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© Bild von MichaelM auf Pixabay

Falsche Weichen für Europa

Aus dem Heft 14.09.2020

Solide Finanzpolitik wird bestraft

Schulden und höhere Steuern. Dieses Konzept zur künftigen EU-Finanzierung widerspricht allen bisherigen Regeln und bedroht den Wohlstand Europas. Die Mehrbelastungen für Deutschland übersteigen 100 Mrd. Euro.

Die Europäische Union steht vor einem fundamentalen Wechsel ihrer Finanzierungsstrukturen. Die Beschlüsse der EU-Staaten im Juli für den neuen EU-Finanzrahmen bis 2027 sowie für einen schuldenfinanzierten Aufbaufonds im Umfang von 750 Mrd. Euro, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise zu dämpfen, stärkt einseitig die Nehmerländer. Die süd- und osteuropäischen Staaten haben umfangreiche Transfers durchgesetzt, die insbesondere Deutschland belasten werden. Zudem wird der EU-Haushalt erstmals eigene Steuereinnahmen erhalten, weitere Steuerbelastungen werden bereits geplant. Dass Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Schulden- und Steuerbeschlüsse überschwänglich als „Wendepunkt“ in der Finanzierung der EU lobt, deutet die Tragweite der Entscheidungen an.

Schuldenunion ist besiegelt
Im Einzelnen: Nachdem sich Südeuropa im Frühjahr nicht mit einer kompletten Schuldenvergemeinschaftung in Form von Euro-Bonds durchsetzen konnte, hat es den finanzstarken EU-Partnern nun einseitige Transfers und eine Teil-Schuldenunion abgerungen. Der 750 Mrd. Euro umfassende Wiederaufbaufonds gewährt 390 Mrd. nicht rückzahlbare Zuschüsse, also geschenktes Geld, auf das sich vor allem Italien stürzen wird, zumal nur schwammige Vorgaben für den Mitteleinsatz formuliert wurden. Der Verschwendung sind damit Tür und Tor geöffnet. Die EU-Kommission wird sich dafür erstmals langfristig verschulden müssen – eine Tilgung des komplett über Kredite finanzierten Fonds soll frühestens bis 2058 erfolgen. Die Rückzahlung wird vor allem Deutschland als größtes EU-Land treffen, das in Bezug auf die Südeuropa-Transfers bis zu 80 Mrd. Euro schultern muss. Damit ist der Einstieg in die Schuldenunion besiegelt. Vor allem Italien hatte über Monate hinweg bedingungslose Transfermittel für sich eingefordert. Weil Italien ohne Frage hart von der Pandemie getroffen, der Staat aber hochverschuldet ist und wirtschaftlich nicht auf die Beine kommt, sollen die EU-Partner Italiens EU-Hilfen zurückzahlen – so die Forderung aus Rom. EU-Hilfen in Form günstiger Kredite lehnt Italien stets ab.

Zuschüsse sind Fehlkonstruktion
Das zeigt sich auch an den Sofort-Hilfen der EU, die schon im April beschlossen wurden. Für Staaten stellt das Paket 340 Mrd. Euro bereit – 240 Mrd. über den Euro-Rettungsschirm ESM, weitere 100 Mrd. kommen von der EU für Arbeitsmarktprogramme. Die Krux aus italienischer Sicht: Alle Mittel sind an Bedingungen geknüpft und werden zudem nur in Form rückzahlungspflichtiger Kredite gewährt. Mitte August hatte die EU weder Arbeitsmarkt-Mittel ausgeschüttet, noch hat Italien einen Antrag für ESM-Kredite gestellt. Diese längst bereitstehenden Hilfen wird Italien wohl weitgehend ausschlagen und sich stattdessen kräftig an den Zuschüssen des Aufbaufonds bedienen – die Kosten tragen ja schließlich andere Staaten.

Brüssel arbeitet an Steuer-Orgie
Auch der Finanzrahmen 2021 – 2027 stellt falsche Weichen. Das EU-Budget bleibt wie gehabt subventionslastig, wovon vor allem Osteuropa profitiert. Das Mehrjahresbudget klettert auf ein Volumen von mehr als 1.200 Mrd. Euro, weshalb Deutschland, auch bedingt durch den Brexit, ab kommendem Jahr im Durchschnitt rund 10 Mrd. Euro zusätzlich nach Brüssel überweisen muss. Der deutsche EU-Beitrag wird dann bei rund 40 Mrd. Euro pro Jahr liegen. Der schuldenfinanzierte Aufbaufonds wird dabei eng mit dem EU-Haushalt verzahnt, der Zins und Tilgung tragen muss und hierfür schon einmal bis 2027 Zinszahlungen von 13 Mrd. Euro vorsieht. Um dann später die Kredite tilgen zu können, wird es viele neue Steuern geben, die dem EU-Haushalt zufließen – neben der Schuldenunion ebenfalls ein Novum mit weitreichenden Folgen. Denn die aktuellen Beschlüsse brechen mit gleich zwei bewährten Grundsätzen – dass sich der EUHaushalt nicht über Schulden finanzieren darf und ihm auch keine EU-Steuern zustehen. Doch das wird sich bereits 2021 ändern, wenn die Steuerzahler eine neue Plastiksteuer zahlen müssen, die dann nach Brüssel fließt. Die Kommission hat bereits etliche neue Steuern angekündigt, an denen sie gerade tüftelt. Für die Steuerzahler wird es also zu Mehrbelastungen kommen.

Deutschland droht Überforderung
Durch seine solide Finanzpolitik der letzten Jahre kann sich Deutschland aus eigener Kraft gegen die Krise stemmen – wenn auch mit Rekordschulden von über 300 Mrd. Euro. Nun soll Deutschland aber auch über Jahre hinweg viele EU-Staaten alimentieren. Wir Steuerzahler müssen dann für andere Staaten zahlen, die sich durch eigene Fehlentscheidungen in Vor-Corona-Zeiten in eine Wirtschaftsschwäche, Überschuldung und einen Reformstau manövriert haben. Im Ergebnis wird Deutschlands solide Fiskalpolitik bestraft, die Solidargemeinschaft Europas ist zur Einbahnstraße verkommen. Wenn nur noch die schwachen Staaten die Richtung der EU diktieren, wird sie in der Schuldenfalle landen und den Wohlstand eines ganzen Kontinents riskieren. Wir vom BdSt und unsere europäische Dachorganisation sind alarmiert, zumal weitere Risiken für Deutschland in Brüssel in Vorbereitung sind. Das werden wir genau im Auge behalten.

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