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Bundeshaushalt 2025
© Annette Koroll

„Der Bundeshaushalt 2025 muss sitzen!“

Bund der Steuerzahler Thüringen e. V. / Meldungen 04.09.2024

BdSt-Präsident Reiner Holznagel im Interview

Warum der Ampel-Entwurf für den Haushalt des kommenden Jahres derzeit mehr an einen Schweizer Käse erinnert, erklärt der Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt), Reiner Holznagel, im Gespräch mit der Rhein-Neckar-Zeitung.

Frage: Findet der nach langen Beratungen gefundene Haushaltskompromiss der Ampel für 2025 vor Ihren Augen Gnade?

Reiner Holznagel: Diese Frage wird letztlich der Bundestag beantworten müssen. Wir dürfen aber nicht von Gnade oder Kleinigkeiten sprechen. Der Bundeshaushalt ist ein sehr großer Umverteilungsmotor in Deutschland. Die Finanzierung des Bundesetats betrifft unmittelbar alle Steuerzahler, die Sozialversicherungen, unsere Betriebe, die Länder und Kommunen, die innere und äußere Sicherheit, unsere Bildungs- und Verkehrsinfrastruktur usw. Weit mehr als die Hälfte der Bundesausgaben sind für soziale Leistungen reserviert. Deshalb muss der Bundeshaushalt sitzen, er muss eine Zukunftsperspektive ausstrahlen und die richtigen Antworten auf die drängenden gesellschaftlichen Fragen liefern. „Gnade“ greift mir in diesem Zusammenhang zu kurz, denn bei einem Bundeshaushalt von rund 500 Milliarden Euro geht es nicht darum, einfach mal ein Auge zuzudrücken. Nein, wir haben turbulente Zeiten in Deutschland, weshalb der Etatentwurf der Ampel knallhart analysiert werden muss. Nach meinen Kriterien hat die Ampel nicht geliefert. Interessanterweise, besser gesagt fatalerweise kritisieren selbst die Ampelparteien ihren eigenen Etat-Beschluss im Nachhinein. Diese Regierung ist kurios: Sie liefert nicht nur schlechte Vorschläge, sondern auch gleich die Kritik mit.  

Frage: Ist der Haushaltsentwurf im Ganzen und die Einhaltung der Schuldenbremse im Speziellen mit seriösen Mitteln erstellt und erreicht? Haben Sie verfassungsrechtliche Bedenken?  

Reiner Holznagel: Die Ampel hat uns einen Bundeshaushalt präsentiert, der an einen Schweizer Käse mit großen Löchern erinnert. Dazu kommen noch haushaltsrechtliche Kunstgriffe. Uns werden Ersparnisse bei den Zinsausgaben vorgegaukelt, weil hier die Ausgaben anders gebucht werden. Beim Bürgergeld spart man mal zehn Prozent ein, die aber nicht unterlegt sind. In fast jedem Ressort finden sich pauschale Einsparvorgaben, bei denen keiner weiß, wie sie umgesetzt werden sollen. Und auch bei den Einnahmen sind Hoffnungs-Posten platziert, ohne dass jemand die Frage beantworten kann, woher dieses Geld in Milliardenhöhe kommen soll. Das betrifft im Übrigen nicht nur den Bundeshaushalt, sondern auch das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr oder den Klima- und Transformationsfonds. Unterm Strich will die Ampel eigentlich weit mehr als 500 Milliarden ausgeben, ist aber ratlos, wie sie ihre vielen Wunschausgaben seriös finanzieren soll. Sie hantiert mit zahlreichen ungedeckten Schecks. Ein Ausdruck dafür sind die sogenannten globalen Minderausgaben und globalen Mehreinnahmen, die im Bundeshaushalt und seinen Sondervermögen zusammen mehr als 50 Milliarden Euro ausmachen.

Diese Flickschusterei wirft aus meiner Sicht sehr wohl verfassungsrechtliche Fragen auf: Ich sehe nämlich grundlegende Haushaltsprinzipien mit Verfassungsrang nicht gewahrt – wie die Haushaltsklarheit und -wahrheit oder auch die Prinzipien der Fälligkeit und Vollständigkeit. Hinzu kommt eine Überdehnung der grundgesetzlichen Schuldenbremse, wenn sich der Trend verstärkt, klassische und steuerfinanzierte Ausgaben plötzlich über Schulden zu finanzieren, die dann nicht auf die Schuldenbremse angerechnet werden. Hiermit meine ich große Positionen wie die Aktienrente oder Darlehen an die Deutsche Bahn. Diese Zuschüsse werden nun so deklariert, dass sie als sogenannte finanzielle Transaktionen gelten, die dann schuldenbremsenneutral sind. Man stelle sich vor: Mehr als die Hälfte der geplanten 51 Milliarden Euro Neuverschuldung für kommendes Jahr sollen auf diese Weise realisiert werden. Hierzu bedarf es weiterer Diskussionen.

Frage: Ist der Etatentwurf in den Beratungen des Bundestages zu „reparieren“ oder muss er noch mal grundlegend auf den Prüfstand?

Reiner Holznagel: Dieser Haushaltsentwurf hat keine Etatreife und kann so nicht beschlossen werden. Die Ratlosigkeit in der Regierungsspitze wird nun aber den Abgeordneten als Gesetzgeber vor die Füße gekippt. Das kann man als Affront gegenüber dem Parlament auffassen. Die Baustellen im Haushaltsentwurf sind so zahlreich, dass die Abgeordneten das Zahlenwerk neu aufsetzen müssten. Nötig sind knallharte Prioritäten!

Der Staat verzeichnet Rekordsteuereinnahmen, die in den kommenden Jahren weiter zulegen werden. An diesen Einnahmen muss sich die Politik orientieren – nicht an den völlig überdimensionierten Wunschausgaben, die unfinanzierbar sind. Ich erinnere daran, dass zu Beginn des Haushaltsaufstellungsverfahrens 452 Milliarden Euro für kommendes Jahr vorgesehen waren. Jetzt sind wir bereits bei einem Etat mit 489 Milliarden Euro – und das auch nur mit äußerst fragwürdigen Kniffen. Dass der Bundestag hier zum Lösungsfinder wird, bezweifle ich. Denn wenn sich schon die Regierungsspitze ständig in den Haaren liegt, wird das Hickhack in den Koalitionsfraktionen noch größer. Ich sehe einen heißen Herbst auf den Bundestag zukommen. Um Ihre Eingangsfrage nochmal zu streifen: Derzeit gleicht die Ampel mehr einem Gnadenhof als einer Fortschrittskoalition. 

Die Fragen stellte Gernot Heller

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