Sieben Gründe gegen das "Bundesmodell"
In Berlin (West) wohnt man am teuersten
Hannover erneut mit deutlichem Kostensprung – Bremen nahezu konstant hoch
Bund der Steuerzahler vergleicht Wohnnebenkosten in den Landeshauptstädten
In keiner deutschen Landeshauptstadt steigen die Wohnnebenkosten so schnell wie in Hannover. Rund 2.024 Euro muss der betrachtete 3-Personen-Musterhaushalt inzwischen jährlich berappen. Das sind 64 Euro mehr als im Vorjahr und 262 Euro mehr als noch 2016 – eine Steigerung von fast 15 Prozent in fünf Jahren. Der diesjährige Anstieg ist dabei vollständig auf die Erhöhungen der Trinkwasserpreise zurückzuführen, u.a. wegen der Erhöhung der niedersächsischen Wasserentnahmegebühr („Wasser-Cent“) zum Jahresbeginn. Insgesamt liegt Hannover damit weiter auf dem fünftletzten Platz im Nebenkostenranking der Landeshauptstädte. Bremen liegt mit 2.174 Euro pro Jahr weiterhin auf dem drittletzten Platz. Mit einem Zuwachs von 11 Euro zum Vorjahr (bzw. einem Rückgang um 3 Euro seit 2016) bleibt die Belastung allerdings nahezu konstant hoch. Mehr als in Bremen zahlen die Bürger nur in den Städten Hamburg (2.203 €) und (West)-Berlin (2.287 €). Am günstigsten schneidet die rheinlandpfälzische Hauptstadt Mainz (1.433 €) ab.
Bei seinem Ranking hat der Bund der Steuerzahler die Belastung der Wohnnebenkosten für einen Drei-Personen-Haushalt in einem Einfamilienhaus in städtischer Randlage (zweigeschossig; mit 120 qm Wohn- und 300 qm Grundstücksfläche) ermittelt und dabei sechs Kostenfaktoren berücksichtigt: Im Einzelnen sind das die Trinkwasserpreise, die Schmutzwasser-, Niederschlagswasser- und Abfallgebühren sowie die Grundsteuer und der Rundfunkbeitrag (bundesweit einheitlich: 210 Euro/Jahr).
Die gestiegenen Belastungen in Bremen und Hannover sind auf höhere Trinkwasserpreise zurückzuführen:
Bei einem durchschnittlichen Trinkwasserverbrauch (132 cbm/Jahr) zahlt der Musterhaushalt in Saarbrücken mit 510 Euro jährlich am meisten, gefolgt von Stuttgart (430 Euro) und Schwerin (414 Euro). Hannover folgt mit 407 Euro auf dem viertletzten Platz. Vergangenes Jahr lag Hannover noch auf dem zehntletzten Platz des Trinkwasser-Vergleichs. Zurückzuführen ist diese Verschlechterung auf Preiserhöhungen zu Beginn des Jahres 2021. Seitdem zahlen die Verbraucher neben dem jährlichen Grundpreis (115,73 €) für jeden verbrauchten Kubikmeter 2,21 Euro - im Vorjahr waren es noch 105,02 Euro sowie 1,81 Euro/Kubikmeter. In der Preiserhöhung spiegelt sich u.a. der vom Land Niedersachsen zum Jahresanfang erhöhte „Wasser-Cent“ wider. Dieser beträgt nun 15 Cent, statt wie zuvor 7,5 Cent/Kubikmeter. Für den Musterhaushalt ergibt sich beim Trinkwasser eine jährliche Mehrbelastung von 63,51 Euro bzw. 18,5 Prozent.
Auch in Bremen stieg der Trinkwasserpreis, wenn auch deutlich moderater. Mit einer jährlichen Belastung von 340 Euro liegt Bremen dieses Jahr auf dem sechstgünstigsten Platz des Vergleichs und damit unter dem Durchschnitt aller Landeshauptstädte (370 Euro). Im Vorjahr lag Bremen sogar auf dem viertgünstigsten Platz, mit 330 Euro.
Weitere Ergebnisse des BdSt-Wohnnebenkostenvergleichs:
Größter Faktor bei den Wohnnebenkosten ist die Grundsteuer. Besonders in Bremen muss der Musterhaushalt tief in die Tasche greifen. Mit 1.008 Euro landet die Hansestadt nach wie vor auf dem drittletzten Platz des Rankings. Nur in (West-)Berlin (1.041 €) und Hamburg (1.050 €) liegt die Grundsteuerbelastung noch höher. Das vom Bremer Senat vorgebrachte Argument, die Grundsteuer gelte auch die Kosten der Straßenreinigung ab, für die in Bremen keine gesonderten Gebühren erhoben werden, lässt der BdSt nicht gelten: Für die Straßenreinigung zahlen Anlieger im Normalfall (10 Meter Straßenfront, 1x wöchentliche Reinigung) weniger als 100 Euro im Jahr.
Mit 621 Euro muss der Haushalt in Hannover deutlich weniger für die Grundsteuer zahlen. Dennoch liegt die Belastung über dem Durchschnitt von 568 Euro. Die geringsten Grundsteuerbelastungen verzeichnen die ostdeutschen Städte Magdeburg (296 €), Erfurt (319 €) und Schwerin (321 €).
Bei den Abfallgebühren (Bio- und Restmülltonne; je 60 Liter bei wöchentlicher bzw. 120 Liter bei zweiwöchiger Leerung; nebst Zusatzleistungen) steht Hannover mit knapp 390 Euro weiterhin mit deutlichem Abstand auf dem unrühmlichen letzten Platz, auch wenn die Gebühren in diesem Jahr konstant geblieben sind. Dennoch: Hannover verzeichnet mit einem Zuwachs um 87 Euro seit 2016 den höchsten Anstieg aller Landeshauptstädte – das entspricht einem Zuwachs von fast 30 Prozent. Dies ist auch nicht durch eine einheitliche Gebührenkalkulation für Stadt und Region Hannover oder die „kostenlosen“ Service-Leistungen der aha zu rechtfertigen. Andere Hauptstädte bieten schließlich vergleichbare Leistungen, wie die Untersuchung zeigt. Mit konstanten 280 Euro liegt auch Bremen über dem Durchschnitt (241 €), allerdings sind die Kosten seit 2016 konstant geblieben. Ebenfalls bemerkenswert: Im nordrheinwestfälischen Düsseldorf sanken die Gebühren in dem gleichen Zeitraum um fast 90 Euro auf nunmehr 210 Euro.
Für die Schmutzwasserentsorgung (132 cbm/Jahr) werden durchschnittlich 308 Euro fällig. Am günstigsten ist die Entsorgung in Mainz (185 €) und Düsseldorf (201 €) – mit Abstand am teuersten in Potsdam (607 €). Hannover liegt mit 308 Euro im Mittelfeld. In Bremen fallen mit 335 Euro überdurchschnittlich hohe Gebühren an, allerdings umfassen diese sowohl die Schmutz- als auch die Niederschlagswasserentsorgung.
In Bremen zahlt der BdSt-Musterhaushalt entsprechend keine gesonderten Niederschlagswassergebühren. Auch Hannover schneidet in diesem Bereich mit 88 Euro gut ab; die durchschnittliche Jahresbelastung liegt bei 119 Euro. Am teuersten ist Berlin mit 234 Euro, gefolgt von Dresden (203 €).
Der Rundfunkbeitrag liegt weiterhin einheitlich bei 210 Euro im Jahr. Zwar hatten die Ministerpräsidenten Mitte 2020 beschlossen, dass der Beitrag ab 2021 von 17,50 Euro auf 18,36 Euro pro Monat (220,32 €/Jahr) erhöht werden sollte, der Landtag von Sachsen-Anhalt hat der Erhöhung jedoch nicht zugestimmt, sodass die Erhöhung bisher nicht in Kraft getreten ist. Dies könnte sich jedoch noch ändern, da die Rundfunkanstalten Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht haben.
Hinweis für die Redaktionen:
Den vollständigen BdSt-Wohnnebenkosten-Vergleich 2021 können Sie der angehängten Datei entnehmen.