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Brief des Berliner Finanzsenators zur Grundsteuer
Sorgen der Steuerzahler unbegründet?
In einem persönlichen Gespräch im August 2023 mit dem Berliner Finanzsenator Stefan Evers (CDU) hatte der Berliner BdSt-Vorsitzende Alexander Kraus von zahlreichen Anrufen besorgter Bürger berichtet, die nach Erhalt der Grundsteuerwertbescheide eine massive Steuerbelastung ab 2025 fürchten. Hier mahnte der Bund der Steuerzahler mehr öffentliche Aufklärung des Senats darüber an, wie sich die deutlich reduzierten Grundsteuermesszahlen auf die schließlich zu zahlende Grundsteuer auswirken werden.
In einem Schreiben vom 12. Oktober 2023 wandte sich der Finanzsenator jetzt an alle Grundsteuerzahler. Er nehme vermehrt die Sorge wahr, dass sich die Grundsteuer nun aufgrund der neuen Werte massiv erhöhen würde. An dieser Stelle könne er Sie aber beruhigen.
Der Bund der Steuerzahler hat sich das Schreiben angesehen und bewertet die einzelnen Aussagen:
„Der neue Grundsteuerwert enthält noch keine Aussage über die zukünftige Steuerhöhe. Diese wird von weiteren Faktoren (Steuermesszahl und Steuerhebesatz) bestimmt, die wir anpassen werden.“
Die zu zahlende Grundsteuer ist das Produkt aus Grundsteuerwert x Grundsteuermesszahl x Grundsteuerhebesatz. Den Grundsteuerhebesatz wird das Berliner Abgeordnetenhaus rechtzeitig noch im Jahr 2024 beschließen müssen.
Um vorher einschätzen zu können, wie hoch dieser Hebesatz überhaupt sein muss, um die versprochene Aufkommensneutralität zu gewährleisten, müsste der Finanzsenator einen Überblick darüber haben, welche Verschiebungen es bei den Grundsteuerwerten überhaupt gegeben hat und inwieweit diese durch die nach dem neuen Grundsteuergesetz deutlich niedrigeren Messzahlen kompensiert werden.
Sollte das Bundesland Berlin weiterhin an dem Bundesmodell festhalten, wäre die Steuermesszahl auf Landesebene jedenfalls nicht änderbar. Für die Einführung eines landesspezifischen Grundsteuermodells dürfte die Zeit für ein Gesetzgebungsverfahren (Abweichungsbefugnis der Länderöffnungsklausel nach Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG) vermutlich schon zu knapp sein.
„Zwar wird sich die zu zahlende Grundsteuer verändern, sie kann sowohl niedriger als auch höher als bisher ausfallen. Eine flächendeckende Erhöhung der Grundsteuer wird es in Berlin aber nicht geben.“
Es war ohnehin zu erwarten, dass nach dem neuen Grundsteuergesetz nicht für jeden exakt die gleiche zu zahlende Grundsteuer herauskommen kann, wie nach dem alten verfassungswidrigen Grundsteuergesetz.
Unklar ist aber, woran sich die versprochene Aufkommensneutralität überhaupt bemessen soll. Denkbar wäre, dass damit gemeint ist, dass das Grundsteueraufkommen im Jahr 2025 nicht höher als im Vorjahr anfällt. Aus Sicht des Bundes der Steuerzahler müsste sich das politische Versprechen eigentlich auf das Jahr 2018 beziehen, in dem das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des alten Grundsteuergesetzes festgestellt hat. Da in Berlin – anders als in vielen anderen Kommunen – seither der Hebesatz nicht erhöht worden ist, ist der Unterschied beim Aufkommen allerdings nicht so groß. 2018 lag das Aufkommen an Grundsteuer B bei 816,6 Millionen Euro. 2022 war es auf 852,9 Millionen Euro angestiegen.
„Die Abweichungen der Grundsteuern werden so gering wie möglich gehalten. Auf keinen Fall werden die Grundsteuern so stark ansteigen, wie der festgestellte Grundsteuerwert.“
Der Bund der Steuerzahler erwartet, dass die Grundsteuerwerte im Vergleich zu den Einheitswerten im Ostteil der Stadt vermutlich stärker gestiegen sind, als im Westteil, was schon daran liegen wird, dass die Bewertung im Osten aus dem Jahr 1935 und im Westen aus dem Jahr 1964 stammen.
Inwieweit die neuen vereinheitlichten und deutlich niedrigeren Messzahlen diese Verschiebungen bereits kompensieren, konnte der Finanzsenator dem Bund der Steuerzahler in dem Gespräch im August noch nicht vorhersagen. Dass die zu erwartenden Verschiebungen bei den Grundsteuerwerten genau dem Verhältnis der bis jetzt noch zwischen Ost und West unterschiedlichen Steuermesszahlen entspricht, wäre aber nach Ansicht des Bundes der Steuerzahler ein erstaunlicher Zufall.
Es wird also voraussichtlich trotzdem mehr oder weniger starke Änderungen bei der zu zahlenden Grundsteuer geben. Wenn der Senat gewährleisten will, dass die Abweichungen „so gering wie möglich“ gehalten werden, bleibt ihm als Stellschraube eigentlich nur, den Hebesatz so weit wie möglich, idealerweise auf null, abzusenken.
„Diese steigenden Grundsteuerwerte werden wir aber ausgleichen: Ein wesentlicher Faktor der Grundsteuerberechnung, die Steuermesszahl, wurde bereits deutlich abgesenkt.“
Die niedrigere Steuermesszahl ist im neuen Grundsteuergesetz geregelt und Bundesrecht. Sie wurde also nicht vom Berliner Senat abgesenkt.
„Den zweiten wesentlichen Faktor der Grundsteuerberechnung, den Steuerhebesatz, werden wir ebenfalls anpassen. Eine Entscheidung über die konkrete Absenkung werden wir Anfang 2024 treffen, sobald für alle Berliner Grundstücke Grundsteuerwerte vorliegen. Ziel ist, dass im Durchschnitt aller Grundstücke die Steuerhöhe gleichbleibt (so genannte „Aufkommensneutralität“). Für die einzelnen Grundstücke können sich zwar trotzdem Veränderungen der zu zahlenden Grundsteuer ergeben, eine flächendeckende Erhöhung der Grundsteuer wird es in Berlin aber nicht geben.“
Hierzu wird es erforderlich sein, dass der Finanzsenat eine Simulationsrechnung durchführt, bei der die alte Besteuerungssituation aus Einheitswerten und den alten, gestaffelten Messzahlen je nach Grundstücksart und Lage mit der neuen Gesetzeslage ab 2025 mit den neuen Grundsteuerwerten und neuen einheitlichen Messzahlen erfolgt. Der Bund der Steuerzahler ist auf die Ergebnisse dieser Berechnungen äußerst gespannt!
„Sollte die Grundsteuer dennoch im Einzelfall unverhältnismäßig hoch ausfallen, werden wir individuell prüfen, ob Billigkeitsmaßnahmen in Betracht kommen. Wichtig ist uns: Niemand soll aufgrund dieser notwendigen Reform finanziell überfordert werden.“
Die Grundsteuer wird bei Grundstücken hoch ausfallen, deren Grundsteuerwert als hoch festgestellt wurde. Sollte ein solch hoher Wert realistisch sein, käme eine einzelfallbezogene Senkung der Grundsteuer für den wohlhabenden Eigentümer dieser besonders wertvollen Immobilie aus Billigkeitsgründen wohl kaum in Betracht.
Wäre dieser hohe Grundsteuerwert hingegen tatsächlich „unverhältnismäßig“ hoch in dem Sinne, dass der festgestellte Grundsteuerwert im Verhältnis zu einem realistischen Grundstückwert viel zu hoch ausgefallen ist, stellte sich eher die Frage, ob die Bewertung überhaupt realistisch und damit verfassungskonform ist. Dann stünde allerdings das gesamte Grundsteuergesetz in Frage. Der Bund der Steuerzahler betreibt in mehreren Bundesländern Musterklagen gegen die Grundsteuer, die u.a. auch auf die Frage einer realitätsnahen Bewertung abstellen.
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