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Auszug in Eigenheim wegen Pflichtverletzung des Vermieters: Kein Ersatz der Maklerkosten

14.12.2020

Ein Mieter, der infolge einer Pflichtverletzung des Vermieters aus der Wohnung auszieht und keine neue Wohnung anmietet, sondern Wohnungs- oder Hauseigentum erwirbt, kann die zum Zweck des Eigentumserwerbs angefallenen Maklerkosten nicht als Schadenersatz vom Vermieter ersetzt verlangen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in zwei Verfahren klargestellt.

Im Verfahren VIII ZR 238/18 war der Kläger Mieter einer Wohnung der Beklagten. Ihm wurde wegen Eigenbedarfs gekündigt. Das Amtsgericht gab der nachfolgenden Räumungsklage statt. Während des laufenden Berufungsverfahrens erwarb der Kläger unter Einschaltung eines Maklers eine Eigentumswohnung. Hierfür zahlte er eine Provision von fast 30.000 Euro. In der Berufungsinstanz schlossen die Parteien einen Räumungsvergleich, worin sich der Kläger zum Auszug bis Ende Februar 2016 verpflichtete.

Die Beklagte realisierte den in der Kündigung behaupteten Eigenbedarf nach Auszug des Klägers nicht. Mit der Behauptung, der Eigenbedarf sei nur vorgetäuscht gewesen, nimmt der Kläger sie auf Schadensersatz in Anspruch. In der Revisionsinstanz streiten die Parteien darüber, ob dem Kläger die für den Erwerb der Eigentumswohnung aufgewendeten Maklerkosten zustehen.

Im Verfahren VIII ZR 371/18 begehrt der Mieter ebenfalls den Ersatz von Kündigungsfolgeschäden. Nachdem das Mietverhältnis durch diverse Streitigkeiten bereits belastet war, kündigte der beklagte Mieter es fristlos. Unter Einschaltung eines Maklers erwarb er noch im selben Monat in der Nähe ein Einfamilienhaus, das ein paar Monate später bezugsfertig wurde. Zwischendurch bewohnte der Mieter eine Zwischenunterkunft. Mit seiner Widerklage nimmt er den Kläger auf Schadenersatz in Anspruch. Er macht unter anderem die Maklerkosten für den Hauserwerb (13.030 Euro), die Umzugskosten, die Kosten der Übergangsunterkunft sowie die Kosten für den Umbau und Wiedereinbau seiner Einbauküche geltend.

Der BGH hat in beiden Fällen entschieden, dass die Maklerkosten, die die jeweiligen Mieter zwecks Erwerbs einer Eigentumswohnung beziehungsweise eines Hauses zu Eigentum aufgewandt haben, keinen erstattungsfähigen Schaden darstellen.

Im Verfahren VIII ZR 371/18 bejaht er eine den Mieter zur fristlosen Kündigung berechtigende Pflichtverletzung. Im Verfahren VIII ZR 238/18 sei bereits eine Pflichtverletzung der Vermieterin nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Zwar handele ein Vermieter pflichtwidrig und sei dem Mieter schadenersatzpflichtig, wenn er eine Kündigung des Mietvertrags schuldhaft auf einen in Wahrheit nicht bestehenden Eigenbedarf stützt oder er den Mieter nicht über einen späteren Wegfall des geltend gemachten Eigenbedarfs informiert. Diese Hinweispflicht bestehe jedoch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist und nicht bis zum Ablauf der im Vergleich vereinbarten Räumungsfrist.

Ob hiernach der Vermieterin eine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, konnte laut BGH im Ergebnis offenbleiben. Denn die Schadenersatzpflicht des pflichtwidrig handelnden Vermieters umfasse nicht die Maklerkosten, die einem Mieter entstehen, der von der Anmietung einer neuen Wohnung absieht und stattdessen Wohnungs- oder Hauseigentum erwirbt. Zwar stelle der Erwerb von Wohnungseigentum noch eine adäquat kausale Reaktion des Mieters auf eine (unterstellte) Pflichtverletzung des Vermieters dar. Jedoch seien die im Zuge des Eigentumserwerbs aufgewandten Maklerkosten nicht mehr vom Schutzzweck der jeweils verletzten Vertragspflicht umfasst. Denn eine vertragliche Haftung – hier der jeweiligen Vermieter – bestehe nur für diejenigen äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde. Der Schaden müsse in einem inneren Zusammenhang mit dem (verletzten) Gebrauchserhaltungsinteresse des Mieters stehen, was bezüglich der Maklerkosten nicht der Fall sei.

Denn die Mieter hätten mithilfe des Maklers nicht lediglich ihren Besitzverlust (an der bisherigen Wohnung) ausgeglichen, sondern im Vergleich zu ihrer bisherigen Stellung eine hiervon zu unterscheidende (Rechts-)Stellung als Eigentümer eingenommen. Der (bisherige) Mieter unterliege als (späterer) Eigentümer hinsichtlich der Wohnungsnutzung keinen vertraglichen Bindungen mehr. Sein Besitzrecht an der Wohnung sei kein abgeleitetes mehr, sondern ein ihm originär zustehendes Recht, das ihm grundsätzlich eine uneingeschränkte und eigenverantwortliche Nutzungs- und Verfügungsbefugnis gibt.

Zudem sei dieses (Nutzungs-)Recht nicht zeitlich begrenzt. Demgegenüber gehöre es zum Wesen des Mietvertrags, dass dem Mieter (lediglich) ein Anspruch auf Gebrauchsüberlassung auf Zeit zusteht. Diese zeitliche Begrenzung sei auch zu berücksichtigen, wenn es um die Bestimmung der Ersatzfähigkeit von Schäden des Mieters in Fällen wie den vorliegenden geht. Durch den Abschluss des Mietvertrags habe der Mieter sein Interesse an der Erlangung eines zeitlich begrenzten Gebrauchsrechts gezeigt. Erwirbt er eine Wohnung beziehungsweise ein Hausanwesen zu Eigentum, verfolge er bezüglich der Deckung seines Wohnbedarfs andere Interessen als bisher.

Im Verfahren VIII ZR 371/18 hat der BGH das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit geprüft werden kann, ob dem Mieter ein Anspruch auf Ersatz der weiter geltend gemachten Kündigungsfolgeschäden in Form der Umzugskosten, der Mehrkosten für die Übergangsunterkunft sowie der Kosten für den Aus- und Umbau der Einbauküche zusteht.

Im Gegensatz zu den Maklerkosten für den Eigentumserwerb stünden diese Schäden noch in dem gebotenen inneren Zusammenhang zur Vertragspflichtverletzung des Vermieters. Der Umstand, dass der Mieter sich entschließt, seinen künftigen Wohnbedarf nicht mehr mittels der Anmietung von Räumlichkeiten zu decken, sondern Eigentum zu erwerben, habe bezüglich dieser Schadenspositionen, die anders als die Maklerkosten, bereits in dem durch die Pflichtverletzung des Vermieters herbeigeführten Wohnungsverlust angelegt sind, keinen Einfluss auf die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit. Sofern daher die Pflichtverletzung für die Kündigung kausal geworden ist (was das Berufungsgericht bisher offengelassen hat), könne die grundsätzliche Ersatzfähigkeit der Kosten für den Umzug und eine Übergangsunterkunft nicht verneint werden.

Im Verfahren 238/18 hat der BGH das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Entscheidung des Amtsgerichts wiederhergestellt, das die Klage wegen der für den Kauf einer Eigentumswohnung aufgewendeten Maklerkosten abgewiesen hatte.

Bundesgerichtshof, Urteile vom 09.12.2020, VIII ZR 238/18 und VIII ZR 371/18

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