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Dieselskandal: Leasingnehmer gehen leer aus
Aus dem Leasing eines Kraftfahrzeugs, das vom Abgasskandal betroffen ist, entstehen keine Ansprüche gegen den Auto- beziehungsweise Motorhersteller (hier: VW). Dies hat der Bundesgerichtshof mit drei Urteilen entschieden. Er blieb damit auf der Linie eines früheren Urteils von 2021.
In den drei Verfahren nahm die jeweilige Klagepartei die VW AG als Fahrzeug- beziehungsweise Motorherstellerin auf Schadenersatz wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Anspruch.
Im Verfahren VII ZR 247/21 schloss die Klägerin im Frühjahr 2010 mit der VW Leasing GmbH einen Leasingvertrag über ein von der Beklagten hergestelltes Neufahrzeug des Typs VW Golf. In der Folgezeit zahlte sie die vereinbarten monatlichen Leasingraten, bis sie das Fahrzeug im Juni 2013 kaufte.
Im Verfahren VII ZR 285/21 schloss der Kläger im Februar/Mai 2015 mit der VW Leasing GmbH einen Leasingvertrag über ein von der Beklagten hergestelltes, gebrauchtes Kraftfahrzeug vom Typ VW Tiguan. Vertragsgemäß erbrachte er in der Folgezeit eine Einmalzahlung sowie monatliche Zahlungen, bis er das Fahrzeug im März 2018 kaufte.
Im Verfahren VII ZR 783/21 schloss die Klägerin im Dezember 2011 mit der VW Leasing GmbH einen Leasingvertrag über ein Neufahrzeug des Typs Seat Ibiza 2.0 TDI. Sie leistete eine Sonderanzahlung und monatliche Raten, zudem wandte sie 1.178,29 Euro für den Einbau eines Gewindefahrwerks auf. Anfang August 2016 kaufte sie das Fahrzeug.
In den Fahrzeugen ist jeweils ein von der Beklagten hergestellter Dieselmotor des Typs EA 189 verbaut, sodass die Fahrzeuge vom Dieselskandal betroffen sind.
Die Klageparteien haben in den Vorinstanzen im Wesentlichen die Erstattung ihrer Leasingzahlungen abzüglich einer Nutzungsentschädigung begehrt. Die Klagen hatten in den Verfahren VII ZR 285/21 und 783/21 keinen Erfolg und im Verfahren VII ZR 247/21 nur insoweit, als VW zur Erstattung des im Juni 2013 von der Klägerin gezahlten Kaufpreises abzüglich der nach dem Kauf gezogenen Nutzungen verurteilt wurde.
Wie der BGH mit – nach Erlass der drei hier angefochtenen Berufungsurteile ergangenem – Urteil vom 16.09.2021 (VII ZR 192/20) entschieden hat, entspricht im Rahmen der deliktischen Vorteilsausgleichung der Wert der während der Leasingzeit erlangten Nutzungsvorteile eines Kfz der Höhe nach den vertraglich vereinbarten Leasingzahlungen. Diese Rechtsprechung hat er mit seinen aktuellen Urteilen bestätigt. Die Frage, ob eine andere Betrachtung dann geboten ist, wenn aufgrund der Vertragsgestaltung von vornherein feststeht, dass der Leasingnehmer das Fahrzeug nach Ablauf der Leasingzeit übernimmt, bedurfte in dem Urteil vom 16.09.2021 keiner Entscheidung und konnte auch in den heute verhandelten Verfahren offenbleiben.
In der Sache VII ZR 247/21 hatte das Berufungsgericht gemeint, eine dem Kaufrecht entsprechende Bewertung des Nutzungsvorteils sei hier jedenfalls deshalb vorzunehmen, weil der Gesamtvorgang beziehungsweise Vertrag von Anfang an auf den Erwerb des Fahrzeugs ausgerichtet gewesen sei. Mehr als eine Vorstellung der Klägerin oder gegebenenfalls beider Vertragsparteien, die jedoch nicht Gegenstand der Vertragsgestaltung geworden ist, erkannte der BGH indes nicht. Eine bereits bei Abschluss des Leasingvertrags getroffene Vereinbarung über den späteren Fahrzeugerwerb sei dagegen weder den Feststellungen des Berufungsgerichts unter Berücksichtigung der im Berufungsurteil in Bezug genommenen Vertragsunterlagen noch dem revisionsrechtlich beachtlichen Parteivorbringen zu entnehmen.
In der Sache VII ZR 285/21 stand die Auffassung des dortigen Berufungsgerichts, der Wert der Nutzungen sei nicht mit den erfolgten Leasingzahlungen, sondern mit dem Wertverlust des Fahrzeugs während der Leasingzeit gleichzusetzen, laut BGH im Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung, von der abzuweichen es keinen Anlass gebe, so der BGH. Der Wertverlust des Fahrzeugs während der Leasingzeit sei kein geeigneter Maßstab zur Bemessung des Nutzungsvorteils. Der Wertverlust stelle keinen Vorteil dar, den der Leasingnehmer erlangt. Er entspreche auch nicht dem Wert der leasingmäßigen Fahrzeugnutzung.
Im Verfahren VII ZR 783/21 habe das Berufungsgericht seiner Schätzung des während der Leasingzeit von der Klägerin erlangten Nutzungsvorteils durch Anwendung der für den Fahrzeugkauf anerkannten Berechnungsformel gleichfalls einen unrichtigen Maßstab zugrunde gelegt. Eine Vertragsgestaltung, bei der von vornherein feststeht, dass der Leasingnehmer das Fahrzeug nach Ablauf der Leasingzeit übernimmt, sei auch in diesem Fall weder den Feststellungen des Berufungsgerichts noch dem revisionsrechtlich beachtlichen Parteivorbringen zu entnehmen gewesen. Vielmehr sah die Leasing-Bestätigung laut BGH eine abschließende Fahrzeugverwertung durch die Leasinggeberin über den Kraftfahrzeughandel vor. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass bereits der Leasingvertrag auf einen späteren Erwerb des Fahrzeugs durch die Klägerin ausgerichtet gewesen sei, was sich insbesondere daran zeige, dass die Klägerin das Fahrzeug bereits im Jahr 2012 auf eigene Kosten habe umbauen lassen, lasse lediglich eine rechtlich nicht abgesicherte Erwerbsvorstellung der Klägerin erkennen, die eine Gleichbehandlung mit einem Fahrzeugkäufer bei der Vorteilsbemessung nicht rechtfertige.
Die Klägerin habe hier ferner keinen Anspruch auf Erstattung der für das Sportfahrwerk aufgewendeten Kosten. Wie das Berufungsgericht insoweit unangefochten und zutreffend entschieden hat, könne die Klägerin keinen Schadenersatz für den im August 2016 erfolgten Fahrzeugkauf verlangen. Folglich bestehe auch kein begründeter Anlass für eine Herausgabe des Fahrzeugs an die Beklagte. Vor diesem Hintergrund stelle der Einbau des Gewindefahrwerks keine ganz oder teilweise vergebliche, womöglich ersatzfähige Aufwendung dar.
Bundesgerichtshof, Urteile vom 21.04.2022, VII ZR 247/21, VII ZR 285/21 und VII ZR 783/21