an die Steuerzahler ist – verpufft. Die lokale Presse zweifelt gar an der Aufrichtigkeit der Entschuldigung, die erst jetzt und nur unter finanziellem Druck zustande gekommen ist.
Fazit: Vermutlich war es dennoch eine weise Entscheidung der Stadt Bonn, diesen jahrelangen Streit zu beenden, zumal nach Darstellung der lokalen Presse die Prozesskosten der Stadt Bonn dreimal höher liegen als der jetzt vereinbarte Schadenersatz. Dennoch bleibt ein schaler Geschmack. Ärztinnen, Architekten, Hebammen und Manager haften, wenn ihnen Fehler passieren. Nur Politiker haften nicht. Für ihre Fehler haften die Steuerzahler.