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Bundesratsinitiative zur Umlagefähigkeit der Grundsteuer

Bund der Steuerzahler Berlin e. V. / Meldungen 12.09.2019

Ein Kommentar von Dipl.-Volksw. Alexander Kraus

Der Berliner Senat will ein Entlastungsgesetz im Bundesrat einbringen, mit dem die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Betriebskosten abgeschafft werden soll. Für die Mieter klingt das zunächst attraktiv. Bei genauerem Hinsehen werden jedoch Ungerechtigkeiten offenbar. Dabei ist es der Staat, der der Preistreiber bei den Wohnnebenkosten ist.

Das Wohnen in den Metropolen wird immer teurer. Alleinige Ursache dafür sind aber nicht nur steigende Kaltmieten als Ausdruck einer Vermögenspreisinflation, sondern auch hohe staatliche Abgaben, Gebühren und Steuern auf das Wohnen. Zu dieser „zweiten Miete“ gehört auch die Grundsteuer, die vom Vermieter in der Regel auf den Mieter umgelegt wird und mittlerweile einen großen Posten in der Nebenkostenabrechnung einnimmt. Das Land Berlin langt hier besonders dreist mit einem Hebesatz von 810 Prozent zu. Die Folge davon ist, dass Berlin-West den bundesweiten Vergleich der Wohnnebenkosten in den Landeshauptstädten anführt. Höher ist die Grundsteuerbelastung in einem von uns zugrunde gelegten Musterhaushalt nur in Hamburg. Betrachtet man die Wohnnebenkosten ohne die Grundsteuer, ergibt sich für Berlin-West sogar nur eine unterdurchschnittliche Belastung der Haushalte. Fast die Hälfte der kalten Wohnnebenkosten entfällt hier nämlich auf die Grundsteuer, wie der BdSt-Wohnnebenkostenvergleich bereits im Mai 2019 gezeigt hatte. Im Ostteil der Stadt fällt aufgrund der meist niedrigeren Einheitswerte in der Regel eine niedrigere Grundsteuer an.

Ich bezeichne die Grundsteuer daher als ein veraltetes Relikt aus längst vergangenen Tagen, als der Staat die Einkommen und Erträge seiner Bürger noch kaum erfassen konnte. In einem modernen, an der Leistungsfähigkeit der Bürger orientierten Steuersystem ist die Grundsteuer ein Fremdkörper und gehörte eigentlich abgeschafft.

Mit „Ach und Krach“ könnte die Grundsteuer vielleicht als Gegenleistung für lokale öffentliche Güter einer Gemeinde, wie z.B. durch eine bessere kommunale Infrastruktur, durchgehen. Diese „abgeschwächte Äquivalenz“ als Rechtfertigung für die Grundsteuer entfiele aber, wenn nur Grundstückseigentümer zahlen müssten, die womöglich nicht einmal in der Gemeinde selbst wohnen und dort auch gar nicht wählen können, Mieter einer Immobilie aber befreit wären.

Nehmen wir an, zwei völlig identische Familien leben in einem Wohnhaus Tür an Tür: Vater, Mutter, Kind, gleiches Einkommen, gleiches Geldvermögen, gleiche Wohnung. Familie A entscheidet sich dafür, mit ihrem Geldvermögen die Wohnung zu kaufen, um keine Miete mehr bezahlen zu müssen. Sie verzichtet dafür aber auf Zinseinnahmen, kann aber stattdessen als Nutzen das Wohnen aus ihrem Immobilienvermögen ziehen. Sie zahlt zudem über die Hausgeldumlage Betriebskosten inklusive der Grundsteuer und in eine Instandsetzungsrücklage für die Abnutzung, was wirtschaftlich die Kehrseite einer Abschreibung ist.

Familie B geht anders vor. Sie hat sich entschieden, ihre Wohnung nicht zu kaufen, weil sie vielleicht irgendwann einmal umziehen will, vielleicht fürchtet, dass das Viertel in Zukunft kippen könnte oder sich als freier Mensch einfach so entschieden hat. Als Mieter bleibt Familie B flexibel, vermeidet das Risiko eines Wertverlustes der Wohnung, partizipiert aber auch nicht von etwaigen Wertsteigerungen. Sie mietet die Wohnung lieber und zahlt Kaltmiete, die das von ihr belegte Kapital verzinst und die Abnutzung ausgleicht. Mit der Betriebskostenabrechnung zahlt sie auch die Grundsteuer.

Bis hierhin bleibt wirtschaftlich weitestgehend erst einmal alles gleich: Beide Familien sind identisch vermögend, nur einmal in Geld und einmal als Immobilie. Sie zahlen beide Kapitalkosten, einmal in Form von Miete und einmal in Form von entgangenen Zinsen. Auch für die von ihnen verursachte Abnutzung müssen beide zahlen, Eigentümerfamilie A in die Instandhaltungsrücklage, Mieterfamilie B an den Vermieter, der das Geld dann auch zurücklegen muss. Unterschied ist nur, dass Familie A das Wohnen als reale Verzinsung steuerfrei hat, Familie B aber Einkommensteuer auf etwaige Zinseinnahmen zahlen müsste. Allerdings zahlt Familie B auch keine Einkommensteuer dafür, dass sie ihr vollständig selbst bezahltes Auto benutzt, während Familie A mangels verfügbarem Geldvermögen das gleiche Auto geleast hat.

Jetzt will der Berliner Senat durch eine Bundesratsinitiative erreichen, dass die Grundsteuer nicht mehr auf Familie B als Mieter umgelegt werden darf, während Familie A als Eigentümer weiterhin Grundsteuern muss. Beide Familien sind jedoch absolut gleich vermögend, haben das gleiche Einkommen und sind auch ansonsten völlig identisch. Warum will der Senat nun, dass Familie A die Grundsteuer zahlt und Familie B davor besonders geschützt werden muss? Mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip eines modernen Steuersystems hat das nichts zu tun. Familie A ist nicht leistungsfähiger als Familie B. Auch die Betrachtung als besondere Verbrauchssteuer passt nicht, weil beide die gleiche Wohnqualität verbrauchen. Auch die Nutzung der kommunalen Infrastruktur unterscheidet sich bei beiden Familien nicht. Daher scheidet die Grundsteuer als Äquivalent dafür ebenfalls aus.

Der rot-rot-grüne Senat begründet seinen Vorstoß mit dem Grundsatz „Eigentum verpflichtet“ und will so bundesweit 36,4 Millionen Menschen in 57,9 Prozent der Haushalte, die zur Miete wohnen, entlasten. Woher hier der Wind weht, zeigt ein Blick in die Statistik zu Eigentümerquote. Während in fast allen Bundesländern rund die Hälfte der Haushalte im selbstgenutzten Eigentum lebt, trifft das in der Mieterstadt Berlin nur auf jeden siebenten Haushalt zu. „Eigentum verpflichtet“ nach der Logik des Berliner Senats also rund die Hälfte der Bevölkerung außerhalb von Berlin, damit 85 Prozent der Berliner wissen, beim wem sie sich bei der nächsten Wahl bedanken dürfen.

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