Ein Kommentar von Rik Steinheuer (April 2021)
ZOB – der kleine BER
Bremer Kreditaufnahmen sind höher als nötig!
Schuldenuhr läuft mit 40,27 Euro pro Sekunde vorwärts
In Anwesenheit des Senators für Finanzen, Dietmar Strehl, stellte der Bremer Vorstand des Bundes der Steuerzahler, Carl Kau, am Donnerstag die Bremer Schuldenuhr um. Zum Umstellungszeitpunkt weist sie einen Schuldenstand von 21,89 Mrd. Euro (32.199 € pro Kopf) aus. Seitdem kommen pro Sekunde 40,27 Euro hinzu, sodass sich der Schuldenstand am Jahresende auf 22,85 Mrd. Euro (33.604 € pro Kopf) beläuft. Zwar wächst die Bremer Verschuldung in diesem Jahr langsamer als noch im Rekordjahr 2020 (+ 57,80 € pro Sekunde); mit insgesamt 1,27 Mrd. Euro fällt die Neuverschuldung 2021 dennoch höher aus als notwendig, kritisiert Kau: „Der vordergründig mit der Corona-Pandemie begründete und vollständig schuldenfinanzierte Bremen-Fonds enthält zu viele Maßnahmen, die mit der Pandemiebewältigung nicht das Geringste zu tun haben. Im Windschatten der Pandemie hebelt das rot-grün-rote Mehrheitsbündnis die Schuldenbremse aus, um allgemeine staatliche Aufgaben und kostspielige politische Vorhaben kreditfinanzieren zu können“. Auf harsche Kritik stößt zudem die Ankündigung des Senats, auch in den Jahren 2022 und 2023 fortlaufend eine außergewöhnliche Notsituation geltend machen zu wollen, um so von den Ausnahmeregelungen der Schuldenbremse Gebrauch machen zu können.
Es steht außer Frage, dass die Bewältigung der Auswirkungen der Corona-Pandemie für die Freie Hansestadt Bremen auch im Jahr 2021 nicht ohne die Aufnahme neuer Kredite zu bewerkstelligen ist, erklärt der Bund der Steuerzahler. Sich zu diesem frühen Zeitpunkt bereits darauf festzulegen, die Schuldenbremse bis ins Jahr 2023 – und damit bis zum Ende der Legislatur – aussetzen zu wollen, ist hingegen nicht hinnehmbar. Stattdessen sollten die einzelnen Ressorts ihre Etats auf tatsächlich mögliche Einsparmöglichkeiten hin überprüfen und parteipolitische Wunsch-Projekte auf die Zeit nach Corona verschieben. Der Bund der Steuerzahler vermisst dabei vorrangig Sparmaßnahmen im Verwaltungsapparat sowie mehr Zurückhaltung bei der Vergabe von Subventionen, Zuwendungen und Finanzhilfen. „Von den Bürgern erwartet man, dass sie ihr Ausgabeverhalten in dieser schweren Zeit an die veränderte Einkommenssituation anpassen. Warum sollte das nicht auch für politische Entscheidungsträger gelten, die mit dem Geld der Bürger treuhänderisch zu wirtschaften haben?“ fragt Carl Kau.
Hintergrundinformationen zur BdSt-Schuldenuhr:
Die BdSt-Schuldenuhr in der Bremer Sandstraße erfasst die Schulden des Landes Bremen und der beiden Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven. Technisch funktioniert die Schuldenuhr folgendermaßen: Auf den Gesamtschuldenstand zum 31.12.2020 (21,58 Mrd. Euro laut Abgrenzung des Senators für Finanzen) werden die für das Jahr 2021 zu erwartenden Nettoneukredite gemäß den Haushaltsplanungen so aufaddiert, als würden sie in gleichen Raten aufgenommen – pro Sekunde 40,27 Euro.
Den bisher schnellsten Zuwachs pro Sekunde verzeichnete die BdSt-Schuldenuhr im Corona-Krisenjahr 2020, als sie mit 57,80 Euro pro Sekunde vorwärts tickte. Der zweithöchste Zuwachs datiert aus dem Jahr 2010, in dem die Verschuldung um 40,90 Euro pro Sekunde – und damit in etwa so schnell wie dieses Jahr – aufwuchs. Seinerzeit war das hohe Tempo auf die Bekämpfung der globalen Finanzkrise zurückzuführen. Zwischen beiden als „Jahrhundertkrise“ bezeichneten Ereignissen lagen kaum mehr als 10 Jahre. Ein kurzer Zeitraum, angesichts des aus BdSt-Sicht viel zu langen Tilgungszeitraums für die jüngsten Corona-Schulden von 30 Jahren ab dem Jahr 2024.
Bei ihrer Inbetriebnahme im Mai 2006 belief sich der Gesamtschuldenstand des Bremer Zwei-Städte-Staats noch auf 12,9 Mrd. Euro, rund 19.450 Euro pro Einwohner. Bis zum Jahr 2019 wuchs der auf der Schuldenuhr abgebildete Schuldenstand durch-gehend: 2008 wurde die Grenze von 15 Milliarden Euro Schulden durchbrochen. 2013 erreichte die Pro-Kopf-Verschuldung den Wert von 30.000 Euro pro Einwohner. Die 20-Milliarden-Euro-Marke der Bremer Gesamtverschuldung wurde am 29. Mai 2014 durchbrochen.
Die einzige Ausnahme von der stetigen Neuverschuldung markiert das Jahr 2019, in dem der auf der Bremer Schuldenuhr ausgewiesene Schuldenstand erstmals sank – wenn auch nur sehr langsam. Eine „Mini-Tilgung“ von 28,6 Mio. Euro ließ die Uhr mit 91 Cent pro Sekunde rückwärtslaufen.