
BdSt-Whisky-Tasting: Jetzt geht es hinaus in die Welt
„Die Richtung stimmt, doch der große Wurf bleibt aus“
Frau Senatorin a.D. und das Ruhegehalt
Tief gefallen, aber voraussichtlich trotzdem weich
Die ehemalige Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) war Anfang April 2025 wegen Korruption zu einer eineinhalbjährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Kalayci hat Medienberichten zufolge inzwischen Rechtsmittel eingelegt, denn es geht für sie auch um den Verlust von Ruhgehaltsansprüchen in Millionenhöhe. Der Bund der Steuerzahler hat sich die rechtlichen Regelungen angesehen.
Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Berlin hat am 4. April 2025 die ehemalige SPD-Senatorin Dilek Kalayci der Bestechlichkeit schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Zudem wurde vom Gericht die Einziehung des Tatertrages in Höhe von 6.240 Euro angeordnet.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass zwischen einer unterlassenen Rechnungsstellung für die Organisation ihrer Hochzeitsfeier und einer Auftragsvergabe eine Verknüpfung in Form einer Korruptionsvereinbarung bestanden habe. Die Angeklagte habe den Eindruck der Käuflichkeit erweckt.
In der mündlichen Urteilsbegründung hatte der Vorsitzende den Schutz des Vertrauens der Bürger in die Lauterkeit der öffentlichen Verwaltung im Zusammenhang mit Bestechungsdelikten betont. Dieses Vertrauen gerate ins Wanken, wenn ein Amtsträger den Eindruck der Käuflichkeit erweckt. Dies wiege gerade in diesem Fall besonders schwer, weil die Angeklagte als Senatorin im Fokus der Öffentlichkeit gestanden habe.
Bei der Strafzumessung hat das Gericht zu Gunsten der Angeklagten Kalayci unter anderem berücksichtigt, dass ihr im Fall einer rechtskräftigen Verurteilung massive wirtschaftliche Konsequenzen, unter anderem der Verlust ihres Ruhegehalts, drohten. Mit dem Urteil war das Landgericht weitestgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt. Kalayci hatte stets ihre Unschuld beteuert.
Übereinstimmenden Medienberichten zufolge hat Kalayci inzwischen Revision beim Bundesgerichtshof gegen Ihre Verurteilung eingelegt. Das ist verständlich, weil es für die ehemalige Politikerin auch um den möglichen Verlust ihrer Altersversorgung aus öffentlichen Kassen in Millionenhöhe geht. Denn die 58-jährige Diplom-Wirtschaftsmathematikerin blickt auf eine langjährige erfolgreiche Karriere als Berufspolitikerin zurück.
Von 2001 bis 2021 war Kalayci Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin, von 2011 bis 2016 Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen und von 2016 bis 2021 Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung des Landes Berlin. Von 2014 bis 2016 war Kalayci zudem auch Bürgermeisterin.
Altersentschädigung als ehemalige Abgeordnete
Nach dem Landesabgeordnetengesetz von Berlin haben Mitglieder des Abgeordnetenhauses nach zwanzig Mandatsjahren den Höchstanspruch einer Altersentschädigung in Höhe von 65 Prozent der regulären Abgeordnetenentschädigung erdient und dies bereits ab einem Lebensalter von 57 Jahren! Bei der aktuellen Abgeordnetenentschädigung von derzeit monatlich 7.684 Euro macht das also schon zehn Jahre vor dem regulären Renteneintrittsalter eine Altersentschädigung von fast 5.000 Euro pro Monat aus.
Ruhegehalt als ehemalige Senatorin
Zusätzlich war Kalayci aber auch noch zehn Jahre Mitglied des Berliner Senats. Nach dem Berliner Senatorengesetz haben Regierungsmitglieder nach einer zehnjährigen Amtszeit einen Ruhegehaltsanspruch sofort nach dem Ausscheiden und altersunabhängig von gut 42 Prozent der ruhegehaltfähigen Amtsbezüge. Das Amtsgehalt der Senatoren richtet sich nach der Besoldungsgruppe B11 und liegt derzeit bei rund 16.000 Euro monatlich. Die Bezüge der Senatoren, die gleichzeitig auch Bürgermeister sind, liegen nochmals um 7 Prozent höher. Kalaycis Ruhegehaltsanspruch aus dem Senatorenamt dürfte damit bei über 6.700 Euro pro Monat liegen.
Eins und eins ist weniger als zwei
Treffen mehrere Versorgungsbezüge aus öffentlichen Kassen zusammen, kommt es immer wieder zu Auslegungsproblemen. Im Fall von Ex-Senatorin Kalayci geht der Bund der Steuerzahler davon aus, dass die Versorgungsansprüche aus den Tätigkeiten als Abgeordnete und als Senatorin gegeneinander angerechnet werden.
Das Berliner Senatorengesetz enthält selbst keine Vorschriften über den Verlust von Ruhegehaltsansprüchen nach einer strafrechtlichen Verurteilung. Es wird allerdings davon ausgegangen, dass die Grundsätze des Beamtenrechts analog angewandt werden können und dies möglich ist. Nach Ansicht des Bundesinnenministeriums belegt eine rechtskräftige Verurteilung zu mindestens sechs Monaten Freiheitsstrafe wegen Bestechlichkeit im Hauptamt die Ungeeignetheit für eine weitere Verwendung im Beamtenverhältnis.
Sollten Kalayci aufgrund der Verurteilung ihre Ruhegehaltsansprüche aberkannt werden, würde sie also Bezüge in Höhe von monatlich mindestens 6.700 Euro bis an ihr Lebensende verlieren. Eine aktuell 58-jährige Frau hat nach der allgemeinen Sterbetafel noch eine Restlebenserwartung von 26,8 Jahren. Es geht also für Kalayci um nicht weniger als den Verlust von zu erwartenden Ruhegehaltszahlungen von in Summe deutlich über zwei Millionen Euro in heutigen Preisen!
Ruhegehalt versus Altersentschädigung
Die Frage ist also, ob bei einem Verlust der Ruhegehaltsansprüche nach Senatorengesetz die Altersentschädigungen aufgrund des Berliner Abgeordnetengesetzes wegen des Wegfalls der Anrechnung dann stattdessen in voller Höhe anfallen würden oder ebenfalls entfallen könnten.
Tatsächlich findet sich tief verborgen im Berliner Abgeordnetengesetz eine Regelung, wonach eine Altersentschädigung nicht gezahlt wird, wenn ein ehemaliges Mitglied des Abgeordnetenhauses seine Mitgliedschaft im Abgeordnetenhaus verlieren würde, weil es im Sinne des Berliner Wahlgesetzes infolge Gerichtsentscheids die Wählbarkeit oder die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt. Das kann dann der Fall sein, wenn eine Verurteilung wegen eines Verbrechens zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe erfolgte. Bei Bestechlichkeit handelt es sich jedoch nicht um ein Verbrechen, sondern lediglich um ein Vergehen. Im Falle der Bestechlichkeit hätte es aber auch im Ermessen des Gerichts gelegen, der Verurteilten zusätzlich auch für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren die die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, abzuerkennen. Davon, dass das Urteil diese Nebenfolge vorgesehen hätte, ist in der Pressemitteilung des Landgerichts allerdings keine Rede.
Tief gefallen, aber voraussichtlich trotzdem weich
Der Bund der Steuerzahler geht davon aus, dass – sollte die Verurteilung rechtskräftig werden und der Senat Kalayci nicht begnadigt – sie ihr Senatorenruhegehalt verliert, jedoch stattdessen die gesamte Altersentschädigung als ehemalige Abgeordnete erhält. Auch das wären in heutigen Preisen erwartungsgemäß noch immer rund 1,6 Millionen Euro.
Aber selbst im für Kalayci theoretisch schlimmsten Fall des Verlustes beider Versorgungsansprüche, also dem Senatorenruhegehalt und der Abgeordnetenaltersentschädigung, würde sie nicht ganz ohne Altersversorgung dastehen. Sowohl aufgrund des Abgeordnetengesetzes also auch allgemeiner sozialversicherungsrechtlicher Grundsätze würde aufgrund eines dann „unversorgten Ausscheidens“ eine Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung eintreten. Das ist folgerichtig, weil ein rechtskräftig verurteilter Straftäter seine Rentenansprüche ebenfalls nicht verlieren würde. Im Vergleich zur Altersversorgung einer Spitzenpolitikerin wäre das allerdings nur ein schwacher Trost, zumal dann auch die Regelaltersgrenze von 67 Jahren gilt.
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