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© Pixabay/SimoneVomFeld

100 Milliarden und zahllose Probleme

13.09.2022

Warum die Modernisierung der Bundeswehr einfach nicht rundläuft
 

100 Mrd. Euro will der Bund zusätzlich zur Stärkung der Bundeswehr einsetzen. Doch leider gibt es ineffiziente Beschaffungsstrukturen – also droht viel Geld zu versickern. Deshalb sind schnelle Reformen gefragt, die Tempo und Kostenkontrolle bei der Bundeswehr endlich mal verbessern.


In einem Brandbrief hatte Finanzminister Christian Lindner seine Kabinettskollegin Christine Lambrecht aus dem Verteidigungsministerium vor kurzem dazu aufgefordert, tiefgreifende und schnelle Reformen beim Rüstungseinkauf umzusetzen. Dem obersten Kassenwart schwant nämlich, dass die 100 Mrd. Euro des neuen Sondervermögens für die Bundeswehr – komplett über Schulden finanziert – nicht wirksam ausgegeben werden, im Klartext: teils verschwendet werden könnten. Diese Befürchtung ist nicht unbegründet! Denn beim Rüstungseinkauf, wie auch der BdSt immer wieder aufdeckt, hapert es gewaltig. Zwar hat die Ampel-Koalition bereits gelockerte Beschaffungsvorschriften beschlossen, etwa vereinfachte Vergaben und die Zulassung von Direktaufträgen bis 5.000 Euro, doch ersetzt diese Kosmetik keine effizienten Basisstrukturen, die beim Einkauf von Milliarden-Gütern nötig sind. Deshalb steht insbesondere das Bundeswehr-Beschaffungsamt in Koblenz im Fokus der Kritik.

Beschaffungsamt wirkt überfordert

Das aufgrund des Ukraine-Kriegs eilig geschnitzte Sondervermögen soll die Bundeswehr – zumindest in Teilen – auf Vordermann bringen und die deutsche Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit deutlich stärken. Doch dafür sind Tempo und Effizienz nötig, womit das Koblenzer Amt offenbar Schwierigkeiten hat – trotz hoch gelobter Reformen in den vergangenen Jahren. Im aktuellen Rüstungsbericht muss sogar das Verteidigungsministerium selbst einräumen: „Die Implementierung des Risikomanagements im Rüstungsmanagement als Teil der Verbesserung der Projektmanagementfähigkeiten reicht alleine nicht aus, die Qualität der Beschaffung nachhaltig zu verbessern.“ Übersetzt muss das wohl heißen: Ein anscheinend überfordertes Amt reibt sich an den teils sehr spezifschen Wünschen und Eigenentwicklungen der Bundeswehr auf. Um Prozesse und Aufwand zu entschlacken, appelliert das Verteidigungsministerium inzwischen schon dafür, „wo immer möglich, sollen schnellere, marktverfügbare Beschaffungen genutzt werden, um Kapazitäten zugunsten der Konzentration auf komplexere Projekte zu gewinnen“.

Wenig Tempo, aber hohe Kosten

Doch auch diesen, wenn auch sinnvollen Kurswechsel hin zu praxiserprobten Waffensystemen, muss das Beschaffungsamt erst einmal bewältigen können. Auch hier sind Zweifel angebracht, wie die folgenden zwei Aspekte verdeutlichen:

• Für das Jahr 2023 sind derzeit lediglich 8,5 Mrd. Euro für Beschaffungen über das Sondervermögen eingeplant, allerdings vor allem für bereits längst laufende Projekte. Neue Kauf-Ankündigungen wie der Kampfet F35 oder der Transporthubschrauber Chinook fnden sich im Wirtschaftsplan des Sondervermögens nicht wieder. Auf diese wichtigen Upgrades wird die Bundeswehr also noch lange warten müssen, stattdessen werden kommendes Jahr Schlauchboote, Überschneefahrzeuge und Bekleidung besorgt. Unterm Strich kommt das im Zeichen der „Zeitenwende“ installierte Sondervermögen viel zu träge daher – schnelle Verbesserungen beim Material der Bundeswehr zeichnen sich also nicht ab.

• Auch laufende Projekte bereiten Probleme. Binnen weniger Monate – zwischen Herbst 2021 und Frühjahr 2022 – haben sich die Beschaffungskosten für die 12 Top-Waffensysteme der Bundeswehr (u. a. Fregatten, Hubschrauber, Transport- und Kampfflugzeuge) um 3,1 Mrd. Euro erhöht. Gegenüber der Preiskalkulation zu Beginn der Projekte ist sogar ein Kostensprung um knapp 17 Mrd. auf insgesamt 80,4 Mrd. Euro zu verzeichnen. Extrem ärgerlich: Die aktuellen Mehrkosten resultieren auch aus vier relativ jungen Projekten, die erst 2020 bzw. 2021 vom Bundestag beschlossen wurden und nun allesamt teurer werden. Dazu gehört die Beschaffung von Fregatten-Hubschraubern des Typs NH-90 MRFH oder des luftgestützten Auflärungssystems Pegasus. Zusammen sind die Kosten der vier Systeme zuletzt um 1,7 Mrd. Euro in die Höhe geschnellt – das Pegasus-Projekt verzeichnet eine Kostenexplosion von allein schon 139 Prozent.


Diese Zahlen haben eine klare BdSt-Botschaft: Der Rüstungseinkauf muss neu konzipiert, mit höherer Professionalität versehen und deutlich entbürokratisiert werden! Deutschland kann es sich nicht leisten, Steuergeld bei der Landesverteidigung zu verschwenden. Im Rahmen der NATO-Bündnisverteidigung sind integrierte Rüstungskooperationen gefragt und weniger deutsche Alleingänge und Insellösungen wie in der Vergangenheit.

Fragen an den Autor

Sebastian Panknin
Leiter der Abteilung Haushalts- und Finanzpolitik

Sebastian Panknin

Reinhardtstraße 52, 10117 Berlin 030 259396-27 s.panknin(at)steuerzahler.de
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