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Verstorbener Unternehmer: Außenprüfung bei Erben rechtens

12.09.2022

Nach dem Zweck des § 193 Absatz 1 Abgabenordnung (AO) muss es die Möglichkeit geben, die steuerlichen Verhältnisse früherer Unternehmer auch dann zu prüfen, wenn sie ihren Betrieb veräußert oder aufgegeben haben. Gleiches gelte beim Tod des Unternehmers, stellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar. Die Rechtmäßigkeit einer Außenprüfung bei den Gesamtrechtsnachfolgern sei zudem nicht davon abhängig, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Steuernachforderungen aus einer früheren Außenprüfung streitig sind. Die Zulässigkeit einer Außenprüfung bei den Erben hänge auch nicht von dem Gegenstand sowie der (voraussichtlichen) Intensität und Komplexität der Prüfung ab.

Die Antragsteller sind Erben ihres im Dezember 2016 verstorbenen Vaters, der bis zu seinem Tod als Einzelunternehmer ein Bauunternehmen betrieb und hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte. Aufgrund einer für die Jahre 2010 bis 2012 durchgeführten Außenprüfung erließ der Antragsgegner, das Finanzamt, geänderte Steuerbescheide, die zu Nachforderungen führten und deretwegen beim Finanzgericht (FG) noch ein Klageverfahren anhängig ist.

Anfang 2019 erließ das Finanzamt eine die steuerlichen Verhältnisse des Vaters betreffende Prüfungsanordnung für die Streitjahre 2014 bis 2016 gegenüber den Antragstellern. Diese begehrten ohne Erfolg die Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Prüfungsanordnung.

Der BFH stellt klar, dass nach dem Wortlaut des § 193 Absatz 1 AO die Außenprüfung zwar nur bei Steuerpflichtigen durchgeführt werden, die noch im Zeitpunkt der Prüfung einen gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betrieb unterhalten oder freiberuflich tätig sind. Das entspreche aber nicht dem Zweck der Vorschrift, die die steuerlichen Verhältnisse von Unternehmern für besonders prüfungsbedürftig hält. Deshalb müsse es die Möglichkeit geben, die steuerlichen Verhältnisse früherer Unternehmer auch dann nach § 193 Absatz 1 AO zu prüfen, wenn sie ihren Betrieb veräußert oder aufgegeben haben. Gleiches gelte beim Tod des Unternehmers für dessen Erben, so der BFH. Auf diesen gehe als Gesamtrechtsnachfolger die Steuerschuld des Erblassers und damit auch die Verpflichtung aus Steuernachforderungen über. Soweit die Steuerschuld auf der unternehmerischen Betätigung des Erblassers beruht, könne bei ihm auch eine Außenprüfung nach § 193 Absatz 1 AO stattfinden.

Soweit die Antragsteller meinen, dass eine Prüfung bei den Erben nur dann möglich sei, wenn bei einer vorangegangenen Prüfung erhebliche Steuernachforderungen rechtskräftig festgestellt worden seien, trifft dies laut BFH nicht zu. Da es bei der Frage der Zulässigkeit einer Außenprüfung bei den Gesamtrechtsnachfolgern auf die steuerlichen Ergebnisse einer vorangegangenen Außenprüfung nicht ankomme, sei es in rechtlicher Hinsicht unerheblich, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Steuernachforderungen aus der früheren Außenprüfung beim Vater der Antragsteller für die Jahre 2010 bis 2012 einer finanzgerichtlichen Prüfung standhalten werden.

Soweit die Antragsteller die Zulässigkeit einer Außenprüfung bei den Erben von dem Gegenstand, sowie der (voraussichtlichen) Intensität und Komplexität der Prüfung abhängig machen wollen, könne auch dem nicht gefolgt werden.

Der Anordnung einer Außenprüfung stehe auch nicht von Vornherein entgegen, dass die Antragsteller nach ihrem Vortrag nicht über das Wissen und die Kenntnisse des verstorbenen Vaters verfügen und über das bloße Ordnen, Sortieren und die Vorlage von Unterlagen hinaus nicht zur Mitwirkung bei der Aufklärung der steuerlichen Verhältnisse des V herangezogen werden könnten. Ist bei Gesamtrechtsnachfolge der Erbe Steuerschuldner geworden und muss er die aus dieser Stellung erwachsenen Pflichten erfüllen, so obliege ihm auch die Erfüllung der auf ihn übergegangenen Mitwirkungspflichten im Sinne des § 200 AO, stellt der BFH klar.

Erst wenn das ‑‑nachfolgende‑‑ einzelne Mitwirkungsverlangen insbesondere zu einer im Verhältnis zum Aufklärungsbedürfnis bzw. dem voraussichtlichen Aufklärungserfolg nicht mehr angemessenen Belastung des Mitwirkungspflichtigen führt oder etwas Unmögliches von ihm verlangt, greife das von den Antragstellern angesprochene Übermaßverbot als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ein. So könne von den Gesamtrechtsnachfolgern nichts gefordert und gegebenenfalls mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, was außerhalb ihres Wissens- oder Einflussbereichs liegt. Allein ein zeitlicher oder finanzieller Mehraufwand, der dadurch entsteht, dass der verstorbene Steuerpflichtige Angaben oder Auskünfte leichter hätte erteilen können als seine Erben, die gegebenenfalls hierfür einen Steuerberater zu Rate ziehen müssen, mache eine ermessensgerecht eingeforderte Mitwirkungsmaßnahme aber noch nicht unverhältnismäßig.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 15.06.2022, X B 87/21 (AdV)

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