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Rentner und Steuern: Warum das Finanzamt auch im Ruhestand mitverdient!
Artikeldienst 02/2025
Fahrtkosten für Hin- und Rückweg: Teilzeitstudent stehen Reisekosten zu
Arbeitnehmer können lediglich die Entfernungspauschale für den Hinweg zur ersten Tätigkeitsstätte geltend machen, während für Dienstreisen und zum Zwecke von Fortbildungen neben der Erwerbstätigkeit die tatsächlichen Kosten oder die Pauschale für den Hin- und Rückweg steuerlich angesetzt werden können.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil die steuerliche Behandlung von Fahrtkosten für Teilzeitstudierende geklärt und damit ausdrücklich der Auffassung der Finanzverwaltung widersprochen. Im Mittelpunkt des Verfahrens stand ein nicht erwerbstätiger Steuerzahler, der als Teilzeitstudent an der Fernuniversität Hagen eingeschrieben war und ein Zweitstudium absolvierte. Dieses diente unstreitig auch der beruflichen Weiterbildung und diente nicht nur dem privaten Interesse. Laut Hörerstatus hatte das Studium einen zeitlichen Umfang von etwa 20 Stunden pro Woche. In seiner Steuererklärung machte der Steuerzahler Fahrtkosten zwischen seiner Wohnung und der Universität geltend, die er nach Reisekostengrundsätzen mit 0,30 Euro pro gefahrenem Kilometer als Werbungskosten ansetzte. Das Finanzamt erkannte die geltend gemachten Fahrtkosten zunächst dem Grunde nach an, begrenzte jedoch den Abzug auf die Entfernungspauschale. Es begründete diese Entscheidung damit, dass das Studium des Steuerzahlers als Vollzeitstudium eingestuft wurde, da er neben seinem Teilzeitstudium keiner Erwerbstätigkeit nachging. Dies beruht auf dem BMF-Schreiben vom 25. November 2020, wonach auch bei einem Teilzeitstudium die erste Tätigkeitsstätte am Studienort liegt, wenn daneben keine Beschäftigung ausgeübt wird. Diese Einstufung führte dazu, dass das Finanzamt die Fahrtkosten nur für den einfachen Weg (Hinweg) anerkannte.
Daraufhin legte der Steuerzahler Einspruch ein und erhob Klage gegen den Bescheid des Finanzamts. Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass die Fernuniversität im Streitjahr nicht als erste Tätigkeitsstätte des Steuerzahlers im Sinne des Einkommensteuergesetzes galt, da der Steuerzahler seine Fahrten zur Fernuniversität nicht zum Zwecke eines Vollzeitstudiums unternommen hatte. „Demnach konnten die Fahrtkosten des Steuerzahlers auch nicht nur auf die Entfernungspauschale begrenzt werden“, erklärt Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler. In der anschließenden Revision bestätigte der BFH mit Urteil vom 24. Oktober 2024, Az. VI R 7/22, die Auffassung des Finanzgerichts und wies die Revision des Finanzamts zurück. Der BFH stellte klar, dass ein Vollzeitstudium nur dann vorliegt, wenn das Studium laut Studienordnung eine zeitlich vollumfängliche Widmung erfordert, vergleichbar mit einem vollbeschäftigten Arbeitnehmer. Als Richtwert für ein Vollzeitstudium gilt ein Arbeitsaufwand von etwa 40 Wochenstunden oder durchschnittlich 30 ECTS-Leistungspunkte pro Semester. Der BFH betonte zudem, dass die Einstufung als Voll- oder Teilzeitstudium ausschließlich anhand der Studienordnung erfolgt und unabhängig davon ist, ob der Studierende nebenbei erwerbstätig ist oder nicht.
Da der Steuerzahler als Teilzeitstudent eingeschrieben war und nur etwa 20 Stunden wöchentlich studierte, konnte er seine Fahrtkosten nach den günstigeren Reisekostengrundsätzen abziehen. „Das Urteil schafft nicht nur Klarheit für Teilzeitstudierende, sondern unterstreicht auch, dass für die steuerliche Behandlung der Fahrtkosten allein der durch die Studienordnung vorgegebene zeitliche Aufwand entscheidend ist“, betont Daniela Karbe-Geßler.
Weitere Informationen zur Abgrenzung von erster Tätigkeitstätte und Reisekosten hält unser Ratgeber Nr. 11 – „Das Reisekostenrecht“ bereit. Diese und weitere Materialien sind für Mitglieder online unter https://steuerzahler.de/ratgeber/ abrufbar oder können telefonisch unter 089 126008-98 bestellt werden.
Verantwortlich: Klaus Grieshaber
München, 27.02.2025
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