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Förderprogramme eindämmen!
Aktuelle Beispiele aus NRW-Kommunen zeigen, welche Verlockungen und Fallstricke Förderprogramme mit sich bringen. Projekte mit Fördermitteln des Landes umzusetzen, gehört für NRW-Kommunen zum Alltagsgeschäft. Doch die Förderprogrammbürokratie auf Seiten des Landes, bei den Bezirksregierungen und auch bei den antragstellenden Kommunen hat irrwitzige Dimensionen angenommen.
Rund um Beratung, Beantragung, Bewilligung und Auszahlung von Fördermitteln werden knappe personelle Ressourcen auf allen staatlichen Ebenen gebunden. Selbst kleinste Kommunen müssen mindestens eine Person abstellen, die sich mit nichts anderem beschäftigt. In den Rathäusern großer Städte sind es gleich ganze Abteilungen. Zudem verleiten viele Programme dazu, vor Ort fragwürdige Prioritäten zu setzen. Manches Projekt wird nur deshalb umgesetzt, weil Fördergeld winkt – zu Lasten von objektiv wichtigeren Maßnahmen, die aber vollständig aus dem Stadtsäckel zu bezahlen wären. Viele Kommunen berichten, dass sie statt kleinteiliger und bürokratielastiger Förderprogramme lieber verlässliche pauschale Mittel zur Verfügung hätten.
Der BdSt dazu
Die ständige Ausweitung der Förderprogramme ist eine Fehlentwicklung, die dringend korrigiert werden muss. Der Bund der Steuerzahler NRW fordert daher, die Förderprogramme zusammenzustreichen
und stattdessen die allgemeine Finanzausstattung der Kommunen zu verbessern. Einige aktuelle Beispiele machen die Fallstricke und Probleme bei den Fördermitteln deutlich.
Beispiel Arnsberg
Die Stadt Arnsberg wollte im Zuge ihrer Rathaussanierung eine Fußgängerbrücke am Rathaus bauen. Kritische Bürger meldeten, dass sich rechts und links der geplanten Brücke jeweils in 100 Metern Abstand eine Fußgängerbrücke und eine Brücke für den Verkehr mit Bürgersteig befinden würde. Die Stadt Arnsberg antwortete dem Bund der Steuerzahler, dass „für die Brücke kein Förderzugang im Förderprogramm Nahmobilität besteht.“ Somit werde die Brücke nicht gebaut. Wäre die Stadt auch ohne Hoffnung auf Fördermittel auf die Idee gekommen, eine Rathausbrücke
bauen zu wollen?
Beispiel Simmerath
Am Rursee bei Simmerath Woffelsbach soll eine Aussichtsplattform errichtet werden, die nach einer Ausschreibung teurer wurde. Der Bund der Steuerzahler fragte bei der Gemeinde Simmerath unter anderem: Aus welchen Gründen überhaupt eine Aussichtsplattform am Rursee notwendig sei und wer den Bedarf dafür ermittelt habe? Welcher Eigenanteil der Gemeinde Simmerath war geplant und welcher Eigenanteil stehe aktuell im Raum? Die Gemeinde Simmerath antwortete, dass zur Weiterentwicklung des touristischen Angebotes in der Region durch die StädteRegion Aachen das RWP-Förderprojekt „Erlebnisraum Aachen/Eifel“ zur Attraktivierung des Radtourismus initiiert worden sei. Hierzu würde u.a. die Plattform am Rursee gehören. Die Projektkosten würden zu 80 Prozent gefördert. Die Baukosten lägen bei rund 255.000 Euro, das Ergebnis der Ausschreibung rund 90.000 Euro über der Kostenschätzung. Erklärungen zum Gesamtkonzept, zur Bedarfsermittlung und wer die Mehrkosten von 90.000 Euro trägt, fehlen in der dürftigen Antwort der Gemeinde Simmerath. Hier liegt der Verdacht nahe, dass die Plattform nicht zu den dringend benötigten Projekten in Simmerath gehört, sondern die Fördermittel beantragt wurden, weil sie zur Verfügung standen.
Beispiel Moers
In Moers funktioniert das Parkleitsystem nicht mehr zuverlässig, denn es ist alt und störanfällig. 2012 ging es mit Fördermitteln des Landes NRW an den Start. Baulich hergestellt wurde das Parkleitsystem sogar schon in den Jahren 2005/2006; die Technik ist daher bereits heute schon nahezu 20 Jahre alt, so der Moerser Fachbereich Vermessung, Straßen und Verkehr in einer Stellungnahme. Die Fördermittelzusage für das Parkleitsystem war allerdings mit einer 20-jährigen Zweckbindung verbunden. Die Stadt ist also verpflichtet, das System bis Ende Juli 2032 in Betrieb zu halten und instand zu setzen. Eine vorzeitige Abschaltung würde eine Rückzahlung der Fördermittel zur Folge haben, so die Stadt Moers. Der Bund der Steuerzahler NRW konnte sich bei Recherchen vor Ort davon überzeugen, dass zahlreiche Anzeigetafeln null Parkplätze anzeigen, obwohl Parkmöglichkeiten vorhanden waren, oder teilweise falsche, unverständliche und widersprüchliche Angaben machten. Für ein und dasselbe Parkhaus werden, aus unterschiedlichen Richtungen kommend, unterschiedliche Werte zu freien Parkplätzen angezeigt.
Wegen der langen Laufzeit der verwendeten Technik und Anzeigekomponenten komme es mittlerweile zu Engpässen bei der Beschaffung von Ersatzteilen, erklärt die Stadt Moers. Dies führe zu längeren Wartezeiten bei Reparaturen und entsprechenden Ausfallzeiten einzelner Parkleitbeschilderungen. Allein in den Jahren 2019 bis 2023 steckte die Stadt Moers rund 295.000 Euro in das Parkleitsystem,
Personalkosten nicht eingerechnet. Eigentlich war das Parkleitsystem dafür gedacht, um Verkehrsströme zu lenken und den Parksuchverkehr zu minimieren, doch mit den vielen Störungen ist es eher ein Ärgernis. Aus diesem Grunde möchte die Moerser Ratsfraktion „Die Grafschafter“ das Parkleitsystem abschalten. „Das spart enorme Kosten und erspart so manche Verwirrung und Nerven bei der Parkplatzsuche!“, so Claus Peter Küster von den Grafschaftern. Die Stadt plant das Parkleitsystem hingegen mit weniger Standorten in reduzierter Form aufrechtzuerhalten. Zunächst will sie ein Konzept zur technischen Erneuerung und zukunftsfähigen Ausrichtung erarbeiten und auf dieser Grundlage Gespräche mit dem Fördergeber suchen.
Beispiel Xanten
Im Jahr 2023 wurde das Tempo auf den Xantener Straßen innerhalb der Wallmauern von 30 auf 20 km/h gesenkt. Die Verkehrspolizei hätte empfohlen, die Straßen zusätzlich mit verkehrsberuhigenden
Elementen auszustatten, erklärte die Stadt. Sie habe reguläre Pflanzbeete in Erwägung gezogen, auf der Rheinstraße standen außerdem Aufpflasterungen zur Diskussion. Diese Maßnahmen hätten sich jedoch als finanziell nicht tragbar herausgestellt. So kam man auf die Idee, 18 Pflanzkübel auf dem Ostwall und der Rheinstraße aufzustellen. Rund 152.700 Euro haben sie nach Angaben der Stadt gekostet, zu 90 % gefördert vom Land. Der eigentliche Förderzweck: Klimaschutz. Die bepflanzten Kästen sollten mehr Grün in die historische Kernstadt bringen, die Luft verbessern und gleichzeitig für die Verkehrsberuhigung sorgen. Zwei Fliegen, eine Klappe! Doch es gab Probleme: Auf der Rheinstraße hätten drei Pflanzkübel die Durchfahrt von Gelenkbussen behindert, so dass sie entfernt werden mussten. Bürger und lokale Medien berichten zudem von weiteren Standortwechseln bei vielen Pflanzkästen.
Doch wohin mit den Kästen in der engen Kernstadt? Das Förderprogramm legt fest, dass die Pflanzkübel innerhalb der Xantener Wallmauern aufgestellt werden müssen. Ansonsten drohte die Rückgabe von Fördergeld. Die lokale Presse berichtete, dass man nach monatelangen Diskussionen im Rat neue Standorte z.B. in der Fußgängerzone oder auf dem Marktplatz gefunden hatte. Eigentlich sollten die Pflanzkästen aber zur Verkehrsberuhigung beitragen. Klar ist: Das ganze Hin und Her kostet personelle Ressourcen. Das Ziel der Verkehrsberuhigung wurde nach Aussage der Stadt nur auf dem Ostwall erreicht, auf der Rheinstraße müssen künftig andere Lösungen geschaffen werden. Und Folgekosten entstehen für Pflege, Bewässerung und Reinigung der Pflanzkästen auch. Die Stadt Xanten kalkuliert hierfür mit durchschnittlichen Personalkosten von rund 2.500 Euro pro Jahr. Kritische Bürger fragen sich allerdings, warum Pflanzkübel zur Verbesserung des Klimas angeschafft wurden, nachdem man bei der Umwandlung der Wallanlagen zum Kurpark viele alte Bäume gefällt hatte, von denen nur wenige krank gewesen sein sollen. 2017 berichtete die Rheinische Post, dass Bürger mit Kerzen und Plakaten
an den Baumstümpfen gegen die Abholzung protestierten.
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