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© Katrin Ernst/BdSt

Referentenentwurf zu den Änderungen im Arbeitszeitgesetz

Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e. V. / Newsticker Nordrhein-Westfalen / Meldungen 02.06.2023, Michaela van Wersch

Muss der Arbeitgeber die tägliche Arbeitszeit seiner Mitarbeiter dokumentieren und falls ja, wie? Was gilt arbeitsrechtlich seit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. September 2022 (Az. 1 ABR 22/21)?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied im September 2022, dass Arbeitgeber ab sofort die gesamte Arbeitszeit sämtlicher Arbeitnehmer (Ausnahme: leitende Angestellte) unabhängig vom Arbeitsort in Echtzeit dokumentieren müssen. Die am 2. Dezember 2022 veröffentlichten Entscheidungsgründe sagen: Bereits der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 14. Mai 2019 festgestellt, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, ein objektives, verlässliches und zugängliches System für die Erfassung sämtlicher Arbeitszeiten zu etablieren. Diese Verpflichtung habe der deutsche Gesetzgeber in § 3 Arbeitsschutzgesetz umgesetzt, so dass sich bereits nach geltendem, europarechtskonform ausgelegtem Recht die Pflicht des Arbeitgebers ergebe, Beginn, Dauer und Ende der gesamten tatsächlichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer zu erfassen und nachprüfbar zu dokumentieren. Eine elektronische Zeiterfassung sei nicht zwingend, handschriftliche Dokumentation reiche aus, solange ein revisionssicheres System etabliert werde, das Behörden kontrollieren können. Der Arbeitgeber könne die Dokumentationspflicht an den Arbeitnehmer delegieren, sei aber verantwortlich für die Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtung. Das BAG hat festgestellt, dass Vertrauensarbeitszeit weiterhin möglich sein soll, solange den Dokumentationspflichten sowie dem Arbeitszeit- und dem Arbeitsschutzgesetz entsprochen wird.

Referentenentwurf für das neue Arbeitszeitgesetz

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat am 18. April 2023 den Referentenentwurf zur Neufassung des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG-E) vorgelegt. Nach § 16 Abs. 2 ArbZG-E wird „der Arbeitgeber verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufzuzeichnen“. Arbeitnehmer dürfen die Erfassung selbst vornehmen, verantwortlich für die korrekte Zeiterfassung bleibt jedoch stets der Arbeitgeber, der „durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen“ hat, dass ihm Verstöße gegen Arbeits- und Ruhezeiten bekannt werden. Es ist ein Bußgeld in Höhe von 30.000 Euro festgelegt. Der Referentenentwurf enthält keine konkreteren Vorgaben zur elektronischen Ausgestaltung, sondern lässt neben den in der Praxis üblichen Zeiterfassungsgeräten auch andere Formen der elektronischen Aufzeichnung zu.

Ausnahmen von der gesetzlichen Verpflichtung zur Arbeitszeitdokumentation sollen lediglich aufgrund tarifvertraglicher Regelungen möglich sein. Dazu heißt es in dem Entwurf: „In einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung kann zugelassen werden, dass 1. die Aufzeichnung … in nichtelektronischer Form erfolgen kann, 2. die Aufzeichnung … an einem anderen Tag erfolgen kann, spätestens aber bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages, 3. die Pflicht zur Aufzeichnung nach Absatz 2 Satz 1 nicht gilt bei Arbeitnehmern, bei denen die gesamte Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann.“ Außerdem gelten Ausnahmeregelungen für kleinere Betriebe und Übergangsfristen.

Vertrauensarbeitszeit soll nach dem Referentenentwurf weiterhin möglich sein. Dazu heißt es: „Wenn die Aufzeichnung … durch den Arbeitnehmer erfolgt und der Arbeitgeber auf die Kontrolle der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit verzichtet, hat er durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass ihm Verstöße gegen die gesetzlichen Bestimmungen zu Dauer und Lage der Arbeits- und Ruhezeiten bekannt werden.“ Die „geeigneten Maßnahmen“ werden nicht näher benannt.

Zur weiteren Klarstellung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales am 3. Mai 2023 zusätzlich „Fragen und Antworten“ zur Arbeitszeiterfassung zusammengestellt und dabei nochmals darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber bereits jetzt die gesamte Arbeitszeit mit Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jedes Arbeitnehmers erfassen muss. Zur Vertrauensarbeitszeit, bei der die Arbeitnehmer eigenverantwortlich über Beginn und Ende der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit entscheiden können, heißt es: „Eine Dokumentation der Arbeitszeit steht einer solchen Vereinbarung nicht im Wege. Die Vorgaben des öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitschutzes (insbesondere zur täglichen Höchstarbeitszeit und zu Ruhezeiten) dienen dagegen der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz … und sind auch bei Vertrauensarbeitszeit heute schon einzuhalten. Vertrauensarbeitszeit unter Beachtung dieser Vorgaben ist daher auch weiterhin möglich.“ Die Regeln gelten unabhängig vom Arbeitsort, also auch im Homeoffice bzw. bei mobiler Arbeit.
Der Referentenentwurf durchläuft nun das Gesetzgebungsverfahren und soll bis Ende 2023 verabschiedet werden.

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