BdSt fordert andere Stichtagsregelung bei Straßenbaubeitrag
Digitale Defizite auch in NRW
Die zweifelhafte Verwendung der Sondervermögen in NRW
Der BdSt NRW kritisiert das "kreative" Umgehen der Schuldenbremse: Die NRW-Landesregierung nimmt es nicht immer so genau damit, wofür sie Geld aus ihren Sondervermögen ausgibt. Das hat der Bund der Steuerzahler NRW in der Vergangenheit mehrfach kritisiert. Mit seinem Grundsatzurteil zur Schuldenbremse vom 15. November 2023 bestätigte das Bundesverfassungsgericht diese Kritik.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil festgelegt, dass ein „sachlicher Veranlassungszusammenhang zwischen der Naturkatastrophe oder außergewöhnlichen Notsituation und der Überschreitung der Kreditobergrenzen erforderlich“ ist. Das bedeutet: Jede schuldenfinanzierte Ausgabe aus einem Sondervermögen muss in einem Zusammenhang mit der Begründung für das Sondervermögen stehen. Dies war schon in der Vergangenheit bei dem Sondervermögen „NRW-Rettungsschirm“ zur Bekämpfung der Corona-Folgen nicht immer der Fall, wie eine neue Übersicht des Landesfinanzministeriums zeigt. Sie führt auf, wie viel Geld aus dem Sondervermögen „NRW-Rettungsschirm“ bis zum 30. September 2023 wofür ausgegeben wurde.
NRW-Rettungsschirm in der Corona-Pandemie
Insgesamt flossen bis Ende September rund 13,4 Milliarden Euro aus dem „NRW-Rettungsschirm“ ab. Der Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ist nicht immer zu erkennen.
► So wurden beispielsweise über 11 Millionen Euro für die Digitalisierung im Bereich der Bezirksregierungen zur Abwicklung künftiger Landes- und Bundesprogramme und 8,5 Millionen Euro für den Glasfaser-Breitbandausbau ausgegeben. Investitionen in die Digitalisierung befürwortet der BdSt NRW grundsätzlich, da sie durch effizientere Arbeitsprozesse zu Einsparungen führen können. Warum diese Investitionen schuldenfinanziert aus dem Sondervermögen für die Corona-Pandemie getätigt werden mussten, erschließt sich nicht.
► Ähnlich verhält es sich mit der Investition von rund 45 Millionen Euro in Bau- und Sanierungsmaßnahmen an Universitätskliniken, einem auf 750 Millionen Euro dotierten Investitionsprogramm für Krankenhäuser und einem Zukunftsprogramm für Krankenhäuser in Höhe von über 12 Millionen Euro. Die Universitätskliniken und Krankenhäuser im Land waren während der Pandemie stark gefordert. Aber Bau- und Sanierungsmaßnahmen werden langfristig geplant und stehen in keinem direkten Zusammenhang mit der Pandemie.
► Weitere Sanierungs- und Baumaßnahmen: Die Kommunen erhielten insgesamt rund 160 Millionen Euro für die Städtebauförderung und die Stärkung von Innenstädten und Zentren. 7 Millionen Euro gab es für die Altlastensanierung von Grundstücken. Diese Unterstützung der Kommunen hätte ebenfalls nicht schuldenfinanziert vorgenommen werden müssen. Wo ist der Zusammenhang mit der Pandemie?
► Zahlreiche – grundsätzlich unterstützenswerte Ausgaben – stehen im Zusammenhang mit dem Klimaschutz: Rund 9 Millionen Euro für Klimaanpassung, 4 Millionen Euro für grüne Infrastruktur, 6 Millionen Euro für die Kreislaufwirtschaft, 5 Millionen Euro für die Umweltwirtschaft, 80 Millionen Euro für kommunale Investitionen in Klimaschutzprojekte, insgesamt rund 208 Millionen Euro für Investitionsprogramme für Klimaschutz und Energie und über 21 Millionen Euro für die Waldwirtschaft. Diese zahlreichen Ausgaben stehen in keinem direkten Zusammenhang mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie.
Allein mit den hier aufgeführten Beispielen hat die Landesregierung mit über 1,2 Milliarden Euro die Schuldenbremse unsachgemäß umgegangen. Nur mit viel Fantasie lässt sich ein Veranlassungszusammenhang zwischen den Ausgaben und der Notlage herstellen.
Krisenbewältigung
Das Sondervermögen „NRW-Krisenbewältigung“ wurde Ende 2022 aufgelegt und soll den Folgen des russischen Krieges in der Ukraine begegnen. Auch hier gibt es zweifelhafte Ausgaben. Sie betrugen bis zum 31. August 2023 rund 1,2 Milliarden Euro.
► Darunter befinden sich erneut Ausgaben für den Klimaschutz: 61,5 Millionen Euro für die Erweiterung der Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität, 837.000 Euro für Photovoltaik-Anlagen und Batteriespeicher, über 11 Millionen Euro für die emissionsarme Mobilität, 15,5 Millionen Euro für das Investitionsprogramm Energie- und Wärmewende und 70 Millionen Euro für klimaeffiziente Wohnraumförderung. Durch den Krieg haben sich die Energiepreise stark verteuert und günstige erneuerbare Energien gewannen an Bedeutung. Ob diese Ausgaben in einem Veranlassungszusammenhang zur Notlage standen, ist fraglich.
► Fraglich ist der Zusammenhang auch hier: 2 Millionen Euro für einen Kinder- und Jugendförderplan, 150.000 Euro für Schwangerschaftskonflikt- und 800.000 für Familienberatung.
Alle diese Ausgaben stellt der BdSt NRW nicht grundsätzlich in Frage. Eine Verbindung zu den Folgen des Krieges in der Ukraine lässt sich jedoch nur schwer herstellen. Bei einer strengen Auslegung des Veranlassungszusammenhangs hätten sich mindestens 31,5 Millionen Euro einsparen lassen. Diese Ausgaben hätten aus dem regulären Haushalt finanziert werden sollen.
Appell des BdSt NRW
Der Bund der Steuerzahler NRW erwartet vom Land Nordrhein-Westfalen, dass es nur noch in äußersten Notlagen von dem Instrument der Sondervermögen Gebrauch macht und verstärkt auf den vom Bundesverfassungsgericht bekräftigten Veranlassungszusammenhang achtet. Nur so wird die Schuldenbremse eingehalten, entstehen weniger Zinskosten und werden weniger Lasten auf zukünftige Generationen verschoben.
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