
Hamburg Wasser: "Rücktritte, aber noch lange kein Neuanfang“
Nach der Affäre um die Kostenexplosion beim Klärschlammprojekt "Vera II" im Hamburger Hafen, internem Streit und unüberbrückbaren Differenzen in der Führungsetage trennt sich Hamburg Wasser nun überraschend schnell von seinen Geschäftsführern Ingo Hannemann und Gesine Strohmeyer. Mit Michael Beckereit und Frank Herzog übernehmen laut Abendblatt "zwei alte Haudegen" der Versorgungswirtschaft, allerdings als Interimsspitzen bis längstens Ende Juni 2026. Das teilte Hamburg Wasser am Mittwochabend mit. Gleichzeitig halten Beobachter die Lage bei Hamburg Wasser noch nicht für befriedet, die Umstände der spektakulären Trennung noch nicht für aufgearbeitet.
„Hamburg Wasser: Rücktritte, aber noch lange kein Neuanfang“
Angesichts der aktuellen Entwicklungen bei Hamburg Wasser fordert Sascha Mummenhoff, Landesvorsitzender des Bund der Steuerzahler Hamburg e.V., weiterhin maximale Aufklärung.
„Bei Hamburg Wasser wird nun offensichtlich kräftig durchgespült. Das Geschäftsführer-Duo Ingo Hannemann und Gesine Strohmeyer verlässt das Unternehmen vorzeitig – ob freiwillig oder nicht, sei dahingestellt. Doch anstatt eines echten Neuanfangs setzt man auf eine Lösung aus den eigenen Reihen: Dass nun mit Michael Beckereit und Frank Herzog zwei Personen folgen, die dort schon lange zusammengearbeitet haben, wirft Fragen auf. Beide waren offensichtlich selbst intensiv in Planung und Umsetzung der aus dem Ruder gelaufenen Projekte involviert. Ob das zu einem echten Neuanfang und transparenter Aufklärung führt, werden wir weiterhin beobachten. Ein echter Neuanfang ist es auf jeden Fall nicht.
Besonders irritierend ist die Einlassung von Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne), der laut Medienberichten zugibt, dass einzelne Projekte „schlecht gemanagt“ wurden – als wäre dies eine Überraschung. Was er verschweigt: Als verantwortlicher Senator hätte er für das Controlling sorgen müssen. Doch statt seiner Aufsichtspflicht nachzukommen, delegierte er an Staatsrat Anselm Sprandel – mit desaströsen Folgen. Die politische Verantwortung für das Chaos bei Hamburg Wasser ist damit längst nicht geklärt.
Wir erwarten, dass die Akteneinsicht der Bürgerschaft nun schonungslos offenlegt, wer hier versagt hat. Es wäre den Hamburger Steuer- und Gebührenzahlern nicht zu vermitteln, wenn diese Skandale ohne politische Konsequenzen blieben – während sie höhere Gebühren zahlen, machen sich Verantwortliche vom Hof. Vor diesem Hintergrund dürfte auch die Rolle von Gesine Strohmeyer für die Bürgerschaft von Bedeutung sein. Laut Abendblatt soll es Strohmeyer in ihrer Funktion als kaufmännische Geschäftsführerin allein darum gegangen sein, das Projektmanagement im Unternehmen zu verbessern und Defizite bei Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Transparenz in den Griff zu bekommen.
Fakt ist: Ohne die Recherchen des Abendblatts und des Bund der Steuerzahler wäre all dies nie ans Licht gekommen. Nur durch konsequentes Nachhaken wurden immer neue Details über die massiven Fehlentwicklungen bei Hamburg Wasser öffentlich.
Zur Erinnerung: Das Debakel begann mit „VERA II“ – statt der geplanten 200 Millionen Euro explodierten die Kosten auf über 327 Millionen Euro. Doch statt frühzeitig zu informieren, wurde in internen Mails debattiert, welche Zahlen man der Öffentlichkeit „am besten“ präsentiert. Dann wurde ein Zerwürfnis zwischen den beiden Geschäftsführern, der Verlust von ISO-Zertifikaten für Qualitätsmanagement und Arbeitssicherheit sowie ein Besäufnis mit anschließendem Hotel-Rauswurf bei einer Mitarbeiterversammlung bekannt. Die bisherigen Rücktritte sind nur ein erster Schritt – jetzt braucht es eine echte politische Aufarbeitung.“